Was will man mehr (German Edition)
wird international wegen verschiedener Delikte gesucht. Wir müssen ihn deshalb leider mitnehmen.»
Ich habe mich inzwischen zu den Trenchcoats umgedreht. Parker und Wilkinson lächeln freundlich. Im nächsten Moment sehe ich die beiden ebenso erschrocken zusammenzucken, wie ich selbst erschrocken zusammenzucke.
«Gott, der Herr, wird euch dafür strafen, dass ihr sein Haus betretet, ohne ihm Respekt zu zollen!», poltert Mulligan über die Köpfe hinweg.
Es ist nun mucksmäuschenstill in der Kirche. Parker und Wilkinson sehen aus, als hätte man ihnen gerade Eiswasser über die Köpfe geschüttet.
Mit theatralisch ausgestrecktem Zeigefinger deutet Mulligan nun auf mich. «Wenn dieser Mann gesündigt hat, dann soll er dafür bestraft werden. Zunächst aber wird er vor Gott Zeugnis darüber ablegen, dass er der Frau an seiner Seite ewige Treue schwört, in guten wie in schlechten Zeiten.»
Wieder lässt Mulligan seine Worte wirken. Parker und Wilkinson stehen da wie Vorschulkinder, denen Knecht Ruprecht gerade die Leviten liest.
«Bitte», sagt Mulligan dann in väterlichem Tonfall und bedeutet den Trenchcoats, zwei freie Plätze am äußeren Ende der ersten Reihe aufzusuchen. «In wenigen Minuten gehört er Ihnen.»
Derweil Parker und Wilkinson sich verschämt trollen, werfe ich einen Blick zu Iris. Sie zieht fast unmerklich die Schultern hoch. Nebenbei ist sie etwas blass geworden. Ich schaue zu Mulligan, der beruhigend nickt.
«Bitte erheben Sie sich», sagt er. Man hört das Ächzen und Knarren der Bänke, Räuspern und das Rascheln von Kleidung.
«Wir haben uns heute hier vor Gott versammelt, weil dieser Mann und diese Frau das Ehebündnis schließen möchten.» Mulligan sieht mir direkt in die Augen. «Ich frage dich deshalb, willst du diese Frau zu deiner Ehefrau nehmen? Willst du sie lieben, und willst du ernsthaft versuchen, sie glücklich zu machen?»
Ich muss schlucken. Clever gemacht von Mulligan. Wenn er das durchzieht, sind wir dann eigentlich wirklich verheiratet? Ich meine, geht das überhaupt, wo doch Iris noch Timothys Ehefrau ist?
Ich schaue zu Iris. In ihren Augen sehe ich ein bisschen Angst, aber auch eine große Neugier. Meine Antwort auf Mulligans Fragen scheint sie brennend zu interessieren. Offenbar ist es ihr nicht wichtig, ob diese Zeremonie irgendeine Form von Gültigkeit hat.
Ich schaue wieder zu Mulligan. Der wartet seelenruhig auf meine Antwort. Ich sehe ihm an, dass er sich mit so Kleinigkeiten wie der Frage, ob Iris momentan noch anderweitig verheiratet ist, überhaupt nicht aufhalten will. Er wird uns gleich den Segen geben. Alles Weitere können wir ja dann mit den Behörden oder mit Gott klären.
«Ja. Ich will», höre ich mich sagen. Im gleichen Moment sehe ich Iris’ Augen erstrahlen, als würde ein Komet hindurchziehen.
«Und du», fährt Mulligan fort. «Willst du diesen Mann zu deinem Ehemann nehmen? Willst du ihn lieben und willst auch du ernsthaft versuchen, ihn glücklich zu machen?»
Iris sieht mich an und lächelt ein wenig. «Ja. Das will ich», sagt sie dann.
Obwohl ich unsere Eheschließung tendenziell für ungültig halte, gehen mir ihr Lächeln und dieser Satz durch Mark und Bein.
«Gut», nickt Mulligan. «Kraft meines Amtes erkläre ich euch beide hiermit vor Gott und der Welt rechtmäßig zu Mann und Frau.» Er lächelt breit. Das Wort rechtmäßig hat er besonders liebevoll betont. «Ihr dürft euch jetzt küssen», sagt Mulligan. «Danach werden wir euch mit einem Irish Blessing zum Ausgang geleiten, um dann mit der regulären Messe fortzufahren.»
Mulligan wirft einen kurzen Blick in Richtung Melissa und Schamski.
Während Iris und ich uns kurz und nervös küssen, beginnt die Orgel zu spielen, und die Gemeinde stimmt das von Mulligan angekündigte irische Segenslied an. Möge der Weg gelingen, heißt es dort. Möge uns der Wind immer in den Rücken pusten und die Sonne immer warm ins Gesicht scheinen. Und möge Gott allzeit seine schützende Hand über uns halten.
Angesichts der geballten guten Wünsche, die das Irish Blessing beinhaltet, wirkt es ein bisschen komisch, dass ich beim Verlassen der Kirche in Handschellen gelegt werde.
«Ich möchte ihn begleiten», sagt Iris. «Ich bin seine Frau.»
«Ja. Das haben wir eben mitbekommen», erwidert Wilkinson leicht genervt. Dann blickt er zu seinem Kollegen Parker, und der zuckt mit den Schultern. Offenbar hat er keine Einwände.
«MrSchamski, ich muss Sie darauf hinweisen …», beginnt
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