Was will man mehr (German Edition)
einer Männerstimme: «Habt ihr vielleicht ’ne Schubkarre dabei?»
«Könnest du ihn gerade mal halten?», frage ich und reiche Jona hinüber zu Iris. Sie nimmt ihn und setzt ihn auf den Boden neben Mary-Ann. Die beiden beginnen leise zu kichern.
Ich betrete mein Wohnzimmer, wo ein Mann mit einem Vorschlaghammer steht. Gerade ist der Kerl im Begriff, erneut auszuholen.
«Kann ich das bitte machen?», frage ich.
Der Mann hält inne, nickt und reicht mir den Hammer. «Klaro. Ich hab nix dagegen, wenn mir die Kunden Arbeit abnehmen.»
Mein Hund nutzt die Arbeitsunterbrechung, um in den Flur zu huschen. Vielleicht hat er gerade eingesehen, dass dort der beste Platz für ihn ist.
Ich nehme den Hammer in Empfang und will den Mann gerade bitten, auf den Balkon zu gehen, um dafür zu sorgen, dass Iris und die Kinder nicht nebenan sind, wenn ich die Zwischenwand einreiße, da erscheint meine Frau in der Tür. Sie hat Jona auf dem Arm und Mary-Ann an der Hand.
«Ist es das, wonach es aussieht?», fragt sie spitz.
«Ich denke mal ja», antworte ich ruhig.
«Das war so nicht abgesprochen, Paul.» Iris sieht ein bisschen verärgert aus, ein bisschen aufgeregt, aber auch ein bisschen beeindruckt.
Ich muss lächeln. Stimmt. Das war so nicht abgesprochen. Aber was ist im Leben schon abgesprochen? Im Grunde ist das Schicksal eine Folge nicht abgesprochener Ereignisse, Geburt und Tod eingeschlossen. Mein Freund Günther beispielsweise hatte immer Angst davor, Verantwortung für eine Familie zu übernehmen. Jetzt ist seine Frau mit Zwillingen schwanger, und er ist glücklich und die Ruhe selbst. Mein Freund Schamski hatte immer Bindungsangst. Jetzt will er seine Frau Melissa ein zweites Mal heiraten, und zwar offiziell unter dem Namen Kosinsky, denn Günther hat ihm auf dunklen Wegen die Identität eines Kanadiers mit tschechischen Wurzeln besorgt. Mein Freund Bronko wollte der Liebe nicht länger hinterherlaufen. Dann lief sie ihm in Gestalt einer Schweizer Millionärin hinterher, die sich jetzt sogar von ihrem Mann scheiden lassen will, um Bronko zu heiraten. All das war so nicht abgesprochen, vielleicht konnte es genau deshalb passieren. Ich habe immer geglaubt, man könnte dem Glück nicht auf die Sprünge helfen. Ich dachte, dass man sich bereithalten müsste für den magischen Moment, wo das Glück vorbeischaut. Doch das stimmt nicht. Man kann das Glück nicht erzwingen, aber man kann ihm mit einem Vorschlaghammer in der Hand entgegenschlendern.
«Bitte alle zurücktreten», sage ich. «Ich muss hier mal kurz durch.»
Über Hans Rath
HANS RATH, Jahrgang 1965, studierte Philosophie, Germanistik und Psychologie in Bonn. Er lebt in Berlin, wo er sein Geld unter anderem als Drehbuchautor verdient. Mit seinen Romanen «Man tut, was man kann» und «Da muss man durch» eroberte er die Bestsellerliste im Sturm.
Über dieses Buch
Es läuft nicht rund für Paul: verliebt in Iris – aber ein Kind mit Audrey, ihrer Schwester. Paul will für Mutter und Kind da sein, steht aber in der Familienrangliste offenbar ganz unten. Noch unter Timothy, dem Kerl, der ihn nicht nur die Traumfrau, sondern auch den Job gekostet hat. Als Paul herausfindet, dass Timothy in schmutzige Geschäfte verwickelt ist, wittert er seine letzte Chance, bei Iris und berufl ich. Zusammen mit Schamski, Günther und Bronko, seinen alten WG-Gefährten, versucht er den Schwindler zu entlarven – aber ganz legal ist das nicht möglich …
Impressum
Rowohlt Digitalbuch, veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, Juni 2011
Copyright © 2011 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages
Umschlaggestaltung: yellowfarm gmbh, Stefanie Freischem
(Umschlagabbildung: titelio/Fotolia.com; Natalia Bratslavsky, MaxFX, Mikhail Zykov, Michiel de Wit/Stockphoto.com)
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Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH, KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, Stuttgart
ISBN Buchausgabe 978-3-8052-5012-2 (1. Auflage 2011)
ISBN Digitalbuch 978-3-644-20701-1
www.rowohlt-digitalbuch.de
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