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Was wir sind und was wir sein könnten

Was wir sind und was wir sein könnten

Titel: Was wir sind und was wir sein könnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Hüther
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Gegenständen dieses so entstandenen Organisations- und Verwaltungsapparates gemacht werden. Je häufiger aber Menschen die Erfahrung machen, dass sie organisiert und verwaltet werden, desto seltener finden sie Gelegenheit, sich selbst als Entdecker ihrer eigenen Möglichkeiten und als Gestalter ihres eigenen Lebens zu erleben. Und je früher und intensiver das geschieht, desto weniger gelingt es ihnen, diese Fähigkeiten aus sich selbst heraus überhaupt noch zu entwickeln. Dann bleiben sie zeitlebens Gefangene in diesem sozialen Hamsterrad der von uns selbst geschaffenen Organisations- und Verwaltungsstrukturen.
    So könnte es ewig bleiben und nichts würde sich ändern, wenn Menschen tatsächlich so funktionieren würden wie Maschinen oder wenn man sie tatsächlich so behandeln könnte wie Objekte. Aber Menschen sind eben doch lebendige Wesen. Und die lassen sich nicht funktionalisieren, höchstens für eine begrenzte Zeit und auch nur in einem begrenzten Raum, aber niemals alle überall zugleich. Deshalb wird es immer einzelne Menschen oder Gruppen von Menschen geben, die sich ihre angeborene Freude am eigenen Entdecken und Gestalten ihrer jeweiligen Lebenswelt nicht rauben lassen. Nicht überall, aber irgendwo schon.
    Und wenn es die Erwachsenen nicht schaffen, dann schaffen es ihre Kinder. Zur Not dadurch, dass sie einfach nicht so funktionieren, wie die Erwachsenen sich das wünschen und wie es erforderlich wäre, damit die Welt dieser Erwachsenen so bleiben kann, wie sie ist. Wenn unsere Kinder nicht mehr bereit oder imstande sind, all das zu übernehmen und weiterzuführen, was wir in unserem Kulturkreis an Kulturleistungen geschaffen haben – und dazu zählen eben auch unsere bisherigen Vorstellungen davon, worauf es im Leben ankommt, und die von uns zur Umsetzung dieser Vorstellungen geschaffenen Organisations- und Verwaltungssysteme –, dann geht es nicht mehr so weiter wie bisher.
    Dann verliert das, was bisher bedeutsam war, seine Bedeutung. Dann wird für diese nachwachsende Generation etwas anderes bedeutsam. Etwas, was für uns bisher unbedeutsam war. Dann beginnen unsere Kinder sich für anderes zu begeistern und sich über anderes zu freuen als wir, und dann bekommen sie auch ein anderes Gehirn. Und mit dem sind sie weder bereit noch in der Lage, in selbstgebauten Hamsterrädern weiterhin so gut herumzurennen wie wir.
    Das ist es, was die Biologen meinen, wenn sie das Leben als einen sich selbst organisierenden und sich selbst optimierenden Prozess beschreiben. Solange es Leben gibt, erzeugt jede Lebensform durch ihre eigenen Aktivitäten einen sich zwangsläufig verändernden Lebensraum, an den sich nachfolgende Generationen anpassen. Und indem sie das tun, verändern sie wiederum die Lebensbedingungen für ihre Nachkommen in einer bestimmten Weise. Dieser transgenerationale Selbstorganisationsprozess kann durch Einflüsse von außen modifiziert und in eine bestimmte Richtung gelenkt werden. Aber er bleibt immer ein sogenannter autopoietischer Prozess, ein Prozess, in dem jede Lebensform sich selbst fortwährend weiter gestaltet, oder poetischer ausgedrückt: sich selbst immer wieder neu erfindet.
    Manche Lebewesen haben das Kunststück geschafft, einen Lebensraum zu besiedeln, der über viele Generationen hinweg weitgehend so geblieben ist, wie er einmal war, und den die Individuen der betreffenden Art auch durch ihre eigenen Aktivitäten kaum verändern, auch nicht durch ihr eigenes Wachstum und ihre Vermehrung. Aber zu diesen ihre eigene Lebenswelt und deshalb auch sich selbst nicht mehr verändernden Lebewesen zählen wir Menschen nicht. Im Gegenteil, keiner anderen Spezies ist es gelungen, ihre Lebenswelt so effizient durch ihre eigenen Aktivitäten selbst zu gestalten, wie uns Menschen. Und indem wir unsere Lebenswelt auf eine bestimmte Weise verändern, passt sich – ob wir das wollen oder nicht – auch automatisch all das an diese von uns selbst geschaffene Lebenswelt an, was nach unserer Geburt noch formbar ist.
    Am plastischsten und formbarsten ist unser Gehirn, und am leichtesten beeinflussbar ist die Strukturierung unseres Gehirns während unserer frühen Kindheit. Allerdings sind es nicht die von uns gestalteten Lebensverhältnisse, anhand derer sich das kindliche Gehirn strukturiert, sondern die subjektiven Bewertungen des in diese von uns geschaffenen Verhältnisse hineinwachsenden einzelnen Kindes. Nicht das, was unsere Kinder vorfinden oder was wir ihnen vorsetzen,

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