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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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Ich muss wieder
rein.« Er reicht mir den Stock mit der Silberspitze. Dann sieht er Marlena an,
seufzt tief und legt sich eine Hand auf die Brust. »Wunderbar. Einfach
wunderbar. Vergiss nicht«, sagt er, dreht sich um und läuft ein paar Schritte rückwärts,
»du bist direkt nach Lottie mit den Pferden dran.«
    »Ich hole sie sofort«, entgegnet sie.
    August geht zurück ins Chapiteau.
    »Du warst fantastisch«, sage ich.
    »Ja, sie war toll, nicht wahr?« Marlena lehnt sich vor und drückt
Rosie einen lauten Schmatzer auf die Schulter, der einen perfekten
Lippenabdruck auf der grauen Haut hinterlässt. Sie wischt ihn mit dem Daumen
weg.
    »Ich meinte dich«, sage ich.
    Sie errötet, ihr Daumen ruht noch an Rosies Schulter.
    Sofort bereue ich, das gesagt zu haben. Nicht, dass sie nicht
fantastisch gewesen wäre – das war sie, aber ich meinte noch mehr, das hat sie
gespürt, und nun fühlt sie sich deshalb unwohl. Hastig trete ich den Rückzug
an.
    » Chodz´ , Rosie«, winke ich sie vorwärts. » Chodz´, mój malutki pa˛czuszku .«
    »Jacob, warte.« Marlena legt mir die Finger auf die Armbeuge.
    Ein gutes Stück entfernt, direkt neben dem Eingang zum Chapiteau,
bleibt August stocksteif stehen. Es ist, als hätte er den Körperkontakt
gespürt. Mit finsterer Miene dreht er sich langsam herum. Unsere Blicke treffen
sich.
    »Kannst du mir einen Gefallen tun?«, fragt Marlena.
    »Sicher. Natürlich.« Ich sehe nervös zu August hinüber. Marlena hat
nicht gemerkt, dass er uns beobachtet. Ich lege die Hand an die Hüfte, sodass
ihre Finger von meinem Arm rutschen.
    »Kannst du Rosie zu meinem Garderobenzelt bringen? Ich habe eine
Überraschung vorbereitet.«
    »Ähm, sicher. Warum nicht«, antworte ich. »Wann soll sie da sein?«
    »Bring sie jetzt hin. Ich komme gleich nach. Ach, und zieh dir etwas
Nettes an. Es soll eine richtige Party werden.«
    »Mit mir?«
    »Natürlich mit dir. Ich bin mit meiner Nummer dran, aber ich brauche
nicht lange. Und wenn du August vorher siehst, verrat ihm nichts, ja?«
    Ich nicke. Als ich wieder zum Chapiteau sehe, ist August drinnen verschwunden.
    Rosie zeigt sich mit dem ungewöhnlichen Arrangement völlig
einverstanden. Sie trottet neben mir her bis zu Marlenas Garderobenzelt und
wartet dort geduldig, während Grady und Bill die untere Kante der Seitenwand
von den Pflöcken losbinden.
    »Wie geht’s eigentlich Camel?«, fragt Grady, kniet sich hin und
macht sich an einem Seil zu schaffen. Rosie streckt neugierig den Rüssel aus.
    »In etwa wie gehabt«, antworte ich. »Er meint, es ginge ihm besser,
aber ich sehe das anders. Ich glaube, ihm ist sein Zustand nicht bewusst, weil
er nichts tun muss. Außerdem ist er meistens blau.«
    »Das klingt wirklich nach Camel«, sagt Bill. »Woher bekommt er den
Schnaps? Es ist doch Schnaps, oder? Er trinkt doch wohl nicht mehr diesen
lausigen Jake.«
    »Nein, es ist Schnaps. Camel ist meinem Mitbewohner irgendwie ans
Herz gewachsen.«
    »Wem? Kinko?«, fragt Grady.
    »Genau.«
    »Ich dachte, der hasst alle Arbeiter.«
    Rosie streckt den Rüssel aus und schnappt sich Gradys Hut. Er dreht
sich um und langt danach, aber sie hält ihn hoch. »He, pass mal besser auf
deinen Elefanten auf.«
    Ich sehe sie streng an. Sie zwinkert mir zu. »Po ł o ż !« , befehle ich, auch wenn es mir schwerfällt, nicht zu
lachen. Ihre großen Ohren wedeln nach vorne, sie lässt den Hut fallen. Ich hebe
ihn auf.
    »Walter – Kinko – ist manchmal etwas ruppig«, sage ich, als ich
Grady den Hut wiedergebe, »aber er war wirklich anständig zu Camel. Er hat für
ihn das Bett geräumt. Und sogar seinen Sohn aufgetrieben. Er hat ihn überredet,
uns in Providence zu treffen, um uns Camel abzunehmen.«
    »Im Ernst!« Grady hält inne und sieht mich überrascht an. »Weiß
Camel das?«
    »Ähm … Ja.«
    »Und wie hat er reagiert?«
    Ich schneide eine Grimasse und sauge mit geschlossenen Zähnen Luft
ein.
    »Doch so gut?«
    »Wir hatten schließlich keine große Wahl.«
    »Nein, das stimmt.« Grady zögert. »Er war eigentlich nicht schuld an
dem, was passiert ist. Wahrscheinlich weiß seine Familie das mittlerweile auch.
Durch den Krieg sind viele Männer komisch geworden. Du weißt, dass er Kanonier
war, oder?«
    »Nein. Über so etwas spricht er nicht.«
    »Sag mal, glaubst du, Camel könnte Schlange stehen?«
    »Ich bezweifle es«, sage ich. »Warum?«
    »Ich hab Gerüchte gehört, dass es endlich Geld geben soll,
vielleicht sogar für die Arbeiter. Bisher hab

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