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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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los?«
    Marlena und ich erstarren, unsere Hände sind ineinander
verschlungen. Sie schaut auf, mit einem Mal beunruhigt. In den Händen hält sie
zwei größtenteils leere Champagnerflöten. »Das ist eine Überraschung. Eine
Feier.«
    August starrt uns an. Er hat seine Krawatte gelockert und die Jacke
geöffnet. Sein Gesicht ist vollkommen ausdruckslos.
    »Eine Überraschung, ja«, sagt er. Er nimmt den Hut ab, dreht ihn in
den Händen und begutachtet ihn. Sein Haar bildet vorne an der Stirn eine Welle.
Mit einem Ruck sieht er auf, er hat eine Augenbraue hochgezogen. »Das glaubt
ihr zumindest.«
    »Wie bitte?«, fragt Marlena tonlos.
    Aus dem Handgelenk wirft er seinen Hut in die Ecke. Dann zieht er
langsam und methodisch seine Jacke aus. Er geht hinüber zum Schminktisch und
hält seine Jacke so, als würde er sie über die Stuhllehne hängen wollen. Als er
Rosies Kopfschmuck sieht, hält er inne. Sein Blick wandert hinunter zu der
offenen Schublade und den hervorquellenden Seidentüchern.
    »Habe ich euch zu einem ungünstigen Zeitpunkt erwischt?«, fragt er
uns. Er klingt, als würde er jemanden bitten, ihm das Salz zu reichen.
    »Liebling, ich weiß nicht, wovon du redest«, flüstert Marlena.
    August zieht einen langen, fast durchsichtigen, orangefarbenen Schal
aus der Schublade und wickelt ihn sich um die einzelnen Finger. »Ihr habt euch
ein bisschen mit den Schals amüsiert, was?« Dann zieht er am einen Ende des
Schals, der ihm durch die Finger gleitet. »Wie unartig du bist. Aber ich
schätze, das wusste ich schon.«
    Marlena ist sprachlos.
    »So«, sagt er. »Ist das eine kleine Feier nach vollbrachter Tat?
Habe ich euch genug Zeit gelassen? Oder soll ich später noch mal wiederkommen?
Ich muss sagen, der Elefant ist mal was Neues. Ich mag es mir kaum vorstellen.«
    »Wovon in Gottes Namen sprichst du?«, fragt Marlena.
    »Zwei Gläser.« Er deutet mit einem Nicken auf ihre Hände.
    »Was?« Sie hebt die Gläser so abrupt hoch, dass ihr Inhalt auf das
Gras schwappt. »Meinst du die hier? Das dritte ist gleich …«
    »Hältst du mich für einen Idioten?«
    »August …«, werfe ich ein.
    »Halt’s Maul! Halt einfach dein Maul!« Er ist dunkelrot angelaufen,
seine Augen quellen hervor, und er zittert vor Wut.
    Marlena und ich stehen wortlos da, starr vor Schreck. Dann wandelt
sich sein Gesichtsausdruck erneut, er wirkt beinahe selbstzufrieden. Er spielt
weiter mit dem Schal, lächelt sogar auf ihn hinunter. Dann faltet er ihn
sorgsam, bevor er ihn zurück in die Schublade legt. Als er sich aufrichtet,
schüttelt er bedächtig den Kopf.
    »Du … Du … Du …« Seine erhobene Hand ist gespreizt und zittert. Dann
aber bricht er ab, als ihm der Stock mit dem Silberknauf auffällt. Er lehnt in
der Nähe des Tisches an der Seitenwand, wo ich ihn abgestellt habe. Er
schlendert hinüber und nimmt ihn in die Hand.
    Hinter mir rauscht etwas, und ich blicke mich rasch um. Rosie lässt
Wasser, sie hat die Ohren eng angelegt und den Rüssel eingerollt.
    August lässt den silbernen Knauf mehrmals auf seine Handfläche
niedersausen. »Was hast du gedacht, wie lange du das vor mir verheimlichen
kannst?« Nach einem Moment blickt er mir direkt in die Augen. »Hm?«
    »August«, antworte ich. »Ich weiß gar nicht, wovon …«
    »Ich habe gesagt, halt’s Maul!« Er wirbelt herum und fegt mit dem
Stock über den Servierwagen; Besteck, Platten und Flaschen krachen herunter.
Dann hebt er den Fuß und tritt gegen den Wagen. Als er umfällt, fliegen
Porzellan, Glas und Essen umher.
    August betrachtet das Durcheinander einen Moment lang. »Dachtest du,
ich weiß nicht, was hier vor sich geht?« Er durchbohrt Marlena mit Blicken.
Seine Schläfen pochen. »Oh, du bist gut, meine Liebe.« Er droht ihr lächelnd
mit dem Finger. »Das muss ich dir lassen. Du bist wirklich gut.«
    Dann geht er hinüber zum Schminktisch, lehnt den Stock dagegen und
beäugt sich im Spiegel. Er streicht sich die Locke aus der Stirn und fährt sich
glättend mit der Hand über das Haar. Mitten in der Bewegung hält er inne. »Kuckuck«,
ruft er unseren Spiegelbildern zu. »Ich kann euch sehen.«
    Marlena starrt mich entsetzt aus dem Spiegel an.
    Dann nimmt August Rosies Kopfschmuck hoch. »Da liegt das Problem,
nicht wahr? Ich kann euch sehen. Du glaubst es nicht, aber es ist so. Ich muss
zugeben, das war ein hübscher Einfall.« Er dreht und wendet den glitzernden
Kopfputz. »Die treu ergebene Ehefrau, die versteckt in ihrem Kämmerlein

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