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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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Befehl. Und warum solltest du sie auch nicht annehmen?
Ich glaube, mich erinnern zu können, dass du vor nicht allzu langer Zeit eine
für einen Freund weggegeben hast.«
    Ich schließe fest die Augen. Als ich sie wieder öffne, steht Marlena
mit dem Rücken zu August und hält ihr Haar hoch, während er ihr das Collier
umlegt.
    »So«, sagt er.
    Sie wirbelt herum und beugt sich vor ihren Schminkspiegel. Dann
greift sie zögerlich nach den Diamanten an ihrem Hals.
    »Es gefällt dir also?«, fragt er.
    »Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das ist das schönste …
Oh!«, ruft sie. »Das hätte ich beinahe vergessen! Ich habe auch eine
Überraschung.«
    Sie zieht die dritte Schublade an ihrem Schminktisch auf und
durchwühlt sie. Dabei wirft sie hauchzarte Kostümteile beiseite, bevor sie ein
enormes, rosa glitzerndes Etwas hervorholt. Sie hält es an den Rändern fest und
schüttelt es ein wenig, sodass es tausendfach funkelt.
    »Und, was sagst du? Wie findest du es?«, fragt sie strahlend.
    »Es ist … Es ist … Was ist das?«, fragt August.
    »Ein Kopfschmuck für Rosie«, antwortet sie, klemmt das rosa Teil
unter dem Kinn fest und breitet den Rest vor sich aus. »Siehst du? Hier macht
man ihn hinten am Halfter fest, diese Teile sind für die Seite, und dieser Teil
liegt auf ihrer Stirn. Ich habe ihn selbst gemacht. Zwei Wochen habe ich dafür
gebraucht. Und er passt zu meinem.« Als sie aufblickt, glühen ihre Wangen.
    August starrt sie an. Er bewegt die Lippen, bringt aber keinen Ton
heraus. Dann streckt er die Arme aus und drückt sie an sich.
    Ich muss den Blick abwenden.
    Dank Onkel Als überragender Werbetechniken ist das Chapiteau
gerammelt voll. Bei den vielen verkauften Eintrittskarten muss Onkel Al die
Besucher vier Mal ersuchen, näher zusammenzurücken, und trotzdem zeichnet sich
ab, dass der Platz nicht reichen wird.
    Die Racklos sollen Stroh auf der Pferdebahn verstreuen. Um die
Besucher währenddessen zu unterhalten, gibt das Orchester ein Konzert, und die
Clowns, Walter eingeschlossen, laufen durch die Reihen, verteilen Süßigkeiten
und tätscheln die Köpfe der Kleinen.
    Die Artisten und Tiere stehen hinten für die Parade bereit. Nach
zwanzig Minuten Warten sind sie unruhig.
    Onkel Al stürmt durch den Hintereingang des Chapiteaus. »Okay,
Leute, hört zu«, ruft er. »Wir haben heute Abend einen Strohboden, also bleibt
auf der inneren Spur und sorgt dafür, dass eure Tiere mindestens anderthalb
Meter von den Gadjos wegbleiben. Wenn auch nur ein Kind niedergetrampelt wird,
dann peitsche ich höchstpersönlich denjenigen aus, zu dem das Tier gehört.
Alles klar?«
    Nicken, Murmeln, weiteres Zurechtzupfen der Kostüme.
    Onkel Al steckt den Kopf wieder in das Chapiteau, um dem
Kapellmeister ein Zeichen zu geben. »In Ordnung. Los jetzt! Haut sie um! Oder
besser nicht. Ihr wisst schon, was ich meine.«
    Kein einziges Kind wird niedergetrampelt. Genauer gesagt ist jeder
Einzelne brillant, allen voran Rosie. Angetan mit dem rosafarbenen
Paillettenschmuck, trägt sie Marlena während der Parade mit erhobenem Rüssel
auf ihrem Kopf. Der Clown vor ihr, ein schlaksiger Kerl, schlägt abwechselnd
Rückwärtssalti und Räder. Einmal schnappt Rosie sich seine Hose. Sie zieht so
kräftig, dass er vom Boden abhebt. Wütend dreht er sich um und sieht sich einem
lächelnden Elefanten gegenüber. Die Menge pfeift und applaudiert, aber von da
an hält der Clown Abstand.
    Kurz vor Rosies Nummer schleiche ich mich ins Chapiteau und drücke
mich seitlich gegen das Gradin. Während die Akrobaten ihren Beifall
entgegennehmen, rollen Racklos im Laufschritt zwei Kugeln in die mittlere
Manege, eine größere und eine kleinere, die beide mit roten Sternen und blauen
Streifen verziert sind. Onkel Al hebt die Arme und blickt zum Hintereingang. Er
sieht direkt an mir vorbei zu August. Mit einem knappen Nicken gibt er dem
Kapellmeister ein Zeichen, der einen Walzer von Gounod anstimmt.
    Rosie betritt mit August an ihrer Seite das Chapiteau. Sie trägt
Marlena auf dem Kopf, hat den Rüssel zum Gruß erhoben und das Maul zu einem
Lächeln geöffnet. Als sie die mittlere Manege erreichen, hebt Rosie Marlena von
ihrem Kopf und setzt sie auf dem Boden ab.
    Marlena wirbelt theatralisch in schimmerndem Rosa durch die Manege.
Sie lächelt, dreht sich, reißt die Arme hoch und wirft der Menge Kusshände zu.
Rosie folgt ihr zügig mit erhobenem Rüssel. August läuft neben ihr her, in der
Hand statt des Elefantenhakens den Stock

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