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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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Griff. Dann lassen sie mich los, bleiben aber dicht neben mir und behalten
mich im Auge.
    Jemand legt mir eine Hand auf die Hüfte. Walter steht neben mir.
    »Komm, Jacob«, sagt er. »Weg hier.«
    »Ich kann nicht«, entgegne ich.
    »Doch, du kannst. Komm schon weg hier.«
    Ich starre auf das stille Zelt. Einen Augenblick später reiße ich
den Blick von der flatternden Zelttür los und gehe.
    Walter und ich steigen in den Pferdewagen. Queenie kommt
hinter den Truhen hervor, wo Camel schnarcht. Sie wedelt mit dem
Stummelschwanz, hält dann inne und schnuppert.
    »Setz dich«, befiehlt Walter. Er deutet auf die Pritsche.
    Queenie nimmt auf dem Fußboden Platz, während ich mich auf die Kante
der Pritsche setze. Jetzt, da mein Adrenalinspiegel sinkt, spüre ich
allmählich, wie verletzt ich bin. An meinen Händen sind Platzwunden, ich
klinge, als würde ich durch eine Gasmaske atmen, und mein rechtes Auge ist bis
auf einen Schlitz zugeschwollen. Als ich mein Gesicht berühre, bleibt Blut auf
der Hand zurück.
    Walter beugt sich über eine offene Truhe. Als er sich wieder
umdreht, hat er einen Krug Selbstgebrannten und ein Taschentuch in den Händen. Er
stellt sich vor mich und zieht den Korken heraus.
    »Hm? Bist du das? Walter?«, ruft Camel. Typisch, dass er wach wird,
wenn jemand eine Flasche entkorkt.
    »Du siehst echt schlimm aus.« Walter ignoriert Camel einfach. Er
drückt das Taschentuch an den Flaschenhals und kippt. Dann hält er das feuchte
Tuch vor mein Gesicht. »Nicht bewegen. Gleich brennt es.«
    Das war die Untertreibung des Jahrhunderts – als der Alkohol mein
Gesicht berührt, zucke ich mit einem Aufschrei zurück.
    Walter wartet, das Taschentuch im Anschlag. »Willst du irgendwas,
worauf du beißen kannst?« Er bückt sich, um den Korken aufzuheben. »Hier.«
    »Nein«, presse ich hervor. »Lass mir nur einen Augenblick Zeit.« Ich
schlinge die Arme um den Oberkörper und wiege mich vor und zurück.
    »Ich habe eine bessere Idee«, sagt Walter. Er gibt mir den Krug.
»Mach schon. Es brennt zwar höllisch in der Kehle, aber nach ein paar Schluck
spürst du nicht mehr so viel. Was zum Teufel war eigentlich los?«
    Ich umfasse den Krug mit beiden geschundenen Händen, um ihn an den
Mund zu heben. Ich bin dabei so unbeholfen, als würde ich Boxhandschuhe tragen.
Walter stützt den Krug ab. Der Alkohol brennt auf meinen zerschrammten Lippen,
läuft mir wie Feuer die Kehle hinunter und explodiert in meinem Magen. Ich
keuche und setze den Krug so schwungvoll ab, dass der Schnaps überschwappt.
    »Ja, der hat nicht gerade einen weichen Abgang«, meint Walter.
    »Holt ihr Jungs mich jetzt endlich raus und teilt, oder was ist
los?«, ruft Camel.
    »Klappe, Camel«, sagt Walter.
    »He, Vorsicht! So spricht man nicht mit alten, kranken …«
    »Ich hab gesagt Klappe, Camel! Ich muss mich hier um was kümmern. Na
los«, er hält mir den Krug wieder hin, »trink noch was.«
    »Worum denn?«, fragt Camel.
    »Jacob ist übel zugerichtet.«
    »Wie? Was ist passiert? Gab’s Privatkeile?«
    »Nein«, antwortet Walter grimmig. »Schlimmer.«
    »Was ist Privatkeile?«, nuschle ich mit dicken Lippen.
    »Trink«, sagt er und drückt mir den Krug in die Hand. »Eine Prügelei
zwischen uns und den Gadjos. Zwischen Zirkusleuten und Privaten. Fertig?«
    Ich nehme noch einen Schluck von dem Selbstgebrannten, der entgegen
Walters Versprechungen noch immer runtergeht wie Senfgas. Nachdem ich den Krug
auf den Boden gestellt habe, schließe ich die Augen. »Ja. Ich glaube schon.«
    Walter nimmt mein Kinn in die Hand und dreht meinen Kopf nach links
und rechts, um den Schaden zu begutachten. »Verdammter Mist, Jacob. Was zum
Teufel ist passiert?« Er kramt im Haar an meinem Hinterkopf herum. Offenbar hat
er etwas neues Scheußliches gefunden.
    »Er hat Marlena geschubst.«
    »Du meinst, richtig geschubst?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Er ist einfach durchgedreht. Ich kann es nicht anders beschreiben.«
    »Du hast überall Glas im Haar. Halt still.« Er tastet meine Kopfhaut
ab, hebt das Haar an und teilt es. »Und warum ist er durchgedreht?«, fragt er,
während er Glasscherben auf das Buch neben sich legt.
    »Ich habe keinen Schimmer.«
    »Das kaufe ich dir nicht ab. Hattest du was mit ihr?«
    »Nein. Ganz bestimmt nicht«, sage ich. Allerdings würde ich ziemlich
sicher rot anlaufen, wenn mein Gesicht nicht schon Hackfleisch wäre.
    »Ich hoffe nicht«, sagt Walter. »Um deinetwillen hoffe ich das
nicht.«
    Rechts neben mir höre

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