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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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gegenüber Platz.
    Dann springt sie wieder auf. »Oh. Wo sind nur meine Manieren?
Möchtest du ein Bier?«
    »Danke«, antworte ich. »Sehr gerne.«
    Sie stürmt an mir vorbei zum Kühlschrank.
    »Mrs. Rosenbluth, darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
    »Ach bitte, nenn mich Marlena«, sagt sie und öffnet die Flasche. Sie
hält ein hohes Glas schräg und schenkt das Bier langsam ein, damit sich keine
Schaumkrone bildet. »Und ja, natürlich. Frag nur.« Sie reicht mir das Glas und
geht ein zweites holen.
    »Wieso haben alle hier im Zug so viel Alkohol?«
    »Am Anfang der Saison fahren wir immer nach Kanada«, sagt sie, als
sie sich wieder hinsetzt. »Dort sind die Gesetze wesentlich zivilisierter. Wohl
bekomm’s.« Sie streckt mir ihr Glas entgegen.
    Ich stoße mit ihr an und nippe. Es ist ein kaltes, klares Lager.
Wunderbar. »Wird an der Grenze nicht kontrolliert?«
    »Wir stellen den Alkohol zu den Kamelen«, sagt sie.
    »Tut mir leid, das verstehe ich nicht.«
    »Kamele spucken.«
    Ich pruste das Bier beinahe durch die Nase aus. Sie kichert ebenfalls,
dabei hält sie sich sittsam eine Hand vor den Mund. Dann seufzt sie und stellt
ihr Bier ab. »Jacob?«
    »Ja?«
    »August hat mir erzählt, was heute Morgen passiert ist.«
    Ich werfe einen Blick auf meinen verletzten Arm.
    »Er fühlt sich schrecklich. Er mag dich. Wirklich. Es ist nur … Na
ja, es ist kompliziert.« Errötend senkt sie den Blick.
    »Es ist ja nichts passiert«, sage ich. »Kein Problem.«
    »Jacob!«, ruft August hinter mir. »Mein Bester! Schön, dass du uns
heute Abend Gesellschaft leistest. Wie ich sehe, hat Marlena dich schon mit
einem kühlen Getränk versorgt; hat sie dir auch schon die Garderobe gezeigt?«
    »Die Garderobe?«
    »Marlena«, sagt er, dreht sich um und schüttelt traurig den Kopf. Er
droht vorwurfsvoll mit dem Finger. »Also wirklich, Liebling.«
    »Oh!«, sagt sie und springt auf. »Das habe ich völlig vergessen.«
    August geht zum Samtvorhang und reißt ihn zur Seite. »Ta-daa!«
    Auf dem Bett liegen nebeneinander mehrere Kleidungsstücke: zwei
Smokings, komplett mit Schuhen, und ein wunderschönes, roséfarbenes Kleid mit
Perlenstickerei an Ausschnitt und Saum.
    Marlena schlägt jauchzend vor Freude die Hände zusammen. Sie läuft
zum Bett, schnappt sich das Kleid, hält es sich an und dreht sich.
    Ich wende mich an August. »Die sind aber nicht vom Montagsmann …«
    »Ein Smoking auf einer Wäscheleine? Nein, Jacob. Als Stallmeister
genießt man gewisse Vorteile. Du kannst dich da drinnen zurechtmachen«, sagt er
und zeigt auf eine glänzend polierte Holztür. »Marlena und ich ziehen uns hier
draußen um. Nichts, was wir nicht schon gesehen hätten, richtig, Liebling?«,
fragt er.
    Sie packt einen roséfarbenen Seidenschuh am Absatz und wirft ihn
nach August.
    Bevor ich die Badezimmertür schließe, sehe ich nur noch ihre Füße,
als sie gemeinsam aufs Bett fallen.
    Als ich herauskomme, sind Marlena und August die Würde in Person.
Sie halten sich im Hintergrund, während drei Kellner mit weißen Handschuhen an
einem fahrbaren Tischchen und silbernen Platten mit Servierglocken zugange
sind.
    Marlenas Kleid bedeckt kaum ihre Schultern, man sieht ihre
Schlüsselbeine und den schmalen Träger eines Büstenhalters. Sie folgt meinem
Blick und schiebt, erneut errötend, den Träger zurück unter den Stoff.
    Das Essen ist fantastisch: Austerncremesuppe gefolgt von Prime-Rib-Steaks
mit Salzkartoffeln und Spargel in Sahnesoße. Dann kommt Hummersalat. Als der
Nachtisch serviert wird – englischer Plumpudding mit Brandycreme –, habe ich
das Gefühl, ich könne keinen Bissen mehr herunterbringen. Und doch kratze ich
ein paar Minuten später meinen Teller mit dem Löffel sauber.
    »Offenbar hat das Essen Jacob nicht zugesagt«, sagt August gedehnt.
    Ich erstarre mitten in der Bewegung.
    Dann brechen er und Marlena in wildes Kichern aus. Beschämt lege ich
den Löffel zur Seite.
    »Nein, nein, mein Junge, ich mache nur Spaß, ist doch klar«, gluckst
er, beugt sich vor und tätschelt mir die Hand. »Iss. Lass es dir gut gehen.
Hier, nimm noch etwas.«
    »Danke, ich kann nicht mehr.«
    »Na, dann noch etwas Wein«, sagt er und schenkt nach, ohne meine
Antwort abzuwarten.
    August ist in einem Maße freundlich, charmant und verschmitzt, dass
ich im Laufe des Abends zu glauben beginne, der Zwischenfall mit Rex sei
wirklich nur ein fehlgeschlagener Witz gewesen. Der Wein und die Emotionen
lassen ihn strahlen, während er davon

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