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Waylander

Waylander

Titel: Waylander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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ist ein stolzer Mann.«
    »Das sind die meisten Krieger. Ohne diesen Stolz gäbe es keine Kriege.«
    »Karnak hat ihm gegenüber harte Worte gebraucht - ihn einen Verräter und Miesmacher genannt. Beides stimmt nicht. Ein tapferer, stärkerer Mann hat nie gelebt. Er versuchte zu tun, was für seine Männer das beste war, und wenn er gewußt hätte, daß Egel immer noch kämpft, hätte er nie an Kapitulation gedacht.«
    »Was willst du von mir, Evris?«
    »Sprich mit Karnak - überrede ihn, sich zu entschuldigen, die Gefühle des alten Mannes nicht zu verletzen. Es würde Karnak nichts kosten, aber es würde Degas vor der Verzweiflung retten.«
    »Du bist ein guter Mann, Arzt, an so etwas zu denken, obwohl du von deiner Arbeit bei den Verwundeten erschöpft bist. Ich werde tun, um was du mich bittest.«
    »Und dann schlaf ein wenig. Du siehst zehn Jahre älter aus als bei deiner Ankunft vor sechs Tagen.«
    »Das liegt daran, daß wir tagsüber arbeiten und bei Nacht die Festung bewachen. Aber du hast auch hier wieder recht. Es ist arrogant von mir zu glauben, daß ich ewig so weitermachen kann. Ich werde mich bald ausruhen, das verspreche ich dir.«
    Dardalion ging aus dem Krankensaal in ein kleines Nebenzimmer und zog seine blutbespritzte Schürze aus. Er wusch sich rasch mit frischem Wasser, das er aus einem Holzeimer in eine emaillierte Schale goß, dann zog er sich an. Er wollte die Brustplatte festschnallen, doch das Gewicht drückte ihn nieder, und so ließ er die Rüstung auf der schmalen Pritsche liegen und trat auf den engen Flur hinaus. Als er die offenen Türen zum Hof erreichte, schlugen die Kampfgeräusche über ihm zusammen - klirrende Schwerter und unmenschliche Schreie, gebrüllte Befehle und das qualvolle Klagen der Sterbenden.
    Langsam kletterte er die ausgetretenen steinernen Stufen zum Bergfried hinauf und ließ das schreckliche Getöse hinter sich. Degas hatte seine Zimmer ganz oben in der Festung. Dardalion klopfte an die Tür und wartete, doch es kam keine Antwort. Er öffnete die Tür und trat hinein. Der Hauptraum war ordentlich und sparsam möbliert mit einem geschnitzten Holztisch und sieben Stühlen. Vor einer großen Feuerstelle lagen Teppiche, und neben dem Fenster stand eine kleine Vitrine. Dardalion seufzte tief und ging zu dem Glasschrank hinüber. Drinnen lagen Medaillen von
    Feldzügen von über vierzig Jahren und einige Erinnerungsstücke - ein geschnitzter Schild, den Gan Degas als Geschenk erhalten hatte zur Feier eines Kavallerieangriffs, ein Dolch aus massivem Gold, ein langer silberner Säbel, auf dessen Klinge die Worte FÜR DEN EINEN eingeätzt waren.
    Dardalion setzte sich und öffnete den Schrank. Auf den unteren Böden lagen die Tagebücher von Degas, eines für jedes Jahr seines Militärdienstes. Dardalion öffnete willkürlich eines davon. Die Handschrift war schön gerundet und verriet eine disziplinierte Hand, während die Worte selbst Zeugnis von einem militärischen Geist ablegten. Ein zehn Jahre alter Eintrag lautete:
    Am elften auf eine Räubertruppe der Sathuli am Rande von Skarta gestoßen. Zwei Fünfzig-Mann-Abteilungen ausgeschickt, um sie zu vernichten. Al-bar führte die erste, ich die zweite. Meine Truppe stellte sie auf den Hängen hinter Ekarlas. Frontalangriff riskant, da sie hinter Felsblöcken gut geschützt waren. Ich teilte den Trupp in drei Gruppen, und wir kletterten um sie herum und über sie und lockten sie mit Pfeilen heraus. Sie versuchten bei Einbruch der Nacht auszubrechen, aber bis dahin hatte ich Albars Männer in dem Arroyo unter ihnen plaziert, und alle Räuber wurden getötet. Leider muß ich berichten, daß wir zwei Männer verloren,
    Esdric und Garlan, beides gute Reiter. Achtzehn Räuber wurden getötet.
    Dardalion stellte das Tagebuch zurück und suchte
    das neueste. Hier war die Handschrift etwas zittriger :
    Der zweite Monat der Belagerung beginnt, und ich habe keine Hoffnung auf Erfolg. Ich kann nicht mehr schlafen wie früher. Träume. Schlimme Träume füllen meine Nachtstunden.
    Und dann:
    Hunderte sterben. Ich habe seit einiger Zeit die seltsamsten Visionen. Ich habe das Gefühl, ich fliege in den Nachthimmel, und ich kann unter mir das Land der Drenai sehen. Nichts als Leichen. Niallad tot. Egel tot. Die ganze Welt ist tot, und nur wir verhöhnen die Welt der Geister.
    Zehn Tage zuvor hatte Degas geschrieben:
    Heute ist mein Sohn Elnar bei der Verteidigung des Torturms gefallen. Er war sechsundzwanzig und stark wie ein Bulle,

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