Weber, David - Honor Harrington - Sturm der Schatten
über mögliche Schwächen der Solarier gesagt haben, oder über mögliche politische Strategien und Gelegenheiten. Die Wahrheit ist, dass keiner von uns wissen kann, ob diese Bewertungen zutreffend sind, und nur ein Wahnsinniger würde willentlich das Überleben seiner Sternnation auf bloße Vermutungen hin aufs Spiel setzen, solange noch irgendeine andere Möglichkeit bleibt.
Trotz alledem müssen wir uns meiner Ansicht nach in die Lage versetzen, gegen die SLN kämpfen zu können, ob wir es tatsächlich wollen oder nicht. Und das erfordert vorher eine Einigung irgendeiner Art mit Haven, ob sie nun diplomatischer oder militärischer Natur sei. In dieser Hinsicht habe ich dir nie widersprechen wollen, Elizabeth. Ich denke aber, wir sollten nicht weitere havenitische Schiffe zusammenschießen oder die Infrastruktur des Haven-Systems vernichten, sondern den Haveniten sagen, dass wir glauben, es sei an der Zeit, miteinander zu reden. Hamish hat recht, was das Timing angeht, wenn wir uns zu einem Präventivschlag entschließen, aber erinnere dich, was Pritchart getan hat, als sie wegen der Vorgänge im Talbott-Quadranten den Vorteil in der Hand hatte. Sie hat nicht als Erste geschossen, sie hat Friedensgespräche angeboten, und ich glaube aufrichtig, sie sagt die Wahrheit, wenn sie behauptet, sie habe keine Schritte unternommen, um den Gipfel scheitern zu lassen.
Deshalb halte ich den Moment für gekommen, Haven zu zeigen, dass auch wir im Interesse des Friedens auf einen Vorteil verzichten können. Wir haben die Republican Navy hier bei Manticore vernichtend geschlagen, wenn auch mit hohen eigenen Verlusten, und das ist den Haveniten bekannt. Ihnen ist mittlerweile klar, dass wir auch das Haven-System jederzeit, wann immer wir wollen, in Schutt und Asche legen könnten. Deshalb schlage ich vor, dass wir die Achte Flotte hier behalten, im Heimatsystem, für den Fall, dass wir sie im Talbott-Quadranten benötigen. Statt mich nach Nouveau Paris zu schicken, damit ich Pritchart die Pistole auf die Brust setze und sie zwinge, einfach auf der gepunkteten Linie zu unterschreiben, entsenden wir einen akkreditierten Diplomaten. Jemand, der den Haveniten klar machen kann, dass wir wissen, dass wir sie vernichten können, und auch bereit sind, es zu tun, wenn es nicht anders geht, dass wir es aber nur tun werden, wenn wir müssen. Lass ihnen die Wahl und gib ihnen ein bisschen Zeit zum Nachdenken, genug Zeit, sich der Entscheidung mit Würde zu stellen, Elizabeth, und keine Situation, als ob man ihnen das Gesicht in den Dreck presst und gleichzeitig eine Waffe in den Nacken drückt. Gib ihnen Gelegenheit, zu halbwegs annehmbaren Bedingungen zu kapitulieren, ehe ich hinausziehen und Tausende von Menschen töten muss, die vielleicht gar nicht zu sterben bräuchten.«
»Es ist so weit, Admiral«, sagte Felicidad Kolstad.
»Ich weiß«, antwortete Admiral Topolev.
Erneut saß er auf der Flaggbrücke der Mako. Außerhalb des Rumpfes seines Flaggschiffs hielten vierzehn weitere Schiffe des Kampfverbandes 1 perfekt Formation, und vor ihnen strahlte Manticore A wie eine Leuchtbake. Sie waren nur noch eine Lichtwoche von diesem Stern entfernt und hatten auf nur zwanzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit abgebremst. Hier war der Punkt, auf den sie zugehalten hatten, seit sie vor vier T-Monaten von Mesa aufgebrochen waren. Jetzt war die Zeit zu tun, wozu sie die Reise unternommen hatten.
»Aussetzen beginnen«, befahl Topolev. Die riesigen Luken fuhren auf, und die Gondeln trudelten frei hinaus.
Die anderen Einheiten von Kampfverband 1 waren woanders, sie näherten sich Manticore B und konnten ihre Gondeln noch nicht aussetzen, sondern erst, wenn sie ihren geplanten Absetzpunkt erreicht hatten. Topolev wünschte, er könnte dort mehr Schiffe einsetzen, aber die Entscheidung, Oyster Bay vorzuverlegen, hatte die verfügbaren Mittel beschränkt, und der Teil des Angriffs, bei dem er jetzt zugegen war, war wichtiger. Außerdem gab es im Untersystem von Manticore B ohnehin weniger Ziele.
Es wird schon reichen, versicherte er sich, und beobachtete, wie die Gondeln hinter seinen weiter abbremsenden Schiffen in die endlose Schwärze zwischen den Sternen eintauchten und verschwanden. Und in ungefähr fünf Wochen bekommen die Mantys ein verspätetes Weihnachtsgeschenk, das sie niemals vergessen werden.
PERSONEN DER HANDLUNG
Aberu, Captain Ingeborg, SLN
Operationsoffizier, Grenzflottenkampfgruppe 3021.
Adenauer,
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