Weber David - Schwerter des Zorns - 3
handelte es sich um etwas anderes, etwas, das die Seele und den Geist der
Jungstute vernichtete, sie verzehrte, sie umwandelte: in etwas unaussprechlich Tödliches und Unreines.
Bahzell stürzte sich darauf, verwandelte seinen Willen und seinen
Mut – sein ganzes Selbst – in eine Schwertklinge aus Licht. Er würde
niemals genau beschreiben können, wie er diesen Kampf ausfocht,
wie er parierte und zustieß, den Angriff des Gifts in der Windrennerstute auffing, mit seiner eigenen Rüstung und seiner Verbindung
zu Tomanâk. Er stürzte sich zwischen das Gift und sein Opfer, stach
darauf ein, hackte hinein und zwang es zurück, immer weiter zurück. Langsam zwar, jedoch stetig und mit der charakteristischen
Sturheit der Hradani. Zentimeter um Zentimeter zerrte er das alles
umhüllende Tuch aus Gift zurück.
Während er dies vollbrachte, und während das Gift langsam und
hasserfüllt vor seinem Angriff zurückwich, spürte er noch etwas. Er
war sich der Jungstute gewahr, anders konnte er das nicht beschreiben. Der Windrenner war da, in seinem dritten Auge, wie eine wundervolle Pferdestatue, die makellos und unbefleckt aus einem dichten, widerlichen Nebel auftauchte. Es war die Jungstute, wie sie gewesen war, und auch sein sollte, in aller Pracht ihrer Reife. Unversehrt, unverletzt, mächtig und herrlich anzusehen, mit dem Wind in
ihren Hufen und der Kraft des Sommers auf der Ebene des Windes,
die in ihrem Herz schlug.
Bahzell hatte eine solche vollkommene Harmonie und ein solches
Herz noch nie gesehen, sich eine solche Pracht von unvergleichlicher Kraft und unbezähmbarem Mut in einer lebendigen Kreatur
nicht einmal vorstellen können. Er griff danach. Er umhüllte sie mit
dem lautlos tosenden Zyklon aus Licht, und dabei durchströmte ihn
noch etwas anderes. Etwas wie ein geflochtenes Kabel aus Blitzen,
die ihn durchzuckten, als er zu einem Kanal für die Berührung des
Gottes wurde, Tomanâk Selbst. Doch in diesem Strömen lag mehr
als nur Göttliches. Auch Bahzell Bahnakson floss darin ein, sein eigener Mut und Wille, eine Gabe von ihm selbst, von allem, was er
war und wusste und glaubte und einmal zu werden hoffte. Sein Wesen mischte sich in diese Woge aus Macht, riss die Essenz der Jungstute mit sich und forderte, dass sie ihr wiedergegeben würde, sie
erneut werden ließ.
Und für einen Wimpernschlag nur waren Tomanâk, die Jungstute
und er, Bahzell Bahnakson, vollkommen eins.
Ein solcher Augenblick konnte jedoch nicht andauern. Kein Sterblicher, nicht mal ein Windrenner oder ein Paladin des Tomanâk,
konnte eine solche Tiefe mehr als einen Herzschlag lang ertragen.
Sie verschmolzen… und brachen auseinander, in ihre eigenen Selbste, erschüttert und dieser Einheit nachtrauernd, die sie so kurz erlebt
hatten. Gleichzeitig jedoch voller Freude, da sie die Stärke erkannten, die sie geteilt – und die Unterschiede begriffen, die jeden von
ihnen einzigartig und auf ihre eigene Weise gleichermaßen herrlich
werden ließen.
Bahzell stolperte einen halben Schritt zurück und starrte die Jungstute an. Nicht einmal dieser Strom aus heilender Kraft hatte alle
Verwundungen ungeschehen machen können, die sie erlitten hatte.
Das Auge blieb verloren. Und auch das Versehrte Ohr würde nie
wieder heilen. Aber die klaffenden Wunden, der Eiter, all dies war
verschwunden. Zerrissene Muskeln schienen zusammengewachsen,
zerfetzte Haut geheilt, und das Gift, das sie von innen heraus zerfressen hatte, war ausgemerzt.
Sie starrten sich an, die Jungstute und Bahzell. Sie waren nicht länger vereint und sich dennoch dieser ungeheuren Vereinigung bewusst, die doch niemals wieder gänzlich getrennt werden konnte.
Die Jungstute sah staunend diesen alten Feind an, der ihr das Leben
erneut geschenkt hatte, mehr als das. Und Bahzell erwiderte ihren
Blick mit einer Erinnerung an donnernde Hufe, an arbeitende Muskeln, an Mähnen und Schweife, die im Wind wehten. Und an die berauschende, wilde Leidenschaft eines vollen Galopps. Er streckte die
Hand aus und liebkoste ihre weiche Nase, die warme, samtige und
doch raue Haut. Sie streckte den Kopf nach vorn und drückte ihre
Nase sanft, unendlich sanft gegen seine Brust.
»Gut gemacht, Bahzell.« Die Stimme kam von überallher und
dröhnte wie der trommelnde Hufschlag von Tausenden von Windrennern auf der Ebene des Windes, pulsierte wie der Donner eines
entfernten Gewitters, das die Herbsthimmel erleuchtete. Und dennoch klang sie sanft, sogar beinahe zärtlich.
»Gut gemacht, mein Schwert!«,
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