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Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten

Titel: Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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konnte nicht die Augen davor schließen, denn all diese Bilder entstanden in ihrem Innersten.
    Doch sie sah noch mehr. Sie sah ihre Stärken, sah die Kraft all dessen, woran sie glaubte, sah alles, was für sie von Wert war, sah ihre Hoffnungen, sah ihre unnachgiebige Weigerung, jemals aufzugeben. Sie sah alles, und jenseits dessen sah sie die AlphaSyntho. Niemals wäre Alicia in der Lage, das einem anderen zu erklären - das wusste sie schon jetzt. Es war ... eine Wesenheit. Eine übermächtige Herrlichkeit, nicht des Fleisches oder des Geistes, sondern eine Herrlichkeit aus Schaltkreisen und Elektronen. Es war mehr als menschlich, und zugleich so viel weniger als das. Nicht gottgleich. Es war zu leer, zu ungeformt, wie reines, ungenutztes Potenzial.
    Und während Alicia es noch betrachtete, veränderte es sich, wie ein altmodisches Foto in einem Entwicklerbad. Aus dem Nichts formten sich die ersten Merkmale. Alicia fühlte, wie sie entstanden, fühlte, wie die Bewegungen mehr wurden als nur blindes, instinktives Tasten - nach ihr. Irgendetwas strömte aus dieser Wesenheit heraus, drang in ihren Körper vor, nahm ihn gleichzeitig in sich auf und machte ihn zu einem Teil seiner selbst. Das, was für sie von Wert war, das, woran sie glaubte, ihre Sehnsüchte und Wünsche erfüllten es, und plötzlich war es nicht mehr fremdartig, nicht mehr bedrohlich.
    Es war sie. Eine andere Wesenheit, ein abgesondertes Individuum, und doch war es sie. Ein Teil von ihr. Eine Erweiterung ihrer selbst in eine andere Form der Existenz, die im Gegenzug Alicia erkannte und erneut nach ihr griff. Doch nun war es nicht mehr ungeschickt und unsicher, nicht mehr in halber Panik ob dieses Kampfes, der diese Wesenheit umtoste. Dieses Mal wusste dieses Wesen genau, was es tat, und es ignorierte den Tumult der Schlacht, um sich auf das Wichtigste zu konzentrieren, was es im Universum überhaupt gab.
    Der Schmerz verschwand, wurde zusammen mit dem Entsetzen fortgeweht, als die KI sie umfasste. Mit elektronischen Fingern streichelte sie Alicia, um ihr die Qualen zu nehmen, flüsterte ihr zu, hieß sie rückhaltlos und aufrichtig willkommen, voller Freude - und Alicia wusste, über jeden Zweifel erhaben, dass all dies wirklich und wahrhaftig und ehrlich war, und so griff sie ihrerseits nach jenem fremden Wesen, das sie selbst war, voller Verwunderung und Ehrfurcht.
    Triumph durchzuckte Tisiphone, als der Kampf plötzlich endete, sodass sie sich ungehindert in den Außenbereichen des Systems bewegen konnte. Sofort eilte sie zurück zum Herzstück dieser Welt, tastete erneut nach dem Persönlichkeitszentrum, wollte es in ihre Gewalt bringen ... und zuckte voller Erstaunen zurück.
    Dort gab es kein Interface! Erneut tastete Tisiphone danach, voller Vorsicht, berührte mit geistigen Fingern die schimmernde Wand, doch nirgends gab es einen Zugang. Sie wich zurück, stieß in einen Sensorkanal vor und bewegte sich darin auf das Herz des Systems zu ... nur, um mühelos aus dem Informationsfluss herausgelesen und dann entschlossen beiseite gestellt zu werden. Die Verwirrung drohte Tisiphone zu überwältigen.
    Sie zog sich in Alicias eigenes Denken und Fühlen zurück, und ihre Verwirrung nahm noch weiter zu. Aus der Furcht und dem Tumult dort war immense Konzentration geworden. Tisiphones Anwesenheit schien Alicia kaum zu bemerken. Dort, in Alicias Innerstem, befand sich eine weitere Wesenheit, ebenso mächtig wie Tisiphone selbst, und die Furie zuckte erstaunt zusammen, als sie diese Wesenheit betrachtete.
    Und dieses andere Wesen fühlte auch Tisiphones Anwesenheit. Die Furie spürte, wie sich die Aufmerksamkeit des Wesens auf sie richtete, versuchte, sich vor dessen durchbohrendem Blick zu verbergen, so wie sie sich vor Tannis' Diagnosescanner verborgen hatte. Doch es gelang ihr nicht, und irgendetwas im Inneren dieses Wesens veränderte sich. Aus Neugier wurde Unruhe, zugleich spürte Tisiphone auch deutlich, dass dieses Wesen Schutz bieten wollte. Filamente streckten sich nach der Furie aus, erkundeten sie, versuchten, sie fortzustoßen, drückten Tisiphone von sich, fort von Alicias tiefstem Innersten.
    Das war Alicia ... und zugleich doch nicht. Mit einem Mal begriff Tisiphone, was diese ›Prägung‹ von organischer Komponente und KI wirklich bedeutete. Diese KI war erwacht, und sie ließ nicht zu, dass irgendjemand Alicia Schaden zufügte. Der Druck nahm weiter zu, und störrisch hielt die Furie dagegen.
    Als der Konflikt erneut aufflammte,

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