Weg des Zorns 02 - Der Zorn der Gerechten
spürte, wie dieser andere Teil ihrer selbst auf die Speichermodule zugriff.
»Okay, ich habe genau das Richtige für uns. Ein nettes, kleines M2/K1-Doppelsternsystem, und im Umkreis von zwanzig Lichtjahren kein einziger bewohnbarer Planet. Alle damit einverstanden?«
»Ich auf jeden Fall. Mir ist es gleichgültig, an welchen Ort wir fahren, solange wir nur fahren.«
»Sehe ich auch so. Aber ich denke, wir sollten erst einmal hier weg.«
»Wohl wahr. Soll ich aus dem Orbit ausschwenken?«
»Sind sämtliche deiner Systeme aktiv?«
»Jou. Laut Zeitplan hätte ich heute im Laufe des Vormittags ohnehin geprägt werden sollen. Deine Freundin mag ja wirklich ein sehr herrisches Mistst ... eine sehr herrische Person sein, aber sie hat den Zeitpunkt für diesen Diebstahl wirklich äußerst günstig abgepasst.«
»Dann sollten wir wohl jetzt los«, sagte Alicia hastig und hoffte darauf, auf diese Weise Tisiphone das Wort abschneiden zu können, bevor die Furie noch auf die bewusste Verbesserung der KI reagieren konnte. Gleichzeitig biss sie sich auf die Lippen, um nicht laut aufzustöhnen. Nichts, was sie bislang darüber gelesen oder gehört hatte, deutete darauf hin, dass AlphaSyntho-KIs derart frech sein konnten, aber wahrscheinlich hätte sie sich denken können, dass alles, was auf ihrer Persönlichkeit basierte, das Potenzial für genau so etwas bergen würde. Und sie war sich sicher, dass die Feindseligkeit, mit der diese KI auf Tisiphone reagierte, eine unmittelbare Folge ihres Bedürfnisses war, den organischen Teil ihres Selbst zu schützen.
»Sind unterwegs«, murmelte die KI, und plötzlich erstatteten die Schiffssensoren Alicia Bericht - unmittelbar, in Echtzeit und in ihrem eigenen Denken und Fühlen. Sie spürte, wie sich Tisiphone ›einklinkte‹, um die Informationen ebenfalls verarbeiten zu können, doch Alicia bemerkte es kaum, denn der beeindruckende ›Ausblick‹, der sich ihr hier bot, raubte ihr fast den Atem.
Die elektronischen ›Sinnesorgane‹ des Schiffes tasteten ihre Umwelt ab, nahmen Schwerkraft und Strahlung und die endlose Weite des Alls wahr und wandelten den Dateninput dann in sensorische Impulse um, die Alicia auch verarbeiten konnte. Sie konnte kosmische Strahlung ›sehen‹ und Radiowellen ›schmecken‹. Die Sinne des Schiffes waren nun ihre eigenen Sinne, klarer und präziser als Alicia es jemals bei einem Shuttle erlebt hatte, und dann spürte sie auch maßlose Verwunderung und Ehrfurcht, als sie den ›Blick‹ auf Tisiphone richtete - als sehe sie zum ersten Mal, wie die Furie auf dem Höhepunkt ihrer Macht gewesen sein mochte.
Als dreigeteilte Einheit - Mensch, Furie und Computer - schauten sie zu, wie der Fasset-Antrieb zum Leben erwachte. Das schwarze Loch des Antriebs, das stets unsichtbar sein musste, weil es jegliche Strahlung verschlang, erblühte vor ihnen, sog alles ein und erzeugte einen blinden Fleck in ihrem Blickfeld, und schon stürzten sie geradewegs darauf zu. Doch die Generatoren bewegten sich mit ihnen, schoben das schwarze Loch immer weiter vor sich her, und sie stürzten schneller und schneller, entfernten sich mit immer weiter zunehmender Geschwindigkeit von Soissons. Dem Planeten so nahe, konnte der Antrieb kaum mehr als nur wenige Dutzend G Beschleunigung erzeugen, doch das war immer noch mehr als ein Drittelkilometer pro Sekunde zum Quadrat, und so nahm ihre Geschwindigkeit rasch zu.
Kapitel 13
»Nein, ich weiß nicht, wo sie ist!«, erklärte Sir Arthur Keita dem Mann vom Sicherheitsdienst des Krankenhauses. »Wenn ich das wüsste, hätte ich Sie doch wohl nicht angerufen!«
»Aber Sir Arthur, es existieren noch nicht einmal Aufzeichnungen davon, dass sie ihr Krankenzimmer verlassen hat! Keiner unserer Sicherheitsscanner kann sie orten, und von allen Leuten der Geländesicherheit, die wir bislang angesprochen haben, hat niemand auch nur das Geringste bemerkt. Wenn Sie mir also nicht wenigstens irgendwelche Hinweise geben können, wohin sie wohl ...«
Zischend öffnete sich die Tür. Mit großen Schritten betrat Inspector Ben Belkassem Keitas Büro, vollführte mit der linken Hand eine auffordernde Bewegung und fuhr sich gleichzeitig mit dem Zeigefinger der rechten über die Kehle. Ohne ein weiteres Wort unterbrach Keita die Verbindung zu dem Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes.
»Darf ich annehmen, Sir Arthur, dass Captain DeVries hier die Zelte abgebrochen hat?« Trotz seines plötzlichen Eintretens klang die Stimme des Mannes vom
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