Weg in die Verdamnis
zurück.
Darauf achtete der sitzende Mann nicht, denn er lauschte einzig und allein den Tritten, die ihn umgingen.
Santerre wollte sich ihm zeigen.
Philipp schielte zu Boden. Er sah keinen Schatten, war irritiert, dann hob er den Kopf an und vergaß auch sein verletztes Bein, denn einen Moment später stand Santerre vor ihm!
Um in sein Gesicht schauen zu können, mußte Philipp den Kopf heben.
Ja, es war einer der zwölf Schwarzen Apostel. Er schien sich auch nicht verkleidet zu haben, sogar die Kapuze hatte er über den Kopf gestreift, und nur das Gesicht blieb frei.
Ein Gesicht?
Nein, das war kein Gesicht, das war das Antlitz des Todes. Es war eine hölzern wirkende, verzerrte Fratze mit einer Haut, die an brüchiges Holz erinnerte, als hätte jemand das Gesicht in den Ausschnitt der Kapuze hineingeschnitzt.
»O Gott!« stöhnte Philipp.
»Dein Gott wird dir nicht helfen. Aber mir hat der Satan geholfen. Das ist der Unterschied!«
Philipp wollte den Kopf schütteln, zugleich etwas sagen, auch das schaffte er nicht.
Aus kalten, sehr bösen Augen starrte der andere auf ihn nieder. Dann nickte er. Zugleich hob er auch sein Schwert an, auf das er sich gestützt hatte, denn die Spitze der Klinge berührte den Boden. Es war ein anderes Schwert als das, das Philipp bei sich trug. Viel länger, sicherlich auch schärfer. Immerhin mit einem Hieb hatte der Unheimliche das Pferd geköpft!
Nun war der Mensch an der Reihe!
Philipps Gesicht zeigte plötzlich Todesangst. Er brüllte in die Stille der Nacht hinein. Er wollte auch seine Waffe anheben, um den Schlag des anderen abzuwehren.
Dessen Klinge befand sich bereits auf dem Weg. Sie war schneller, viel schneller.
Plötzlich wurde der Schrei zu einer regelrechten Sinfonie aus Angst und Schmerzen. Die Klinge hatte die rechte Schulter des Mannes erwischt und war tief hineingehackt. Philipp war nicht mehr in der Lage, seine eigene Waffe zu halten. Sie rutschte ihm aus den Fingern und glitt kratzend über den Stein.
Der zweite Schlag war bereits unterwegs.
Und nun erwischte Santerre den Mann so, wie er es gewollt hatte.
Philipp wurde auf der Stelle geköpft.
Santerre aber blieb noch stehen. Er schaute auf sein Opfer nieder, er lächelte, er fühlte sich gut und dachte an seine zwölf Schwarzen Apostel.
Sie lagen in der Schlucht, er hatte sie geopfert. Er war der eigentliche Verräter gewesen, aber er hatte tun müssen, was man von ihm verlangt hatte. Darüber dachte er nicht nach. Er würde sich neue Helfer suchen.
Er hatte Zeit, viel Zeit. Und er würde sie finden. Irgendwann einmal war die Zeit dafür reif.
Irgendwann…
***
Das Haus in der Wiener Innenstadt war noch im letzten Jahrhundert in die Höhe gezogen worden und stark renovierungsbedürftig.
Zur Zeit, das wußte ich, stand es leer. Father Ignatius hatte es mir gesagt, und er hatte mich gebeten, es mir einmal anzuschauen. Ich war nach Wien geflogen und hatte mich dort mit Father Ignatius getroffen.
Wir hatten dann eigentlich weniger über das Haus geredet, sondern über eine Person, die sich angeblich darin aufhielt.
Ich wußte, daß sie gefährlich war, daß sie zur anderen Seite zählte und schon zahlreiche Leben auf dem Gewissen hatte, wobei selbst zwei Mitglieder der Weißen Macht, des Geheimdienstes des Vatikans, zu dem auch Father Ignatius zählte, umgekommen waren. Nicht bekannt waren mir die Ziele dieser Person, darüber hatte ich mit meinem Freund noch nicht reden können, weil die Zeit drängte.
Nun aber sollte sich diese Person, um die sich alles drehte, in diesem alten, leeren Haus in der Wiener Innenstadt aufhalten. Ich hatte es noch nicht betreten, weil ich mir zunächst einen Eindruck von außen her verschaffen wollte.
Nicht nur innen mußte der Bau renoviert werden. Auch die äußere Fassade hatte es nötig, denn die Zähne der Zeit hatten stark an ihr genagt. Taubenkot, saurer Regen und andere Umweltgifte hatten ihre Spuren an der mit Vorsprüngen, Erkern und stuckbeladenen Fassade hinterlassen.
Mir fiel die breite Eingangstür auf, für die mancher Antiquitätenhändler sicherlich einiges auf den Tisch geblättert hätte. Auch wenn die Tür ebenfalls während der langen Zeit gelitten hatte, denn an einigen Stellen sah die Tür aus, als wäre sie von Axthieben beschädigt worden.
Das Haus war nicht verschlossen, wie mir Father Ignatius versichert hatte, und darüber wunderte ich mich. Auch wenn es renoviert werden sollte, man ließ es nicht einfach offen, es sei denn
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