Wege im Sand
Liegestühle und Schwimmkissen trugen, hatten auf ihrem Weg die Phelps Road entlang Halt gemacht, um ihren Aufschlag in Augenschein zu nehmen. Oder ihre Beine.
Sie schlug auf, er spielte den Ball zurück, und sie sprang mit einem Satz über das Netz, direkt in seine Arme.
»Du hast gewonnen, du Mistkerl.« Sie küsste ihn auf die Lippen.
»Müsste ich da nicht übers Netz springen?«
»Sei doch nicht so pingelig. Vielleicht konnte ich es einfach nicht mehr erwarten, deinen muskulösen, verschwitzten Körper in den Armen zu halten – hast du daran mal gedacht?«
Jack lachte, als sie ihn abermals küsste. Sie fühlte sich knochig und hart in seinen Armen an. Eine Erinnerung, die sich an seinem Verstand vorbeigeschmuggelt hatte und ausschließlich in seinem Herzen existierte, bemächtigte sich seiner: wie er genau an der gleichen Stelle vor fünfundzwanzig Jahren Emma in den Armen gehalten hatte. Francesca war wie ein jüngeres Zerrbild seiner Frau. Jack überschlug, wie alt sie damals gewesen war, und sein Kopf schmerzte.
»Komm, lass uns einen Sprung ins Meer machen«, schlug Francesca vor.
»Ich möchte nach Hause und schauen, was Nell treibt.«
»Sie hat mir gesagt, dass sie zum Strand wolle. Als sie meinen Wagen vor dem Haus vorfahren sah, kam sie herausgeschossen, noch bevor ich aussteigen konnte. Wahrscheinlich hätte sie gerne einen Blick in meinen Kofferraum geworfen, um sich zu vergewissern, dass ich nicht beabsichtige, über Nacht zu bleiben, und kein Handgepäck dabei habe. Ehrlich, sie führt sich auf wie ein Grenzposten auf Patrouille.«
»Ach wo, sie wollte dich nur begrüßen.«
Francesca schnaubte durch ihre hübsche, perfekt geformte Nase. »Mitnichten. Meine Eltern ließen sich scheiden, und als mein Vater Frauen nach Hause brachte, habe ich ihnen das Leben zur Hölle gemacht. Das ist die Strafe – und glaube mir, ich habe sie verdient. Trotzdem, zerbrich dir deswegen nicht den Kopf. Ich lasse mich nicht so leicht abschrecken und respektiere ihr Bedürfnis, die Fronten abzustecken, vollkommen. Ich werde sie schon noch auf meine Seite bringen – du wirst sehen.«
Jack schwieg, um ihr keine falschen Hoffnungen zu machen.
»Übrigens … wenn sie am Strand ist, bedeutet das, du hast sturmfreie Bude.« Francesca drückte seine Hand. »Ich weiß schon, du willst kein Risiko eingehen, dass sie uns überrascht, aber könnten wir nicht wenigstens auf der Couch sitzen und Händchen halten?«
»Während wir unsere Pläne hinsichtlich der Nordsee vor den Britischen Inseln erörtern …« Sie lachten beide; Jack zog seine Hand zurück, als sie aufbrachen, und dachte, wirklich romantisch, du Idiot. Er war achtundvierzig, überarbeitet und völlig überwältigt und verwirrt angesichts der seltsamen Winkelzüge des Lebens. Sie war neunundzwanzig und gefährlich schön.
Vor sechs Monaten hatte sich Jack in die Bostoner Niederlassung einer Konstruktionsfirma versetzen lassen, deren Hauptsitz sich in Atlanta befand. Seither arbeitete Francesca in seiner Abteilung, und vorher waren sie seit mehreren Jahren Kollegen gewesen. Sie spielten oft gemischte Doppel mit anderen Firmenangehörigen. Er bewunderte ihren Aufschlag, ihren messerscharfen Verstand, ihre brillante technische Begabung, ihren ausgeprägten Sinn für Humor.
Merkte sie, dass er darauf bedacht war, Abstand zu halten, damit die Leute gar nicht erst auf die Idee kamen, sie für ein Paar zu halten? Aber wen interessierte das schon? Wer würde sich überhaupt an ihn erinnern? Emma hatte in ihrer Kindheit und Jugend ungefähr fünfzehn Sommer hier verbracht, bevor ihre Familie nach Chicago gezogen war. Jacks Familie hatte drei Jahre hintereinander während der Sommermonate ein Ferienhaus in Hubbard’s Point gemietet; Emma war vier Jahre jünger als er gewesen – genauso alt wie seine Schwester. Sie hatten sich auf der Strandpromenade kennen gelernt, in einer sternenklaren Julinacht, und damit war ihr Schicksal besiegelt. Auf der Suche nach einem Ort, an dem er mit Nell die Ferien verbringen konnte, hatte er Hubbard’s Point den Vorzug vor Martha’s Vineyard, Nantucket, dem Cape oder den Inseln in Maine gegeben … nicht so sehr weil er ihr zeigen wollte, wo sich ihre Eltern zum ersten Mal begegnet waren, sondern weil ihn unerklärliche Kräfte hierher gezogen hatten.
»Wenn deine Tochter nicht zu Hause ist, kann ich nicht versprechen, dass ich mich anständig benehme …«, flüsterte Francesca und schloss beim Gehen die Lücke
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