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Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben

Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben

Titel: Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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schweren, nicht mehr mit Erfolg zu lindernden Schmerzen leidender Mensch,
der Suizidbegleitung wünscht, vor und während dieser Begleitung bis zu deren
Ende klar und mit Nachdruck zum Ausdruck bringt, dass er von dieser Welt gehen
will.
    Nach Art. 16 zgb wird die Urteilsfähigkeit eines
Menschen vermutet, was sich im Zweifelsfall zu Gunsten des Angeklagten
auswirken muss. Urteilsfähig ist ein jeder, dem nicht wegen seines Kindesalters
oder infolge von Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunkenheit oder ähnlichen
Zuständen die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäß zu handeln. Da im Zweifel von
der Urteilsfähigkeit eines die Selbsttötung erwägenden Menschen auszugehen ist
und die Suizidbeihilfe bei urteilsfähigen Menschen in der Schweiz grundsätzlich
— d. h., wenn dem Helfer keine selbstsüchtigen Beweggründe vorgeworfen werden
können — nicht strafbar ist, muss bei der strafrechtlichen Betrachtung der
Beihilfe zur Selbsttötung in Anwendung des strafprozessrechtlichen Grundsatzes
in dubio pro reo (im Zweifel zu Gunsten des Angeklagten) im Zweifel eben auch
zu Gunsten von unter Verdacht stehenden bzw. unter Anklage gestellten Personen
(wie beispielsweise von der Selbsttötung beiwohnenden Angehörigen, Freunden
oder Dritten) entschieden werden. 71 Die im Strafprozess dem Staat obliegende
Beweislast muss meines Erachtens solange zu einem Freispruch führen, als das
Fehlen der Urteilsfähigkeit und das Fehlen eines selbstbestimmten,
wohlerwogenen und konstanten Sterbewunsches bei der sterbewilligen Person zur
Zeit der Selbsttötung beweislos bleiben.
    Wegen Verleitung und Beihilfe
zur Selbsttötung (in der Terminologie des Gesetzgebers ‚Selbstmord’) ist in der
Schweiz nach Art. 115 StGB nur strafbar, wer aus selbstsüchtigen Beweggründen
den über die Tatherrschaft verfügenden und eigenverantwortlich seinen Tod
herbeiführenden Sterbewilligen zur Selbsttötung anstiftet oder ihm zur
Erreichung dieses Ziels Hilfe leistet. Der Anstifter und der Gehilfe handeln
noch nicht aus selbstsüchtigen Beweggründen, wenn es ihnen gleichgültig ist, ob
der Suizident sich das Leben nimmt oder nicht. Selbstsüchtige Beweggründe
liegen dann vor, wenn der Täter einen persönlichen Vorteil anstrebt 72 bzw. dann, wenn
eigensüchtige gegenüber auch vorhandenen altruistischen Motiven klar
überwiegen.
    Folgendes ist hier allerdings
noch festzuhalten: Wenn neben Verwandten und Freunden unabhängige Dritte von
einer angesehenen Suizidhilfeorganisation bei einem Suizid anwesend sind, kommt
selten der Verdacht auf, es könnte ein strafbares Verhalten vorliegen bzw. es
könnten eigensüchtige Interessen von Verwandten, Freunden oder auch Dritten
eine Rolle spielen. Die von der Freitodbegleiterin oder vom Freitodbegleiter
herbeigerufenen Beamten werden sich in aller Regel auf die allernotwendigsten
Abklärungen beschränken, weil EXIT Deutsche Schweiz bei jeder Freitodbegleitung
einen geordneten Ablauf gewährleistet. Vorgelegt werden den Beamten unter
anderem die von der verstorbenen Person ausgefüllte Freitoderklärung, das Arztzeugnis
mit Diagnose und Bestätigung der Urteilsfähigkeit, das Rezept für das vom Arzt
verschriebene und verabreichte Natrium-Pentobarbital und das vom
Freitodbegleiter über den Ablauf der Begleitung erstellte Protokoll.
    Die Vereinigung EXIT (Deutsche Schweiz)
sowie auch die Vereinigung Exit A.D.M.D. (Suisse romande) begleiten bis heute
auf der Grundlage ihrer Statuten nur ihre Mitglieder. Voraussetzung der
Mitgliedschaft bei EXIT ist
entweder ein schweizerischer Wohnsitz oder die schweizerische Staatsangehörigkeit.
Der ausländische Leser sollte sich nicht der Hoffnung hingeben, er könne ohne
weiteres zu EXIT (Deutsche Schweiz und Suisse romande) in die Schweiz einreisen
und dann eine Freitodbegleitung beanspruchen.
    Bis heute werden nur Menschen
begleitet, die an ernsten gesundheitlichen Gebrechen oder Behinderungen leiden.
Hingegen hilft EXIT nun vermehrt
solchen alten Menschen bei der Selbsttötung, die angesichts ihrer vielfältigen
Altersbeschwerden in ihrem Weiterleben keinen Sinn mehr sehen (bei Altersmorbidität).
Psychisch kranke Menschen werden bei ihrer Selbsttötung nur assistiert, wenn
ein ihre Begleitung bejahendes psychiatrisches Gutachten vorliegt und erst
dann, wenn eine ärztliche Zweitmeinung eingeholt worden ist.
     
    Es sei abschließend nochmals
ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Leser, weder bei EXIT (Deutsche Schweiz) noch bei Exit a.d.m.d. (Suisse romande)

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