Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben
Behandlungsablehnung
ausgegangen wird.
Dabei sind folgende
Konstellationen denkbar:
a. Der Patient tötet sich aktiv
selbst (Selbsttötung durch Tun)
b. Der Patient führt passiv sein
Sterben herbei (Selbsttötung durch Unterlassen):
1. Der Patient isst und trinkt
nicht mehr.
2. Der Patient geht nicht mehr
zur Dialyse.
3. Der Patient verbietet
weitere Substitution.
Man wird bei Betrachtung dieser
Übersicht spontan werten, a seien Selbsttötungsfälle, wie aber verhält
es sich mit der Fallgruppe b? Begeht der Patient, der die weitere
mögliche Lebenserhaltung aufgibt oder ablehnt, einen passiven ‚Suizid’?
Letztendlich kommt es nicht darauf an, wie wir das Verhalten nennen.
Entscheidend ist allein, ob ein rechtliches Verbot zur Beihilfe bzw. eine
Verpflichtung zur Vereitelung des Todeseintritts besteht.
Aus der Synopse der
Entscheidungen zu den klassischen Selbsttötungsfällen und zum Zulassen des
Sterbens nach dem Willen des Patienten ergibt sich klar, welche
Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Begleitung einer Selbsttötung durch Angehörige oder durch Begleiter von der Hilfe zur Vorbereitung bis zur
Begleitung im Sterbeprozess und bis zum Eintritt des Todes nach heutiger
Rechtslage straffrei ist.
1. Die Aufklärung des
selbstbestimmungsfähigen Menschen über seine Optionen (Freiverantwortlichkeit
aus rechtlicher Sicht):
Erst wenn sich der
Sterbewillige in Kenntnis der Rechtslage und in Kenntnis der medizinischen
Möglichkeiten für eine Selbsttötung entscheidet, ist überhaupt Raum für eine
Unterstützung. Es bedarf also 114 zum Beispiel entsprechender Aufklärung über
die Bedeutung und Tragweite des ärztlichen Eingriffs wie etwa einer
Dauerbeatmung oder seines Unterbleibens. 59 Man darf niemandem bei der Selbsttötung
helfen, bevor man ihn aufgeklärt hat, dass seine künstliche Lebensverlängerung
beendet werden muss, wenn er sie nicht wünscht. Man darf also nicht helfen, den
Tod aktiv herbeizuführen, wenn es bereits genügen würde, ihn zuzulassen.
2. Freiverantwortlichkeit aus
medizinischer Sicht:
Der Sterbewillige muss in
seiner Entscheidung nachweislich frei sein. Der Zustand der Willensfreiheit
muss unmittelbar vor der unterstützten Selbsttötungshandlung nachweislich immer
noch bestehen, ggf. auch nach der Selbsttötungshandlung bis zum
Bewusstseinsverlust. Dies wird in der Regel zu bejahen sein, wenn die ärztliche
Untersuchung und Diagnose in obigem Sinne zeitnah erfolgt ist oder wenn sich
die Verwirklichung der Selbsttötung nahtlos an diese ärztliche Begleitung und
Diagnose anschließt und dabei keine gegenteiligen Anhaltspunkte auftreten. In
diesem Zusammenhang befremdet, dass in neueren, kritischen Berichten über
Dignitas/Schweiz (März 2008) der breiten Öffentlichkeit die Helium-Methode
bekannt wurde, durch die ein Suizident seine Absicht unter Ausschluss jeglicher
ärztlichen Kontrolle verwirklichen kann. Die ärztliche Gewähr für die
Freiverantwortlichkeit des Sterbewilligen ist die wesentlichste Basis für die
Straffreiheit der Selbsttötungsbegleitung! Die Freiverantwortlichkeit kann
in der Regel nur ein Arzt feststellen. Diese Feststellung sichert nach dem Tod
des Sterbewilligen seine Helfer oder Angehörigen strafrechtlich ab. Eine solche
Begleitung ohne ärztliche Abklärung der Freiverantwortlichkeit des
Sterbewilligen stellt ein hohes strafrechtliches Risiko dar.
3. Modifizierung der
Garantenpflicht:
Für alle Garanten (also Ärzte,
Pflegekräfte, Nahestehende, vor allem aber Angehörige) sollten die Suizidenten
eine ‚Modifizierung der Garantenpflicht’ 60 schriftlich niederlegen. Durch sie werden die
Garanten an den Sterbewillen des Patienten gebunden und sind sodann nicht
mehr Garant des Lebens, sondern Garant des Sterbewillens.
Damit sind sämtliche
Voraussetzungen geschaffen, dass eine straffreie Begleitung eines Suizides von
der ersten Vorbereitungshandlung bis zum Tod erfolgen kann.
Für Skeptiker: Natürlich geht
mit dem Bewusstseinsverlust die Tatherrschaft auf den Sterbehelfer über. Aber
diese geht auch bei Beachtung und Umsetzung einer Patienten Verfügung auf den
Vertreter des Patienten über (Betreuer oder Bevollmächtigter), den nun — gerade
weil er die Tatherrschaft hat — die Pflicht trifft, dem Willen des Patienten
Ausdruck und Geltung zu verschaffen, also dafür zu sorgen, dass der
Sterbewunsch des Patienten ‚erfolgreich’ umgesetzt wird, dass der Patient nicht
am Sterben gehindert
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