Wegweiser Nahrungsmittel-Intoleranzen
muss Frau S. dagegen unbedingt fortsetzen – einschließlich des völligen Verzichts auf Fruchtsäfte. Zur Behandlung der Laktoseintoleranz verordne ich ihr Laktasetabletten und empfehle ihr, ansonsten auf laktosefreie Milchprodukte auszuweichen. Gleichzeitig ermutige ich sie, so weit wie möglich wieder lustgesteuert zu essen und kleine »Fehler« durchaus zuzulassen.
Zur weiteren medizinischen Abklärung nehmen wir Blut ab: eine Probe für die molekulargenetische Untersuchung auf das Vorliegen einer primären Laktoseintoleranz und eine zweite zur Bestimmung der Diaminooxidaseaktivität (DAO), die bei der Histaminintoleranz eine Rolle spielt.
2. Visite: Die Verdauungsbeschwerden von Frau S. sind deutlich besser, die Durchfälle sind seltener, aber nach wie vor vorhanden; das Gleiche gilt auch für die Blähungen und die Bauchschmerzen.
Die Blutuntersuchung hat eine erniedrigten DAO-Aktivität ergeben. Daraus und aus den beschriebenen Symptomen nach Alkoholgenuss kann die Diagnose einer Histaminintoleranz gestellt werden. Ich verordne Frau S. eine Dauertherapie mit einem Antihistaminikum, damit sie nicht auch noch eine histaminarme Diät einhalten muss.
Die molekulargenetische Untersuchung deutet auf eine sekundäre (erworbeneForm) von Laktoseintoleranz hin, deshalb wird ein Glukose-Atemtest veranlasst.
Visite: Unter der Therapie mit dem Antihistaminikum verbessern sich die Beschwerden von Frau S. weiter. Die Bauchkrämpfe sind fast verschwunden, ebenso die Durchfälle, sie hat aber weiterhin Blähungen und schmierigen Stuhl.
Aus den Ergebnissen des Glukoseatemtests kann auf eine bakterielle Fehlbesiedelung des oberen Dünndarms geschlossen werden (eine häufige Ursache für eine sekundäre Laktoseintoleranz); deshalb beginnen wir zusätzlich mit einer antibiotischen Therapie.
Die laktosefreie Diät wird etwas gelockert: Nicola S. darf jetzt auch laktosehaltige Lebensmittel essen, sofern diese einen hohen Fettgehalt aufweisen (der hohe Fettgehalt verlängert die Kontaktzeit zwischen dem Enzym Laktose und dem in der Nahrung enthaltenen Milchzucker, sodass dieser aufgespalten werden kann).
Visite: Die sekundäre Laktoseintoleranz ist erfolgreich ausgeheilt. Frau S. braucht keine laktosefreie Diät mehr einzuhalten. Ich rate ihr aber, bei Milchprodukten keine Light-Produkte auszuwählen, sondern ruhig die mit höherem Fettgehalt; außerdem soll sie möglichst keine Pro- und Präbiotika zu sich nehmen.
Die Histaminempfindlichkeit hat sich so weit gebessert, dass Frau S. das Antihistaminikum nur mehr bei Bedarf einnehmen muss bzw. sie durch eine Enzymersatztherapie mit DAO ersetzen kann.
Nach einem 5. Besuch kann ich die Patientin allein mit der Empfehlung, eine fruchtzuckerarme Diät beizubehalten, als »geheilt« entlassen. Die Diaminooxidaseaktivität ist wieder im Normbereich und Frau S. kann histaminhaltige Nahrungsmittel meistens vertragen. Nur in seltenen Fällen muss sie noch zu ihrem Antihistaminikum greifen.
Gluten-, Kasein- und Histaminunverträglichkeit
Komplizierter gestaltet sich die Situation, wenn eine Gluten- oder Kasein-Unverträglichkeit mit einer anderen Nahrungsmittelunverträglichkeit (nicht Nahrungsmittelallergie!) kombiniert vorkommt. Hier sollte man sich an seinen Arzt wenden, um die individuelle Vorgangsweise zu besprechen. Gluten und Kasein haben die Eigenschaft, im Darm derart abgebaut zu werden, dass die resultierenden »Bruchstücke« eine opiatähnlicheWirkung haben. Dies kann einerseits Suchtverhalten hervorrufen, andererseits aber zu vermehrter Histaminfreisetzung aus Mastzellen führen. Liegt eine Histaminabbaustörung (DAO-Mangel) oder eine hohe Dichte an Mastzellen vor (Mastozytose), so können diese Abbauprodukte zu den gleichen Beschwerden führen wie Histamin in der Nahrung.
Patienten mit Neurodermitis erfahren deshalb manchmal eine Besserung, wenn sie Histamin, Gluten und Kasein aus ihrer Nahrung streichen. Wenn man aber so empfindlich ist, dass man nicht nur auf hohe Histamingehalte in der Nahrung reagiert, sondern auch auf histaminfreisetzende Nahrungsmittelbestandteile (wie Gluten und Kasein), sollte man sich an einen allergologisch orientierten Arzt wenden. Dieser kann feststellen, ob den Beschwerden nicht vielleicht doch eine Erkrankung (Mastozytose, Neurodermitis, verschiedene Formen der Nesselsucht [Urticaria]) zugrunde liegt, die auch anders als mit Diät behandelt werden kann.
Nahrungsmittelallergie plus Nahrungsmittelunverträglichkeit
Beim Erhitzen in der
Weitere Kostenlose Bücher