Wehe Dem, Der Boeses Tut
Taschentuchs, hob sie den Plastikbeutel auf und öffnete das Kühlfach der Minibar. Sie nahm ein paar Flaschen Bier und Mineralwasser heraus und legte den kleinen Kadaver hinein. Dann hängte sie das ›Bitte nicht stören‹-Schild an die Tür und plante ihren nächsten Schachzug.
Die Telefonzelle befand sich zwischen den Billardtischen und den Toiletten im hintersten Winkel der Kneipe. Sweeny wartete, während in Portland das Telefon klingelte. Er musste Danvers Bericht erstatten, doch zuerst hatte er noch einen anderen Anruf zu erledigen.
Fosters Stimme ertönte am anderen Ende der Leitung. »Sie sind verbunden mit dem Büro von Michael Foster. Ich bin im Augenblick nicht zu erreichen, aber wenn Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer hinterlassen, rufe ich Sie zurück …«
»Quatsch!«, knurrte Sweeny. Der Signalton schrillte ihm ins Ohr. »Foster? Bist du da? Ich bin's, Sweeny. Nimm den verdammten Hörer ab.« Er wartete, doch niemand meldete sich. »Zum Teufel«, knirschte er. »Hör mal, ich weiß, dass du da bist, also melde dich schon. Ich habe einen Job für dich. Gut bezahlt. Falls du interessiert bist …« Er wartete eine Weile lang, trommelte mit den Fingern auf dem zerrissenen Telefonbuch und gab es schließlich doch auf. »Ich ruf dich später noch mal an.« Damit knallte er missmutig den Hörer auf die Gabel.
Er setzte sich an die Bar, trank sein Bier und lauschte irgendeiner Country-Western-Ballade, in der ein Kerl über eine tote Frau jammerte. Herr im Himmel, was für eine erbärmliche Spelunke. Ein paar Einheimische traten ein, plauderten lächelnd mit der Kellnerin und setzten sich auf ihre angestammten Hocker. Wie in Cheers im Fernsehen. Sweeny kannte sie alle mit Namen – Norm, Cliff, Sam … Sein Blick wanderte von den Hinterwäldlern zu einem Fernsehbildschirm über der Bar. Gerade lief ein Baseballspiel, doch der Detektiv achtete nicht einmal auf den Punktestand.
Von dem Job am Vorabend taten ihm noch alle Knochen weh. Er war zu der Farm gefahren, auf der Adria Nash ihre Kindheit verbracht hatte, und hatte mit den derzeitigen Pächtern gesprochen, aber nicht allzu viel erfahren. Entweder war das Ehepaar von Natur aus verschlossen, oder sie hatten die Geschichte durchschaut, die er ihnen aufgetischt hatte. Er hatte sich nämlich als Versicherungsvertreter ausgegeben, der ihnen eine Feuerversicherung für das Wohnhaus und die Wirtschaftsgebäude verkaufen wollte. Die Frau hatte nicht einmal die Insektenschutztür geöffnet, sondern sich nur durch das zerrissene Drahtgeflecht knapp mit ihm unterhalten. Nach seinem Besuch auf der Farm war er zu den Lagerhallen der Stadt gefahren, hatte den jungen Nachtwächter bestochen und war in Ms Nashs Abteil eingedrungen. Sweeny, der seine große Chance witterte, hatte Stunden in dem engen Raum zugebracht, hatte Kartons aus dem Weg geräumt, war über alte Möbelstücke gestiegen und hatte stapelweise Kisten durchwühlt, bis er fündig wurde: die alte Familienbibel sowie ein paar Steuerbescheide, aus denen hervorging, wie pleite Adria Nash tatsächlich war. Kein Wunder, dass sie hinter dem Geld der Danvers' her war. Die Steuerbescheide und die Bibel lagen nun wieder an ihrem Platz in dem Lagerraum. Er hatte Kopien von den Bescheiden und von dem Familienstammbaum in der Bibel angefertigt, ebenso wie von allen Seiten mit Randnotizen. Dann hatte er dem kleinen Wachmann einen Fünfziger zugesteckt und Adrias Sachen wieder in den Umzugskisten verstaut. Sie würde nie etwas davon erfahren.
Aber er steckte immer noch in diesem eiskalten Höllenloch fest. Er trank noch ein Bier und sah auf die Uhr. Seine Aktentasche in der Hand, schlenderte er zurück zur Telefonzelle. Dieses Mal erreichte er Foster: Beim zweiten Klingeln hob der Computerfreak ab.
»Wurde auch Zeit«, knurrte Sweeny.
»Oswald. Welche Freude«, erwiderte Foster spöttisch.
»Ja, ganz recht.«
»Okay, ich habe deine Nachricht gehört. Was gibt's?«
»Die Sache ist ein Kinderspiel. Du sollst nur ein paar Leute für mich ausfindig machen. Die erste Person führt mehrere Namen: Sie nennt sich Ginny Slade, Virginia Watson oder auch Virginia Watson Slade. Sie muss so um die Fünfzig sein, glaube ich, und war mal mit einem Bobby oder Robert Slade verheiratet.«
»Das ist alles?«, fragte Foster.
»Brauchst du noch mehr?«
»Watson und Slade sind ziemlich geläufige Namen. Wie wär's, wenn du mir wenigstens sagen könntest, wo ich anfangen soll – du weißt schon, so was wie östlich
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