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Wehe Dem, Der Boeses Tut

Wehe Dem, Der Boeses Tut

Titel: Wehe Dem, Der Boeses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
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des Mississippi oder so?«
    »Moment.« Ungeduldig klappte Oswald seinen Aktenkoffer auf und entnahm ihm die Kopien vom Stammbaum in der Bibel. »Okay, mal sehen.« Er fuhr mit dem Finger die Zeilen entlang. »Anscheinend ist Virginia in Memphis, Tennessee, geboren. Sie und Bobby haben im Juni 1967 in der First Christian Church geheiratet. Abgesehen von diesen Daten weiß ich nur noch, dass sie irgendwann mal auf der Durchreise in Montana ihre Tochter, die Adria hieß, zur Adoption freigegeben hat. Ein altes Ehepaar – Victor Nash und seine Frau Sharon – haben die Kleine Ende 1974 adoptiert, glaube ich, aber ich finde kein genaues Datum und keine offiziellen Unterlagen.«
    »Das ist alles?«
    »Nicht ganz«, sagte Sweeny. Er genoss die schockierende Enthüllung, die jetzt folgte. »Hör dir das an: Wir vermuten, Virginia Watson Slade könnte das Kindermädchen von London Danvers gewesen sein.«
    Am anderen Ende der Leitung ertönte ein leiser, lang gezogener Pfiff durch die Zähne. »Ginny Slade.«
    »Bingo.«
    »Aber was hast du damit zu tun? Nein, lass mich raten. Die Kleine ist aufgetaucht und verlangt ihren Anteil an dem Vermögen.«
    »Genau.«
    »Könnte interessant werden.«
    »Sieh zu, was du herausfindest.«
    »Wo kann ich dich erreichen?«
    »Ich melde mich wieder bei dir. Brauchst du sonst noch was?«
    »Wie wär's mit einer Versicherungsnummer?«
    »Richtig.« Sweeny blätterte in seinen Aufzeichnungen über Ginny Slade. »Da haben wir's«, sagte er und rasselte eine Reihe von Ziffern herunter, die Sozialversicherungsnummer, die Ginny bei ihrer Tätigkeit als Londons Kindermädchen angegeben hatte. Er erklärte Foster noch ein paar Details zu dem Fall und beendete schließlich das Gespräch mit dem zuversichtlichen Gefühl, dass Foster schon etwas finden werde. Der Mann war ein alter Computer-Hacker, der mittlerweile ein praktisches Anwendungsgebiet für seine Fähigkeiten gefunden hatte. Sweeny wusste nicht genau, wie er vorging – ob er die Datenbanken der Steuerbehörde hackte oder ob er einen Komplizen bei der Regierung hatte –, jedenfalls war Foster an einem Serviceprogramm beteiligt, das Vermisste aufspürte. Auch solche, die nicht gefunden werden wollten.
    Zufrieden klappte Sweeny seinen Aktenkoffer zu. Er fühlte sich schon besser. Noch ein Drink, dann würde er Jason Danvers anrufen.

    Adria sah sich verstohlen um, entdeckte jedoch in dem Menschenstrom vor dem Eingang des Orion kein bekanntes Gesicht. Sie sagte sich, dass ihr Verhalten an Verfolgungswahn grenzte, wurde aber dennoch das Gefühl nicht los, dass jemand sie beobachtete. Und die tote Ratte im Kühlfach der Minibar bewies immerhin, dass tatsächlich jemand wusste, wo sie wohnte. Den ganzen Tag über, während sie sich in der Stadt nach einer dauerhafteren Unterkunft umsah, war ihr ständig, als ob Blicke auf ihr ruhten und jede ihrer Bewegungen verfolgten.
    Sie hatte halb damit gerechnet, Zach noch einmal über den Weg zu laufen, aber er war nicht aufgetaucht, und sich auf Dauer im Schatten zu halten, das war nicht sein Stil.
    Wer dann? , fragte sich Adria und ließ den Blick noch einmal die Straße entlangschweifen. Sie sah niemanden, der sich verdächtig benahm, wenn sie sich umschaute. Der Vorfall mit dem Päckchen hatte sie nervös gemacht, sie erschrak vor ihrem eigenen Schatten. Bevor sie das Hotel verließ, hatte sie mit dem Chefportier, dem Sicherheitsdienst und der Geschäftsführung gesprochen. Niemand erinnerte sich daran, dass jemand ein Päckchen für sie abgegeben hatte. Derjenige, der dahintersteckte, war offenbar mit äußerster Vorsicht zu Werke gegangen. Nun, sie selbst würde ebenfalls vorsichtig sein.
    Adria winkte dem alten Mann im Zeitschriftenkiosk zu und fragte an der Rezeption, ob Nachrichten für sie hinterlegt worden seien. Man reichte ihr eine Notiz aus ihrem Fach und einen steifen weißen Umschlag, auf dem ihr Name stand, dieses Mal nicht in Blockbuchstaben, sondern in einer flüssigen Handschrift. Statt die Nachricht in der Lobby zu lesen, wo jeder sie beobachten konnte, fuhr sie im Lift hinauf in ihre Etage.
    In ihrem Zimmer angekommen, zog sie die Schuhe aus, streifte die geschlossene Minibar mit einem Blick und las dann ihre Post. Auf dem Notizzettel stand, Nelson Danvers habe angerufen und wolle sie »dringend« sprechen. Gut. Ich mache Fortschritte, dachte Adria und beschloss, Nelson noch ein wenig warten zu lassen.
    Der weiße Umschlag enthielt eine Einladung, die sie völlig überraschte.

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