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Wehe Dem, Der Boeses Tut

Wehe Dem, Der Boeses Tut

Titel: Wehe Dem, Der Boeses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
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Jason mitangehört haben konnte. Er vergrub die Hände tief in den Taschen und fragte sich, wie viele der Anwesenden Zeugen seiner Beschämung auf der Tanzfläche geworden waren. Wer außer seinem Bruder und seinem Vater hatte bemerkt, wie Kats Lippen sein Ohr streiften, hatte erkannt, dass es ihn in den schwitzigen Fingern juckte, die Hand unter den Reißverschluss ihres Kleides zu schieben und eine feste Gesäßbacke zu umspannen? Himmel, er musste aufhören, auf diese Art an sie zu denken! Der Schlüssel lag schwer in seiner Tasche.
    Die Band stimmte »For He's a Jolly Good Fellow« an. In Gedanken immer noch bei der geheimnisvollen Sophia, der Nutte mit Herz, beobachtete Zach, wie auf einem kunstvoll verzierten Servierwagen eine riesige Torte in der Form einer Fichte hereingefahren wurde. Sechzig Kerzen, angeordnet in Form einer Lichterkette, wie Christbaumschmuck, zierten die mit grünem Zuckerguss überzogenen Zweige. Kleine Flämmchen flackerten und tanzten, als Witt mit Katherines und Londons Hilfe die Lichter ausblies.
    Gelächter und Beifall brachen aus. Dann schnitt Witt wie ein Bräutigam ein großes Stück von der Torte ab und fütterte seine Frau mit der klebrigen Masse. Die Gäste applaudierten, Zach jedoch fürchtete, sich übergeben zu müssen, als Katherine den Gefallen erwiderte, dann lächelnd zu ihrem Mann aufblickte und sich langsam die Finger ableckte.
    Als London schließlich von ihrem Kindermädchen in eine der für die Familie Danvers reservierten Suiten hinaufgebracht wurde, wirkte der Alte bereits leicht beschwipst. Er sah sich nach Zach um, dem die Warnung im Blick seines Vaters nicht entging. Ein mulmiges Gefühl überkam ihn. Wie Zach aus jahrelanger Erfahrung wusste, würde Witt nicht vergessen, dass seine junge Frau mit seinem Sohn geflirtet hatte. Dem Alten entging nichts, und früher oder später würde er, Zach, dafür bezahlen müssen. Er trug bereits eine Anzahl von Narben auf dem Rücken, die der Gürtel seines Vaters hinterlassen hatte. Morgen um diese Zeit würde er wahrscheinlich noch ein paar mehr haben – zumindest seelische Narben. Witt Danvers' hervorstechendstes Merkmal war seine Brutalität. Er nahm keinerlei Rücksicht auf Zachs Gefühle, sondern pflegte seinem rebellischen Sohn unmissverständlich deutlich zu machen, dass er nichts taugte, seine Erwartungen nicht erfüllte und es nie im Leben zu etwas bringen würde.
    Aber wen interessierte schon, was der alte Herr dachte?
    Der Schlüssel drückte an seinem Oberschenkel.
    Witt und Katherine begannen wieder miteinander zu tanzen. Zach nutzte die Gelegenheit, da sein Vater abgelenkt war, um sich unauffällig davonzustehlen. Rasch drängte er sich zwischen Gruppen ausgelassener Gäste hindurch und schlüpfte zur Saaltür hinaus. Auf dem Treppenabsatz hielt er inne, um Atem zu schöpfen und den Schwindel niederzukämpfen, den der Champagner ihm beschert hatte.
    Was tat er da? Er konnte die Party nicht einfach verlassen. Der Alte würde außer sich sein.
    Nun, sollte er doch toben.
    Vielleicht würde Witt Danvers sich sogar ein wenig Sorgen machen.
    Ehe er es sich anders überlegen konnte, eilte Zach die breiten Stufen hinunter.
    »He, Zach. Wo willst du hin?«, rief Nelson, sein jüngerer Bruder, ihm nach. Der Vierzehnjährige lehnte sich weit über das Geländer, wobei ihm sein zerzaustes blondes Haar in die Augen fiel. Nelson verehrte seinen ungestümen älteren Bruder.
    »Jetzt nicht«, knurrte Zach. Die Schwärmerei des Jüngeren fiel ihm ebenso auf die Nerven wie Witts ewige Missbilligung.
    »Aber –«
    »Halt einfach den Mund, Nelson. Okay?« Ohne den Kleinen weiter zu beachten, der ihm die Treppe hinunter nachlief, durchquerte Zach das Foyer, in dem Clubsessel, Messinglampen und glänzende dunkle Tische um einen mächtigen Kamin gruppiert waren. Er schritt rasch am Empfangstresen und einem Wald von Kübelpalmen vorbei und versuchte nicht daran zu denken, was ihm blühte, falls Witt ihn vermisste.
    Die Nacht war schwül. Der Geruch des Flusses hing in der reglosen Luft. Zach riss sich das Smokingjackett vom Leib, wandte sich raschen Schrittes nach Norden und bemühte sich dabei, das Rauschen seines eigenen Blutes in den Ohren zu ignorieren und klar zu denken.
    Sein Vorhaben war Wahnsinn, aber der Alkohol machte ihn kühner als gewöhnlich. Sollte der Alte es doch herausbekommen! Was konnte er schon tun? Zach aus dem Haus werfen, ihn zwingen, bei seiner Mutter zu wohnen? Die Vorstellung versetzte ihm einen

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