Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wehe Dem, Der Boeses Tut

Wehe Dem, Der Boeses Tut

Titel: Wehe Dem, Der Boeses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Fingern eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wie haben Sie mich gefunden?«
    »Es hat eine Weile gedauert«, gab Zach zu.
    Adria beugte sich vor. »Aber Sie müssen doch wissen, wer Sie bezahlt hat?«
    Sie schüttelte den Kopf und sah Adria schuldbewusst an. »Ich habe keine Ahnung.«
    »War es ein Mann oder eine Frau?«
    »Wirklich, ich weiß es nicht.« Virginia tupfte sich erneut die Augen ab. »Ich habe mich mit niemandem getroffen und das Geld wurde bar ausgezahlt – in kleinen Scheinen.«
    Sie sah so erbarmungswürdig aus – hohlwangig, mit leerem Blick –, dass Adria ihr glaubte.
    »Jemand hat Sie gekauft.«
    »Ja.«
    »Jemand mit sehr viel Geld.«
    Sie nickte, doch Adria hatte den Eindruck, dass sie gar nicht zuhörte, sondern mit ihren Gedanken in der Vergangenheit weilte.
    »Sie werden sich der Polizei stellen müssen«, sagte Zach.
    »Ich weiß.«
    »Das wird vielleicht nicht einfach sein.«
    Sie sah mit gehetztem Blick zu ihm auf. »Es war nie einfach«, gestand sie. »Seit zwanzig Jahren fühle ich mich verfolgt, rechne immer damit, dass dieser Tag einmal kommt. Ich wusste, dass Sie wieder in Portland sind«, fügte sie hinzu und sah Adria an. »Ich habe es in den Nachrichten gehört. Und als ich Ihr Gesicht sah, Ihre Geschichte hörte, da wusste ich, dass Sie wieder bei Ihrer Familie waren.«
    »Sie hätten untertauchen können«, sagte Adria.
    Ginny stieß die Luft aus. »Wohin denn? Eigentlich habe ich ja auch gar nicht geglaubt, dass Sie mich finden würden.« Sie erhob sich schwerfällig. »Sie sehen genauso aus wie sie, wissen Sie? Es ist … nun ja, unheimlich.«
    »Ja, das hat man mir schon öfter gesagt.«
    »Warum haben Sie sich später nicht gemeldet und die Belohnung kassiert?«, fragte Zach.
    Sie starrte eine Weile lang vor sich hin. »Weil Witt Danvers mich umgebracht hätte.« Sie räusperte sich. »Geben Sie mir ein paar Minuten Zeit, damit ich meine Sachen packen kann?«, fragte sie mit einem matten Lächeln. »Dann gehe ich mit Ihnen zur Polizei.«
    »Gut«, sagte Adria.
    »Ich glaube, wir sollten sie nicht aus den Augen lassen«, mischte Zach sich ein.
    »Keine Sorge, Mr Danvers.« Ginny musterte Zachary, als versuchte sie sich vorzustellen, wie der rebellische Sohn des reichsten Mannes von Portland, der Rabauke, der seinen Vater zur Weißglut getrieben hatte, zu diesem Mann herangewachsen war. »Es ist Zeit, ein Ende zu machen.«
    Sie verließ das Zimmer und ging zu einer Tür am Fuß der Treppe.

    So weit ist es nun also gekommen, dachte Ginny und stieg langsam die Treppe hinunter. Irgendwo tief in ihrem Herzen hatte sie immer gewusst, dass der Tag der Abrechnung kommen würde, der Tag, an dem sie eingestehen musste, dass sie für das Verschwinden der kleinen London verantwortlich war. Und das Geld, von dem sie gedacht hatte, es werde für ein ganzes Leben reichen, war mit der Zeit zur Neige gegangen.
    Müde suchte sie ihr kleines Zimmer auf. Sie hatte gehofft, die reichen Leute los zu sein und nicht mehr nach deren Laune springen zu müssen, doch als ihre Mittel schwanden, musste sie in den einzigen Beruf zurückkehren, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnte. Auch das Geld, das sie von den Nashs bekommen hatte, konnte sie nicht retten. So hatte sie den Großteil ihres Lebens als Dienstbotin zugebracht. Sie betrachtete ihr kleines Zimmer mit den fröhlich bunten Vorhängen vor den winzigen Fenstern und hätte beinahe über ihre eigene Naivität gelacht. Fünfzigtausend. Sie hätte das Doppelte verlangen sollen, das Dreifache. Aber selbst das hätte womöglich nicht gereicht. Geld war ihr schon immer wie Wasser durch die Finger geronnen.
    Auf dem Boden lag ein Webteppich, ein ausrangiertes Stück von ihren Arbeitgebern. Die selbst gefertigte Bettdecke war verblichen. Wie sie selbst.
    Sie schloss die Augen, ließ sich auf die Matratze sinken und überlegte, ob sie nicht einfach ein Ende machen sollte. Sich der Polizei stellen zu müssen, der Presse, der Familie Danvers … Unvorstellbar.
    Und doch wusste sie, dass sie nicht den Mut aufbringen würde, Selbstmord zu begehen. Nicht wie Katherine Danvers … Sie konnte es noch immer nicht fassen. Witts zweite Frau war der letzte Mensch, dem Ginny einen Selbstmord zugetraut hätte. Sie war so voller Leben, so strahlend.
    Aber sie hatte ihr Kind verloren. Deinetwegen, und du weißt, wie das ist, wie trübsinnig man wird, wie depressiv.
    Tränen brannten in ihren Augen.
    Sie hörte Schritte auf der Treppe, die von oben

Weitere Kostenlose Bücher