Wehe Dem, Der Boeses Tut
sicheren Gehsteig. Adria wehrte sich, schluchzte und weinte. Sie klagte wie ein verletztes Tier, schlug wild nach ihm, gab sich ganz der Wut hin, die sie verzehrte.
Leute blieben stehen, warfen den beiden verunsicherte Blicke zu und eilten dann weiter ihrer Wege.
»Adria, bitte … Schsch. Alles wird gut. Dafür sorge ich.«
»Wie denn?«, rief sie verzweifelt. Der Regen rann über ihre Wangen. »Nichts wird je wieder gut!« Aber sein Duft, sein warmer Körper an ihrem, der weiche, nasse Stoff seiner Jacke an ihrer Wange, all das wirkte beruhigend. Schluchzend krallte sie die Finger in seine Jackenaufschläge, und er hielt sie unter der Straßenlaterne in den Armen, küsste ihren Scheitel und versprach ihr immer wieder, dass alles gut würde.
»Ich wollte das nicht«, schluchzte sie herzzerreißend. »Ich wollte dich nicht lieben.«
»Ich weiß. Still jetzt.«
»Und jetzt … Und jetzt …« Da küsste er sie und brachte sie so zum Schweigen. Sie schmeckte Tränen und Regen, und als sie ihm in die Augen sah, erkannte sie die Qual, so heftig wie ihre eigene, die Not ihrer ausweglosen Situation.
Sein dunkles Haar klebte nass am Kopf, als er endlich die Umarmung lockerte und mit brechender Stimme ihren Namen flüsterte.
Hätten sie doch nur irgendwohin flüchten, hätten sie nur der Wahrheit und der Presse und der Familie Danvers für immer entkommen können! Zach schluckte. »Komm«, sagte er heiser.
»Wohin?«
Mit angespannter Miene führte er sie zurück ins Hotel. »Wir müssen nach San Francisco. Die Sache ist noch nicht ausgestanden.«
Adrias Nerven waren zum Zerreißen gespannt, als sie sich dem Haus am Nob Hill in San Francisco näherten. Sie hatten auf dem Flughafen in Portland übernachtet und morgens die erste Maschine genommen. Zach hatte ein Auto gemietet und das Hotel gesucht, in dem sie getrennte, aber nebeneinander liegende Zimmer gebucht hatten. Wie schon einmal. Doch dieses Mal wusste Adria, dass sie ihn nie wieder würde ansehen, nie wieder die Narbe in seinem Gesicht oder die flachen Brustwarzen in dem dunklen Kräuselhaar würde berühren können.
Sie würde nie wieder mit ihm schlafen.
Gott, mit ihm allein zu sein, war schon zu viel.
Vor lauter Erschöpfung schlief sie doch irgendwie ein paar Stunden im Hotel, während Zach versuchte, Ginny Slade ausfindig zu machen. Zuerst rief er die Nummer an, die Sweeny ihm genannt hatte, und als die Frau ihm mitteilte, dass Ginny – oder Virginia – nicht mehr für sie arbeitete, erkundigte er sich nach Leuten, die Kontakt zu dieser Frau aufgenommen hatten, um Virginias Referenzen zu prüfen. Er rief jede einzelne Nummer an.
Es hatte Stunden gedauert, aber schließlich hatte er Glück und erreichte Virginias derzeitige Arbeitgeberin, eine gewisse Velma Bassett. Und jetzt stiegen sie die Vortreppe zu dem prächtigen grauen Haus im viktorianischen Stil mit weißen Stuckarbeiten hinauf. Breite Steinstufen führten auf eine langgestreckte Veranda und zu einer von schmalen Milchglasfenstern gerahmten Eichentür.
Zach drückte auf den Klingelknopf.
Drinnen ertönte ein leises, melodisches Läuten.
Adrias Magen krampfte sich zusammen.
Binnen Sekunden öffnete eine gepflegte Frau von etwa dreißig Jahren die Tür. Ihr Blick war ängstlich, ihre Finger ständig in nervöser Bewegung.
»Mrs Bassett?«, fragte Zach. »Ich bin –«
»Mr Danvers, ja, ich weiß. Und das ist vermutlich Ms Nash«, sagte sie mit freundlichem, wenn auch angespanntem Lächeln. »Treten Sie doch bitte ein. Ich habe Ihren Rat befolgt und in Portland angerufen. Man hat mir Fotos von Ihnen beiden und Artikel über diese London-Geschichte gefaxt. Ich muss mich entschuldigen«, fügte sie hinzu und führte ihre Besucher durch den Eingangsbereich, vorbei an einer tickenden Standuhr, zu einem kleinen Zimmer, das früher ein Salon gewesen war. »Wir kümmern uns kaum um mehr als die Lokalnachrichten. Mein Mann ist Bankier, er ist besser informiert als ich, aber ich wusste wirklich nichts von der Entführung. Ich war ja noch ein Kind, als es geschah, und lebte damals in New York City … Ach, was rede ich? Ich rufe Virginia und Sie können hier mit ihr sprechen. Bitte, nehmen Sie Platz. Ich bitte Martha, Ihnen etwas zu trinken zu bringen. Tee, Limonade, oder vielleicht etwas Stärkeres?«
»Nein, danke«, sagte Zach.
»Nun gut. Aber falls sich herausstellen sollte, dass sie diese Frau ist … O je, dann kann sie unsere Chloe wohl nicht mehr betreuen, wie?« Immer noch
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