Wehe Dem, Der Boeses Tut
zu kommen schienen. Die anderen warteten. Sicher wurden sie ungeduldig. Sie sollte wirklich ihre Sachen packen. Auch wenn ihr klar war, dass sie im Gefängnis landen und ihre spärliche Habe konfisziert werden würde.
Sie schniefte und eine Träne rollte über ihre Wange.
Wieder hörte sie Schritte, diesmal näher … Im Flur?
Sie versuchte sich zusammenzureißen, damit Zachary sie nicht flennend wie ein Kleinkind vorfand.
Wütend auf sich selbst fuhr sie sich mit der Hand über die Augen. Dann holte sie den Koffer aus dem obersten Schrankfach und öffnete die Schubladen der Kommode. Mit einem flauen Gefühl im Magen warf sie nachlässig Kleidungsstücke in den Koffer.
Gefängnis.
Sie schauderte bei dem Gedanken daran, wie es wohl sein würde. Erneut weinte sie leise, dann unterdrückte sie das Schluchzen und ging in das kleine Bad, um ein Papiertaschentuch zu holen. Als sie sich die Augen abtupfte, glaubte sie im Spiegel über dem Waschbecken eine Bewegung wahrzunehmen, so, als ob der Duschvorhang flatterte.
Plötzlich wurde ihr kalt, und sie stellte fest, dass das Fenster offen war.
Hatte sie selbst es offen gelassen?
Nein …
O Gott …
Durch den Tränenschleier sah sie eine dunkle Gestalt, dann wurde der Vorhang zurückgeschlagen und der Eindringling sprang aus der Badewanne.
Sie schnappte nach Luft.
Noch ehe sie schreien konnte, legte sich eine behandschuhte Hand über ihren Mund.
O Gott!
Sie blickte in Augen, die sie kannte.
Ihr Herz erstarrte zu Eis.
Ganz sicher war dies die Person, die sie gekauft hatte … und die ihr eingeschärft hatte, niemals die Wahrheit zu verraten.
Sie wehrte sich heftig, ein Adrenalinstoß verlieh ihr ungeahnte Kräfte. Sie trat und kratzte und kämpfte, aber es war vergebens. Sie wurde gegen die Wand gedrückt, spürte eine Handtuchstange an den Schultern.
Und dann sah sie das Messer.
Klein.
Tödlich.
Böse.
Es blitzte in dem spärlich beleuchteten Badezimmer.
Nein! Sie wehrte sich mit aller Kraft, doch sie war dem Angreifer nicht gewachsen, der ihr jetzt ein kleines Kissen aufs Gesicht drückte. Sie versuchte nach Luft zu schnappen, zu schreien, sich zu retten, aber es war zu spät.
Ihre Lunge brannte.
Blind vor Schmerz kämpfte sie verzweifelt … vergebens.
Ginny Slade erkannte mit grauenhafter Gewissheit, dass sie sterben würde.
»Wie soll ich dich jetzt nennen?«, fragte Zach und trat ans Fenster. »Adria? Oder London?«
»Adria«, antwortete sie. Ihr steckte ein Kloß im Hals, ihr Blick war verschleiert. »Ich hoffe, dass ich für dich immer Adria sein werde.«
Die Standuhr im Flur tickte; draußen lärmte der allgegenwärtige Verkehr träge den Hügel hinauf.
Adrias Herz wollte brechen, wenn sie Zach ansah. Er hielt die breiten Schultern gestrafft, einen Daumen hatte er in eine Gürtelschlaufe gehakt, seine Finger ruhten nahe an seinem Hosenschlitz. Ein Bartschatten zierte sein Kinn, er kniff die Augen unter den dichten schwarzen Brauen misstrauisch zusammen. Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und täuschte Interesse an der Aussicht vom Erkerfenster aus vor, bevor er einen Blick ins Treppenhaus warf.
»Scheiße, warum dauert das so lange?«
»Sie packt ihre Sachen …« Doch auch Adria behagte es nicht, wie viel Zeit schon verstrichen war.
Mrs Bassett kam die Treppe herunter und betrat das Zimmer, ein goldhaariges Kind von etwa sieben Jahren an der Hand. »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll«, sagte sie zu Zach und Adria. »O Gott, mich schaudert, wenn ich daran denke, dass ich dieser Frau meine geliebte Chloe anvertraut habe! Ich habe Harry angerufen, und er will sie anzeigen wegen Vortäuschung falscher Tatsachen oder wie immer man das nennt. Er telefoniert gerade mit unserem Anwalt. O je!« Sie gab dem Kind einen Kuss auf den Scheitel und sagte: »Geh bitte und übe auf dem Klavier, Schätzchen.«
»Will nicht«, widersprach die Kleine mürrisch, doch ihre Mutter schob sie sanft zu dem Klavier neben dem Kamin. Chloe verschränkte eigensinnig die molligen Ärmchen vor der Brust.
»Nun …« Mrs Bassett rang die Hände. Dann fiel ihr Blick auf das Körbchen mit Keksen auf dem gedeckten Teetisch. »Komm, wie wäre es mit einem Keks?« Sie schob dem Kind das Körbchen zu. »Ach du liebe Zeit, habe ich denn ganz meine Manieren vergessen? Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten? Das ist doch schließlich das Mindeste, was ich tun kann.«
»Danke«, sagte Adria, Zachary hingegen schüttelte nur den
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