Wehe Dem, Der Boeses Tut
den nächsten Stuhl und sagte beinahe im Flüsterton. »Setz dich jetzt bitte.«
»Nein, danke.«
»Setz dich und trink eine Tasse Tee mit mir«, verlangte sie und hob stolz das Kinn. Die Sirenen kamen näher. Eunice schluckte krampfhaft. Sie hatte Angst, ja, aber da lag noch etwas in ihrem Blick. Triumph?
Warum?
Adria sah die Frau an und begegnete Eunices eiskaltem Blick.
Sie wird die Sache irgendwie abwenden , wurde Adria schlagartig klar. Aber wie? Angst überfiel sie, während Zach sich offenbar von dieser Frau, die seine Mutter war, nicht einschüchtern ließ – von diesem Monster, das sie, Adria, hatte ermorden wollen. »Sie haben versucht, mich umzubringen«, sagte sie anklagend.
»Du warst im Wege.«
Adria spürte den kalten Hass. »Wem?«
»Den Rechten meiner Kinder selbstverständlich. Ihrem Anspruch auf das Vermögen ihres Vaters.«
»Also geht es letztendlich um Geld«, ging Adria zum Angriff über.
»Nur zum Teil. Es geht auch um Prestige. Geburtsrecht. Das alles geht Hand in Hand.« Eunice gab sich keine Mühe mehr, ihren Abscheu zu verbergen. »Wenn du die Dinge nicht aufgerührt hättest, wäre das alles nicht passiert. Die Kinder, meine Kinder, hätten vom Vermögen ihres Vaters bekommen, was ihnen zusteht. Aber du musstest dich ja einmischen, wie? O ja.« Sie presste die Lippen zusammen. »Ich habe viel getan, worauf ich nicht stolz bin. Sehr viel.«
»Die Entführung eingeschlossen«, drängte Zach.
Eunice zögerte.
»Du hast es getan und zugelassen, dass man mich beschuldigte!«
»Das gehörte nicht zu meinem Plan.«
»Aber es ist so gekommen, Eunice.«
»Ach, Zach.«
»Herrgott, du bist unglaublich. Du hast es getan, nicht wahr? Du hast ein Kind entführt!«
»Ein Kind? Einen Eindringling!« Eunice sprang auf. Sie schien etwas unsicher auf den Beinen zu sein.
»Und dann hast du Kat umgebracht!«
»Nein, ich …« Sie hielt sich am Küchentresen fest, als könnte sie sich nicht mehr auf den Beinen halten.
»Du hast sie immer gehasst. London.« Er beugte sich zu ihr hinüber und sah ihr aus nächster Nähe ins Gesicht. »Ich habe lange darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass Kat sich nicht umgebracht hat. Ausgeschlossen. Sie war viel zu sehr auf ihr eigenes Wohl bedacht. Ganz gleich, wie verzweifelt sie war, umgebracht hätte sie sich nie. Entweder hatte sie einen Unfall, was verdammt unwahrscheinlich ist, oder jemand hat sie von diesem Balkon gestoßen.« Seine Lippen waren blutleer, seine Augen dunkel. »Du bist der einzige Mensch, der sie genug gehasst hat, um es zu tun. Wahrscheinlich nur für deine Kinder und ihr Erbe. Und aus dem gleichen Grund hast du London entführt.«
»Nein«, widersprach Eunice matt.
»Komm schon, Mutter , ich sollte doch herkommen, um deine Beichte anzuhören. Also sprich!«
»Aber ich habe –«
Bamm! Seine Faust knallte auf den Tisch, dass der Teebecher wackelte. Adria fuhr zusammen. Draußen gellten in einiger Entfernung die Sirenen.
»O Gott«, flüsterte Eunice und wirkte nun geradezu bemitleidenswert. »Ich wollte niemandem schaden.«
»Unsinn! Du hast sie umgebracht!«
»Ja, okay, ja, ja, ja!« Eunices Augen füllten sich mit Tränen; sie blinzelte mehrmals rasch.
Adria hatte zwar damit gerechnet, war aber trotzdem sprachlos, als sie das Mordgeständnis tatsächlich hörte. »Sie haben sie vom Balkon gestoßen?«
»Ja, natürlich!« Eunice nahm ihre letzte Kraft zusammen. »So elend sie nach dem Verlust ihrer Tochter auch war, sie hätte sich dennoch nicht selbst das Leben genommen. Kat doch nicht. Gott, sie war ein widerwärtiges Geschöpf.« Sie sah Zach an. »Das erstaunt dich? Dass deine eigene Mutter zu einem Mord fähig ist?«
Ein Muskel zuckte in Zachs Wange, er wurde blass.
»Im Grunde war es ganz einfach. In ihr Zimmer zu schlüpfen, ihren Drink zu präparieren, sie auf den Balkon zu locken …« Eunices Stimme war nur noch ein kaum hörbares Flüstern. »Ich brauchte mich nur zu verstellen … die Stimme eines kleinen Mädchens nachzuahmen …« Sie machte es vor, sagte in kindlichem Ton: »Mama … Mama …« Eunices Augen wurden glasig, sie hing ihren Gedanken nach, während sie die grauenhafte Szene gegenwärtig werden ließ. »Sie war verwirrt, glaubte, ich sei London, und kam hinaus auf den Balkon, wo ich mich versteckt hatte …«
»Verdammte Mörderin«, stieß Adria hervor, am ganzen Leibe zitternd.
Eunice fand mit einem Ruck zurück in die Gegenwart. »Und ich täte es wieder. Für
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