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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Vielleicht habe ich nie eins gehabt. Aber wenn ich es hatte, so habe ich es schon vor Jahren aufgegeben. Mutter ist eine alte Frau, und egal, was sie sagt, sie braucht mich. Und sie wird nicht ewig leben. Eines Tages ...« Sie beendete den Satz nicht und schämte sich plötzlich.
    Matt schenkte sich einen weiteren Drink ein. »Zurück zum Bergwerk«, sagte er. »Glauben Sie, daß sie wirklich vorhat, es sprengen zu lassen?«
    »Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Diana. »Lassen Sie mich mit ihr sprechen, wenn wir alleine sind, ja? Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie das wirklich so machen will.«
    »Doch, das will sie«, sagte Joyce plötzlich. »Ich kann nicht sagen, warum, aber ich glaube, sie hat es wirklich vor.«
    Ihr Mann und Diana starrten sie an, doch sie zuckte bloß mit den Schultern.
    »Laßt uns nicht jetzt darüber sprechen«, sagte sie.
    Den Rest des Nachmittags vermieden sie es sorgfältig, über das Bergwerk zu sprechen.
    Christie und Jeff kletterten auf dem Heuboden und schauten über die Ranch. In der schimmernden Hitze des Nachmittages sah es so aus, als befände sich mitten im Tal ein See. Doch die beiden Kinder wußten, daß es eine Täuschung war. Unter sich konnten sie die drei Erwachsenen miteinander reden sehen, aber sie waren zu weit entfernt, um zu hören, worüber gesprochen wurde. Zu ihrer Rechten konnte sie soeben noch den Schlackenhügel sehen, der unter dem Bergwerk abfiel. Sie schaute einen Augenblick dorthin und überlegte, ob sie Jeff erzählen sollte, daß sie mit Jay-Jay in jener Nacht dort gewesen war. Als sie sich dann daran erinnerte, daß sie Miß Edna versprechen mußte, niemals darüber zu reden, änderte sie ihre Meinung.
    »Sind alle Kinder böse auf mich?« fragte sie.
    »Nee. Warum sollten sie böse auf dich sein? Alles, was du getan hast, war, daß du genauso feige warst wie wir anderen. Und außerdem hat die blöde Jay-Jay sowieso keiner gemocht. Die hat immer nur versucht, uns Schwierigkeiten einzubrocken.«
    »Aber sie hat nie versucht, mich in Schwierigkeiten zu bringen.«
    Jeff schnitt ihr eine Grimasse. »Das denkst du. Nur, daß sie jedem erzählt hat, du hättest Kim Sandler getötet.«
    Christie starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. »Wann hat sie das gesagt?«
    »An dem Tag, an dem Kim ertrank, als wir drüben bei den Sandlers waren. Alle hatten gesagt, Juan hätt's getan, aber Jay-Jay sagte, du seist es gewesen.«
    Christie zog verärgert ihre Augenbrauen zusammen. »Aber ihr hat doch niemand geglaubt, oder?«
    »Natürlich nicht. Ich hab' dir doch gesagt, daß jeder weiß, daß sie eine Lügnerin war. Meine Mami hat allen gesagt, daß es Jay-Jay gewesen sei, die das mit dem Bergwerk verpetzt hat. Sie wußte, Jay-Jay würde sagen, sie hätt's nicht, aber niemand hätte ihr geglaubt.«
    »Wem hat deine Mami das erzählt?«
    »Allen. Hat sie Miß Diana nicht angerufen?«
    Christie schüttelte ihren Kopf. »Tante Diana war nicht daheim. Aber wenn sie Miß Edna angerufen hätte, hätte die mir doch bestimmt gesagt, ich solle nicht gehen oder so was.«
    »Hat sie das nicht?« fragte Jeff. »Die Mütter von allen anderen haben das gemacht.«
    Langsam begann eine Idee in Christies Verstand Gestalt anzunehmen. »Vielleicht wollte ja Miß Edna, daß ich gehe«, sagte sie.
    Jeff blickte sie finster an. »Warum sollte sie wollen, daß du dort hoch gehst?«
    Der Gedanke in Christies Kopf verdichtete sich. Sie hatte fast Angst, Jeff davon zu erzählen, aber sie konnte sich nicht zurückhalten.
    »Vielleicht wollte sie, daß mir etwas passiert«, sagte sie langsam.
    Jetzt wurde Jeff nachdenklich. »Meine Mami sagt, daß Miß Edna Miß Diana ganz für sich alleine haben will.«
    Jetzt sponnen beide die Idee weiter aus. »Vielleicht wollte sie mich los werden«, sagte Christie. »Vielleicht wollte sie, daß ich sterbe.«
    Jeff starrte sie an und fürchtete sich plötzlich.
    Er schaute nach unten, und sah, daß Miß Edna aus dem Haus kam. Während sie den Hof überquerte, blickte sie nach oben, und als sie die beiden Kinder sah, deutete sie mit dem Stock auf sie.
    »Diana«, hörten sie sie mit ihrer krächzenden Stimme sagen, »sorg dafür, daß die Kinder da runterkommen. Eines Tages werden sie auch tot enden, und es wird nicht meine Schuld sein.«
    Christie und Jeff schauten sich an, und ihre neunjährigen Herzen begannen heftig zu pochen.

20
    am tag nach der beerdigung saß Dan Gurley in seinem Büro, hatte die Füße auf seinen Schreibtisch gelegt und dachte nach.

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