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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Kinderstube.
    Christie lag in der Wiege, und ihre Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen, als sie in Dianas gequältes Gesicht schaute.
    »Baby«, babbelte Diana. »O Baby, hat sie versucht, dir weh zu tun? Ich werde nicht zulassen, daß sie dir weh tut, Baby. Nicht wieder. Niemals wieder.«
    Ein Schrei ballte sich in Christies Kehle. Es passierte wieder! Gerade jetzt, als sie sich sicher zu fühlen begann, passierte es wieder. Von Furcht gelähmt, ließ sie sich von Diana aufnehmen und nach unten tragen. Was immer auch geschehen mochte, sie durfte nicht weinen.
    Diana legte Christie auf ihr Bett und beugte sich über sie. Sie schubste und stieß das kleine Mädchen herum, während sie nach den Quetschungen suchte, die bestimmt da sein mußten. Schließlich zufrieden, daß sie Christie noch rechtzeitig erreicht hatte, ging sie den Korridor hinunter zum Zimmer ihrer Mutter.
    Sie riß mit wutverzerrtem Gesicht die Tür auf und begann zu schreien. »Ich werde nicht zulassen, daß du das tust! Ich werde nicht zulassen, daß du auch sie tötest! Hörst du mich? Ich werde das nicht zulassen!«
    Sie knallte Ednas Tür zu und kehrte in ihr Zimmer zurück. Sie schloß sich und ihr Baby ein.
    Edna Amber starrte in ihrem Zimmer noch lange Zeit, nachdem Diana gegangen war, auf die Tür.
    Und dann, zum ersten Mal seit Dianas Geburt, begann sie zu weinen.
    Alles würde wieder geschehen, und sie konnte nichts tun, um das zu verhindern.

22
     
    für christie lyons waren die nächsten vier Tage die seltsamsten ihres Lebens.
    Am Tag nach dem Picknick holte sie Diana aus der Kinderstube und brachte das Bett auf die erste Etage, wo es in einer Ecke von Dianas Zimmer aufgestellt wurde.
    Edna sah ihnen zu, als sie das Bett herunterbrachten und versuchte, dagegen Einspruch zu erheben, aber Diana weigerte sich, ihr zuzuhören. Während Christie zuschaute, hob Edna schließlich ihren Stock und holte gegen ihre Tochter aus. Doch statt sich vor ihrer wütenden Mutter zu ducken, griff Diana zu, erfaßte den Stock und zerrte ihn aus Ednas Griff.
    »Tu das nicht wieder, Mutter«, sagte sie. »Wenn du jemals wieder versuchst, mich zu schlagen, bringe ich dich um. Hast du mich verstanden?«
    »Diana ...«, flüsterte Edna. In ihrer Stimme schwang jetzt der gleiche Klang von Furcht mit, den Dianas Stimme ihr Leben lang gehabt hatte.
    »Hast du mich verstanden?« fragte Diana wieder, die ihren Sieg genoß. Edna starrte sie wütend an, aber Diana war mitleidlos. »Ich weiß, was geschehen ist, Mutter«, sagte sie. »Ich erinnere mich. Ich erinnere mich, was mit meinem Baby geschehen ist, Mutter, und ich schwöre dir, Mutter, wenn du versuchst, irgend etwas mir oder meinem kleinen Mädchen anzutun, dann bringe ich dich um.« Diana wiederholte noch einmal die Worte, mit denen Edna sie so viele Jahre lang gequält hatte. »Hast du mich verstanden?« Edna, deren Augen plötzlich stumpf waren, nickte nur.
    Danach war Diana jede Minute des Tages mit Christie zusammen. Zuerst war Christie vorsichtig, hatte ständig Angst davor, daß wieder dieser seltsame Ausdruck in Dianas Augen treten würde und daß sie wieder diese Schläge bekommen würde, die Teil ihres Lebens geworden waren.
    Am zweiten Tag gab ihr Diana eine Klavierstunde. Stundenlang saßen die beiden an dem alten Bosendorfer, und während Christie Tonleitern spielte, zählte Diana mit hypnotisch summender Stimme den Takt. Dann begann sie zu reden, aber Christie war sich nicht sicher, worüber sie sprach.
    »Mama ... bitte, Mama, bring mich nicht zum ... Ich will nicht, Mama ... bitte ... bitte ... bitte ...«
    Das Wort selbst wurde zu einer Kadenz und Christie spielte weiter, keine Melodie, sondern immer nur einen Ton, wobei jede Note durch den Klang von Dianas flehender Stimme betont wurde.
    »Bitte ... bitte ... bitte ... bitte ...«
    Es endete erst, als Miß Edna hereinkam und verlangte, daß sie aufhörten.
    Und sie hörten auf. Diana starrte ihre Mutter so lange an, daß es Christie geradezu wie eine Ewigkeit vorkam, nahm Christie dann schließlich bei der Hand und geleitete sie aus dem Zimmer.
    Von da an streiften sie jeden Tag zu Pferd über die Ranch. Die meiste Zeit sprach Diana nicht mit Christie, sondern schaute sie einfach an und warf ihr ein abwesendes Lächeln zu, das Christie irgendwie erschreckend fand.
    Und nachts begann das Entsetzen.
    Sie gingen aufs Zimmer in der ersten Etage, Diana in ihr Bett und Christie in ihr großes Bett, und Christie schlief bald ein.
    Doch bald

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