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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Einige Augenblicke später hatte sie die anderen eingeholt.
    »Ist Kim böse auf uns?« fragte Susan.
    Christie zuckte die Schultern. »Ich glaube ja.«
    »Kim ist schon komisch. Alles ist schön, und dann wird sie ganz plötzlich auf irgendwas böse. Dann lassen wir sie eben allein - sie wird schon ihre Meinung ändern und uns nachkommen.«
    »Aber sollen wir sie denn wirklich ganz allein hier lassen?« Christie hatte den Eindruck, daß man am Steinbruch viel Spaß hatte, wenn andere Kinder dabei waren, aber allein dort zu sein, das würde ihr nicht gefallen. Die anderen aber schienen nicht beunruhigt zu sein.
    »Kim ist gern für sich allein«, sagte Jay-Jay. »Kommt jetzt. Ich will zu Hause sein, bevor's zu schlimm wird.« Plötzlich hatten sie die dichte Vegetation der Hügel hinter sich, und die Hitze und die Wucht des Windes umfingen sie.
    »Halt!« Susan zog ein Kopftuch aus ihrer Tasche und knotete es um ihr Gesicht. »He!« schrie sie. »Ich bin ein Bandit. Hände hoch!« Die Kinder begannen fröhlich zu spielen und vergaßen Kim Sandler schnell.
     
    Diana spürte den heißen Wind im Gesicht, während sie ihr Pferd über den Pfad trieb, der in die Hügel zum Steinbruch hochführte. Staub umfing sie, der von der Talsohle aufgewirbelt wurde, drang in ihre Augen und Nase und drohte sie zu ersticken. Sie wünschte sich, sie hätte ein Tuch mitgenommen, aber sie dachte nicht dar an, deshalb zurückzureiten; sie war von Sorge um Christie erfüllt.
    Während sie in die Hügel hochritt, begann sie die Stimme zu hören.
    Ein Baby weinte.
    Wie ein Echo aus der Vergangenheit rief es nach ihr, brauchte es sie, wollte sie.
    Es weinte nach ihr.
    Ein Durcheinander von Gefühlen wirbelte durch Dianas Kopf. Ein Teil von ihr wollte zu dem Baby, um es zu trösten.
    Doch ein anderer Teil von ihr, ein Teil, den sie nicht kontrollieren konnte, wollte es zur Ruhe bringen, so, wie ihr eigenes Weinen unterdrückt worden war, als sie noch ein Kind war.
    Kindischer Ärger durchströmte sie, und sie war wieder in diesen längst vergangenen Zeiten, in denen ihre Mutter sie zum Weinen gebracht hatte und sie dann zwang, damit aufzuhören. Ihre Augen funkelten wild, als sie durch den heulenden Wind ritt.
    Die Stimme wurde lauter, und sie spürte, daß sie ihr näher kam.
    Wenn sie sie finden und zum Schweigen bringen konnte, dann konnte sie sich vielleicht von der Vergangenheit befreien.
    Das Pferd nahm seinen Weg über das lose Gestein, das auf dem Pfad verstreut lag. Sich stetig voranbewegend, stieg es die Flanke des Hügels hoch und blieb dann stehen, als es die Kuppe erreicht hatte.
    Diana blickte von dort aus auf den Steinbruch hinab.
    Er wirkte verlassen.
    Doch in ihren Ohren wurde das Weinen des Babys lauter und stärker. Es quälte sie, rief nach ihr. Warum konnte sie es nicht finden? Wo war es? Vor ihr? Hinter ihr? In ihr? Sie war sich nicht sicher.
    Aber das Geräusch brachte sie zum Wahnsinn.
    Irgendwie mußte sie das Baby finden, denn die Tür ihres Unterbewußtseins war jetzt weit offen und die Erinnerung war ganz klar. »Weinende Babys müssen bestraft werden.«
    Sie war sich der Welt um sie nicht mehr bewußt, folgte nur den treibenden Kräften in ihrem Kopf und gab sich ganz dem Wind hin ...
     
    Juan Rodriguez kauerte sich in den Eingang zum Bergwerk und beobachtete, wie die drei Mädchen vorbeigingen. Der Richtung nach zu urteilen, die sie gekommen waren, mußten sie an seinem Teich gewesen sein. Aber jetzt waren sie fort, und er konnte das Wasser ganz allein genießen. Das würde heute besonders gut tun - die Hitze wurde größer und der Wind blies Staub in seine Augen.
    Sobald die kleinen Mädchen außer Sicht waren, machte sich Juan auf den langen Weg zum Teich. Er beeilte sich nicht - Juan liebte es, die Dinge aufmerksam zu betrachten, wenn er spazierenging, und er blieb mehrere Male stehen, um sich die wilden Blumen genauer anzusehen oder die Schmetterlinge zu beobachten, die um seinen Kopf flatterten.
    Er bog vom Pfad ab, als er sich dem Steinbruch näherte und begann, den Hügel zu erklimmen, um einer seiner Lieblingsbeschäftigungen nachzugehen: Er würde auf den Rand des steilen Felsufers kriechen und von dort auf den Teich hinunterspähen, um zu sehen, ob etwas darin war. Zuweilen konnte er eine oder zwei Schildkröten sehen, und einmal war sogar ein größeres Tier in dem Teich gewesen.
    Und vergangene Woche diese Kinder.
    Er ließ sich auf alle viere sinken und kroch durch die Espen, die den Rücken des

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