Wehrlos vor Verlangen
„fantastischem Sex“ gegeben. Falls er beabsichtigt hatte, seine Frau eifersüchtig zu machen, so war ihm das zweifellos gelungen. Beverly Casson hatte sich bitterlich über das „Party-Girl“ beklagt, das ihr den Mann gestohlen hatte. Seitdem war Tahlias Ruf dahin. „Das ist wohl die Schattenseite daran, dass ich durch die Werbung für Reynolds Gems im Rampenlicht stehe.“
Nach ihrem Universitätsabschluss hatte ihr Vater sie zu seiner Partnerin in der Firma gemacht und ihr die PR übertragen. Die Wirtschaftskrise hatte Reynolds Gems schwer getroffen, und Tahlia hatte eher unwillig einer Werbekampagne zugestimmt. Darum erschienen ihre Fotos in Hochglanzmagazinen, und sie besuchte etliche gesellschaftliche Veranstaltungen, um die wertvollen Reynolds-Juwelen in der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Bevor sie heute Abend zu der Vernissage aufgebrochen war, hatte sie erfahren müssen, dass alles umsonst gewesen war. Ihr Vater hatte ihr mit ernster Miene mitgeteilt, dass Reynolds Gems vor dem Bankrott stand. Die einzige Hoffnung bestand in der Übernahme durch Vantage Investments, mit dessen Vorsitzendem ihr Vater sich nächste Woche treffen würde.
Anschließend hatte sie gar nicht mehr ausgehen wollen. Aber Rufus Hartman, dessen Werke heute vorgestellt wurden, war ein enger Freund aus ihrer Studienzeit, und sie wollte seine erste Ausstellung nicht verpassen. Während sie jetzt an Crispins Seite durch die Galerie ging, fühlte sie die abschätzenden und neugierigen Blicke der anderen Gäste.
„Niemand glaubt doch wirklich, was die Regenbogenpresse berichtet“, versicherte Crispin ihr leichthin.
Sie wünschte, sie besäße seine Zuversicht, denn im Moment hätte sie sich viel lieber in eine stille Ecke verkrochen. Wie lächerlich! Sie hatte nichts getan, wofür sie sich schämen müsste. Ihre Hand wanderte zu dem Collier. Außerdem war sie nicht nur wegen Rufus hier, sie hatte auch eine Aufgabe zu erfüllen.
Crispin hatte einen reichen arabischen Scheich erwähnt, der heute Abend unter seinen Gästen sein würde. Angeblich sollte Scheich Mussada seine Frau mit großzügigen Geschenken überhäufen. Wenn das Saphircollier ihn beeindruckte, bekam Reynolds Gems vielleicht einen zahlungskräftigen neuen Kunden, mit dem sich die Geschäftsübernahme verhindern ließe.
Tahlia war so in ihre Überlegungen vertieft, dass sie gar nicht bemerkte, wie Crispin sie in den zweiten Ausstellungsraum führte und bei einem Mann stehen blieb, der eines der Gemälde studierte.
„Thanos, ich hoffe, Ihnen gefällt die Ausstellung. Darf ich Ihnen eine weitere Kunstliebhaberin vorstellen – Tahlia Reynolds. Ihre Firma Reynolds Gems hat Rufus seit Beginn seiner Karriere unterstützt. Sie ist sozusagen Expertin für seine Werke.“
Schockiert starrte Thanos auf die Frau an Crispin Blythes Seite. Sie beherrschte schon so lange seine Gedanken, dass er seine gesamte berüchtigte Willenskraft brauchte, um eine höfliche Miene beizubehalten. Innerlich plagten ihn jedoch Mordgedanken.
Vor drei Tagen war er in London angekommen und bei einer Dinnerparty von Freunden Crispin Blythe vorgestellt worden. Dieser hatte ihn prompt zur Vernissage eingeladen. Zwar interessierte er sich nicht sehr für Kunst, aber ein solcher Anlass war immer günstig, um Kontakte zu knüpfen. Ja, man weiß nie, wen man trifft, dachte er bissig und ließ den Blick über Tahlia Reynolds’ schlanke Gestalt wandern.
Er hatte sie sofort erkannt. Kein Wunder, ihr Gesicht prangte einem doch von allen Titelseiten entgegen. Nur wurden die Fotos ihrer strahlenden Schönheit nicht gerecht, selbst die in den anspruchsvollen Hochglanzmagazinen nicht. Sie sah wirklich toll aus, wie er wütend zugeben musste. Brennender Hass durchströmte ihn, noch verstärkt durch das andere Gefühl, das sich ihm beimengte – körperliche Faszination.
„Miss Reynolds“, begrüßte er sie und reichte ihr die Hand. Schließlich konnte er seinem eigentlichen Drang, nämlich die Hände um ihren Hals zu legen und zuzudrücken, unmöglich nachgeben. Ihm fiel auf, dass sie kurz zögerte, bevor sie ihre schlanken Finger in seine Hand legte. Es würde ihn keine Anstrengung kosten, diese feinen Finger zu zerdrücken. Ihre Augen ruhten auf seinem Gesicht, als er ihre Hand tatsächlich fester als nötig umfasste, aber er erwiderte ihren Blick ungerührt.
Der kurze Druck war nichts im Vergleich zu den Schmerzen, die seine Schwester jeden Tag litt. Melina hatte sechs lange Monate im Krankenhaus
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