Wehrlos vor Verlangen
Am Empfang wies man ihr den Weg zu den Aufzügen. Auf der Fahrt in den siebten Stock musterte Tahlia ihre Erscheinung in den Spiegelwänden der Kabine. Hastig trug sie noch einmal Lipgloss auf und bemerkte bestürzt, dass ihre Hand zitterte.
„Miss Reynolds? Ich bin Steven Holt“, begrüßte ein blonder Mann sie, als sie in der Etage aus dem Aufzug stieg.
„Es freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Holt.“ Ihr Lächeln bebte leicht, als sie ihn begrüßte. Sie hatte eine Sekretärin oder einen Juniormanager am Aufzug erwartet, nicht den Vorsitzenden persönlich.
Er erwiderte nichts und führte sie stumm den Korridor entlang. Tahlias Nervosität wuchs, als er sie in ein Büro eintreten ließ und dann leise den Raum verließ. Verwirrt starrte sie auf die holzvertäfelte Tür, die sich hinter Steven Holt schloss. Sollte sie jetzt hier warten, dass er zurückkam? Sie drehte sich um, und ihr blieb das Herz stehen, als sie den Mann hinter dem Schreibtisch erblickte.
„Mr. Savakis?“ Fassungslos starrte sie ihn an. In dem maßgeschneiderten dunklen Anzug, mit blütenweißem Hemd und dunkler Seidenkrawatte sah er noch umwerfender aus als der Mann, der sie seit der Vernissage in ihren Träumen begleitete. Ein souveräner, weltgewandter, milliardenschwerer Geschäftsmann. Aber welche Geschäfte machte er mit Vantage Investments? Was hatte er mit ihr zu tun?
Thanos sah ihr ungerührt entgegen, die Augen kalt und – das Wort drängte sich Tahlia auf – gnadenlos. Ohne ihr unsicheres Lächeln zu erwidern, bedeutete er ihr mit einem knappen Nicken, sich zu setzen.
Sein Schweigen verunsicherte sie noch mehr. „Ich verstehe nicht ganz. Ich bin hier für eine Unterredung mit Mr. Holt.“
„Steven Holt ist Direktor von Vantage Investments, und unter normalen Umständen hätte Ihr Gespräch tatsächlich mit ihm stattgefunden“, teilte er ihr sachlich mit. „Aber die Umstände sind nicht normal, Tahlia.“ Für einen Sekundenbruchteil flammte brennender Zorn in seinen Augen auf, bevor er die Lider senkte und den Ausdruck verbarg. „Vantage ist eine Tochterfirma von Savakis Enterprises.“
Sein Blick hatte sie nicht nur erschüttert, er verwunderte sie auch. „Dann … dann wissen Sie, warum ich hier bin.“
„Allerdings. Ich weiß genau, weshalb Sie gekommen sind, Tahlia.“ Verächtlich musterte er ihre elegante Erscheinung. Kein Wunder, dass Reynolds Gems in Schwierigkeiten war, wenn sie ein Gehalt bezog, das ihr diesen kostspieligen Lebensstil mit Designerkleider und Juwelen ermöglichte. „Sie wollen mich dazu überreden, Ihren Betrieb aufzukaufen und vor dem Bankrott zu retten. Den Betrieb, dessen dynamisches Managementteam und Expansionschancen Sie neulich noch in den höchsten Tönen lobten.“
Das Blut schoss ihr in die Wangen, als sie sich an das Gespräch mit ihm in der Galerie erinnerte. Jetzt war klar, dass er nie die Absicht gehabt hatte, ihren Vorschlag in Betracht zu ziehen. Aus irgendeinem Grund hatte er sie bewusst getäuscht, und diese Erkenntnis ließ sie aufbegehren. „Warum haben Sie mir nichts von Ihrer Verbindung mit Vantage Investments gesagt?“, wollte sie ärgerlich wissen. „Stattdessen haben Sie so getan, es gäbe es eine Chance, den Schmuck von Reynolds in Ihren Hotels zu verkaufen. Hat es Ihnen Spaß gemacht, mich zum Narren zu halten?“
„Ich muss gestehen, die Situation hat mich tatsächlich amüsiert.“
Der Ausdruck in seinen Augen ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. „Aber warum? Was habe ich Ihnen getan, dass …“ Sie brach ab, als er ihr ein Foto über den Schreibtisch zuschob, und ihr Herz setzte aus.
„Ich nehme an, Sie haben meine Schwester getroffen?“, fragte Thanos gefährlich leise.
„Ich …“ Tahlia konnte keinen klaren Gedanken fassen.
„Vermutlich war es kein langes Treffen. Es wäre schließlich sehr unangenehm gewesen, angesichts der Tatsache, dass Sie gerade mit Melinas Mann geschlafen haben. Meine Schwester sieht heute nicht mehr so aus wie auf diesem Foto. Und es ist auch unwahrscheinlich, dass sie je wieder so tanzen wird wie auf dem Foto.“ Jede Silbe, die er sagte, klang hasserfüllt und gefährlich zugleich. „Was zutiefst bedauernswert ist. Denn sie hat wirklich sehr gern getanzt.“
Immer noch brachte Tahlia kein Wort über die Lippen, sondern starrte stumm auf die schöne junge Frau auf dem Foto. Es bestand kein Zweifel, das war James’ Frau.
„Melina war so aufgewühlt, als sie Sie und James zusammen in dem Hotelzimmer
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