Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)
von einer edlen Jungfrau, die Eufemia hieß. Diese hatte in den Jahren ihrer Kindheit dem Herrn gelobt, als reine Jungfrau leben zu wollen, und sie hielt ihr Gelübde, indem sie vor Gott und den Menschen ein makelloses Dasein führte. Ihr Vater aber war ein ganz weltlich gesinnter Mann. Als dieser sah, daß sie eine schöne Jungfrau geworden war, verlobte er sie ganz gegen ihren Willen mit einem Grafen.
Die Jungfrau aber eilte voll des heiligen Geistes in eine Kapelle und warf sich auf die Erde nieder und flehte zur Königin der Barmherzigkeit, daß sie ihr das Gelübde der Keuschheit wahren helfe. Und da sie sich überlegte, daß sie um ihrer Schönheit willen die jungfräuliche Reinheit verlieren sollte, ergriff sie ein Messer, und mit den Worten: »Du nichtige Schönheit, von nun an sollst du für mich keine Gefahr und Gelegenheit zur Sünde mehr sein!« schnitt sie sich die Nase und die Lippen ab. Als das ihr hartherziger Vater hörte, rief er einen rohen Bauern und übergab ihm seine Tochter, damit er sie in seinem Bauernhofe als Magd arbeiten lasse. Und er drohte ihm sogar mit seinem Zorne, wenn er sie bei der Arbeit schone.
Der Bauer aber kannte kein Mitleid und quälte die edle Jungfrau mit maßlosen Arbeiten und Anstrengungen. Sie jedoch ertrug alles und dankte Gott für die Gnade, daß sie in einem solchen Leben ein wenig für ihren Herrn und Gott erdulden dürfe. So vergingen sieben Jahre, und der Weihnachtsabend kam heran. Als sich die Bauernfamilie am Abend, als die Sterne schienen, zu Tisch setzte, um, wie es bei manchen Leuten Sitte ist, ihr Mahl einzunehmen, da eilte Eufemia in den Stall, um zu ihrem Gotte zu beten. Doch der Bauer bemerkte ihren Weggang und nahm in seinem bösen Sinne, wie er es auch sonst tat, einen Stock und ging sie suchen. Aber als er in den Stall blickte, in dem er sie schon manches Mal, wenn er sie dort beim Gebete antraf, gezüchtigt hatte, da sah er Eufemia betend und den ganzen Stall hell erleuchtet von überirdischem Licht. Er glaubte, ein Feuer sei ausgebrochen, und eilte näher hinzu. Doch da sah er, wie die selige Jungfrau und eine Schar von Engeln und Jungfrauen um Eufemia herumstanden, und er hörte, wie Maria die Betende mit den Worten tröstete: »Sei beharrlich, Tochter Gottes. Für diesen Dienst wird dir das Himmelreich zum Lohn.« Der Bauer rief alsbald seine ganze Familie mit lauter Stimme, sie sollten herbeikommen und Eufemia ansehen, sie habe ihre Nase und ihre Lippen wiedererhalten, und ihr Antlitz sei genauso wie früher.
Und alle, die sie sahen, lobten Gott wegen der wunderbaren Schönheit, die er ihr verliehen hatte. Auch ihr Vater vernahm davon. Und er kam und bat sie um Verzeihung und ließ an der Stelle des Stalles ein Jungfrauenkloster erbauen, in dem die heilige Eufemia Gott diente. Nach kurzer Zeit aber starb sie und ging zum Herrn ein.
Christkind im Walde
(Ernst von Wildenbruch)
Christkind kam in den Winterwald,
der Schnee war weiß, der Schnee war kalt.
Doch als das heil’ge Kind erschien,
fing’s an, im Winterwald zu blühn.
Christkindlein trat zum Apfelbaum,
erweckt ihn aus dem Wintertraum.
»Schenk Äpfel süß, schenk Äpfel zart,
schenk Äpfel mir von aller Art!«
Der Apfelbaum, er rüttelt sich,
der Apfelbaum, er schüttelt sich.
Da regnet’s Äpfel ringsumher;
Christkindlein’s Taschen wurden schwer.
Die süßen Früchte alle nahm’s,
und so zu den Menschen kam’s.
Nun, holde Mäulchen, kommt, verzehrt,
was euch Christkindlein hat beschert!
Das Ulta-Mädchen
(Märchen aus Lappland)
E s waren einmal zwei Burschen, die um dieselbe Frau freiten. Als das Frühjahr kam, zogen die beiden und die Frau in Gemeinschaft mit anderen Leuten nach einer weit im Meere draußen gelegenen Insel, um Fische zu fangen. Auf der Insel waren auch Fischerhütten erbaut, da dieser Ort von alters her als ausgezeichneter Fischplatz bekannt war und die Leute in der Regel bis zum Herbste dort blieben.
Das Mädchen und die beiden Burschen bewohnten dieselbe Hütte und fischten in demselben Boote. Allmählich begann jedoch der eine der Männer zu bemerken, daß die Frau ihm weniger Aufmerksamkeit schenke als seinem Kameraden. Hierüber ärgerte er sich und sann darüber nach, auf welche Weise er wohl seinen Nebenbuhler am besten aus dem Wege räumen könnte.
Als die Fischer wieder die Heimreise antraten, richtete er es so ein, daß er, das Mädchen und sein Kamerad, die letzten waren, welche den Fischplatz verließen. Als nun auch sie alle ihre Sachen in
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