Weihnachtsengel gibt es doch
zum Dinner einzuladen? Natürlich wollte er nicht mit ihr essen gehen. Er war Eddie Haven, um Himmels willen. Er ging nicht mit Leuten wie Maureen Davenport aus. Was sie auch gar nicht wollte, selbst wenn er fragen würde. Er war gemein und absichtlich provokativ und so weit davon entfernt, ihr Typ zu sein, dass es zum Lachen war. Die nächsten Wochen würden unerträglich werden.
Irgendwie schaffte sie es, ein schwaches Lächeln beizubehalten, als er förmlich zur Tür rannte. Sie sah vor sich, wie er nach Hause fuhr, sich schnell frisch machte, vermutlich für ein Date mit einer Frau, die eine Bibliothek nicht von einer Bolognesesoße unterscheiden konnte, aber dafür wusste, wie man die Pausen in einer Unterhaltung und die Form eines Pullovers ansprechend füllte. Maureen stellte sich die beiden beim Essen vor, wie sie einander in einem von Kerzenlicht erhellten Restaurant in die Augen schauten, „Cheers“ flüsterten und leise mit den Weingläsern anstießen.
3. KAPITEL
H allo. Mein Name ist Eddie, und ich bin Alkoholiker.“
„Hey, Eddie“, grüßte die Gruppe unisono zurück. Die Stimmen klangen warm und ruhig in dem kleinen Raum im Untergeschoss der Kirche. Natürlich wussten alle, wer er war. Doch die Begrüßung war Teil des Rituals, und die stete Wiederholung bot den Teilnehmern einen gewissen Trost. Immer wenn er in Avalon war, kam er zu den Treffen, und alle kannten ihn. Jeder in der Gruppe kannte die anderen, weil sie alle regelmäßig hierherkamen. Einige von ihnen sogar schon seit Jahren. Manchmal waren ein paar neue Gesichter dabei, doch der Kern der Gruppe blieb relativ stabil. Er erkannte einen rothaarigen Collegestudenten namens Logan, einen Highschoollehrer namens Tony und einen älteren Mann, Terry D, der Eddie in den schlimmsten Jahren viel geholfen hatte.
Als Maureen Davenport gefragt hatte, ob Eddie ein Kirchgänger wäre, hatte er die Frage bejaht. Und das war keine Lüge gewesen. Dieses Gebäude war eine Kirche. Natürlich wusste er, dass sie es nicht so gemeint hatte. Er war nicht einer göttlichen Inspiration folgend in die Kirche gegangen. Nachdem Eddie richtig Scheiße gebaut hatte, hatte ein Richter ihn dazu verdonnert, das 12-Punkte-Programm mitzumachen. Er hatte nicht erwartet, dass es ihm gefallen würde. Ebenso wenig, wie er erwartet hatte, in einer Gruppe Fremder die tiefsten Erkenntnisse über sich zu gewinnen. Aber irgendetwas war passiert. Er hatte seine Erlösung nicht auf die Art gefunden wie die meisten Menschen. Sondern er fand sie in der Gemeinschaft von seinesgleichen, die jeden Tag ihr Gelübde erneuerten, trocken zu bleiben.
Im Nachhinein betrachtet, war die Nacht, in der er unter Alkoholeinfluss gefahren war, ein Segen gewesen. Für Eddiehatte ein ganz neues Leben angefangen. Eine neue Art, Weihnachten zu verbringen. Er ertrug die Feiertage immer noch nicht, aber zumindest überstand er sie jetzt mit klarem Kopf, anstatt in einen Nebel aus Alkohol gehüllt.
Er hatte seine Reise – völlig gegen seinen Willen – an einem verschneiten Weihnachtsabend angetreten. Er war nicht länger der verlorene, verzweifelte Mann mit einem Komplex beladen und dem Arm in der Schlinge. Doch egal, wo er war, in seiner Wohnung in der Stadt oder hier in Avalon, er ging immer noch regelmäßig zu den Treffen. Wegen der Unterstützung. Wegen der Freundschaft. Wegen der Chance, anderen zu helfen. Und manchmal, wie heute, kam er, um über Dinge nachzudenken, die ihm zu schaffen machten.
Wie Maureen Davenport. Er ahnte, dass die Zusammenarbeit mit ihr kein Honigschlecken würde. Sie hatte dieses etepetete Verhalten einer typischen Bibliothekarin, was ihn nur dazu reizte, sie aufzuziehen, ihre Haare zu lösen, ihr die Brille abzunehmen und zu sagen: „Wow, Ms Davenport, Sie sind wunderschön.“
So würde es zumindest im Film funktionieren. Er bezweifelte jedoch, dass Maureen ihre Rolle spielen würde. Sie würde vermutlich nur mit ihrem Stift auf ihr Klemmbrett klopfen und drauf bestehen, mit der Arbeit fortzufahren. Die nächsten Wochen versprachen, eine reine Krippenspielhölle zu wer den.
Mrs Bickham fehlte ihm jetzt schon. Mit ihrer gelassenen Art hatte sie das Ableisten seiner Sozialstunden erträglich gemacht. Er hatte kaum einen Finger für das Krippenspiel rühren müssen. Diese Maureen hingegen war sicher nicht so leicht einzuwickeln. Sie würde ihn vielleicht sogar wirklich arbeiten lassen. Eddie machte es nichts aus, zu arbeiten, aber es war ihm noch nie
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