Weihnachtsengel gibt es doch
Unterstützung ihrer Familie. Charlie alleine war schon so ein Segen. Auch wenn sie niemandenhatte, mit dem sie ihn vergleichen konnte, fand sie, dass er ein pflegeleichtes Kind war. Was in ihren Augen bedeutete, dass er gut aß, viel schlief und selten krank wurde.
Charlie war immer ein guter Esser gewesen, und normalerweise machte er auch kein Theater, wenn es ans Schlafen ging. Allerdings schlief er nachts sehr unruhig, außer Daisy holte ihn zu sich und er konnte sich wie ein kleiner, warmer Welpe an sie kuscheln. Natürlich gingen die Meinungen hierüber auseinander. Die einen behaupteten, dass ein Baby niemals im Bett seiner Mutter schlafen sollte, weil es sich sonst nie abnabeln würde. Andere behaupteten genau das Gegenteil – es sei von der Natur so vorgesehen, dass ein Baby bei seiner Mutter schlafe. Die Sicherheit, die es durch ihre Nähe erführe, würde ihm helfen, ein ausgeglichener Mensch zu werden. Daisy neigte mal zu der, mal zu der Meinung, das hing ganz von ihrer Stimmung ab.
Im Moment baute Charlie irgendetwas mit Schaumstoffklötzchen. Als es an der Tür klopfte, verzog sich sein kleines Gesicht zu einem strahlenden Lächeln.
„Dadyyyy!“ Er ließ seine Klötzchen links liegen und rannte zur Tür.
Daisy ließ ihren Blick noch einmal durch das Zimmer gleiten. Wie üblich lagen überall Spielzeuge, Schulbücher, ungeöffnete Briefe und sonstiger Kram herum. Wie schafften es andere Leute mit kleinen Kindern nur, ihr Haus in Ordnung zu halten? fragte sie sich. Woher nahmen sie die Zeit, sich um noch etwas anderes zu kümmern?
Sie ging an die Tür und schloss auf – sie hatte auf die harte Tour lernen müssen, immer abzuschließen. Als Charlie vor einem Jahr angefangen hatte, zu laufen, war er bei Temperaturen unter null einfach aus dem Haus marschiert. Sie hatte ihm keine zwei Sekunden den Rücken zugewandt, und weg war er gewesen. Das einzige Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmte, war der eisige Lufthauch, der auf einmaldurchs Haus gezogen war. Das war das Problem mit kleinen Kindern. Wenn etwas schiefging, ging es rasend schnell schief. Es gab nur wenig Raum für Fehler.
Für ein angeblich kluges Mädchen hatte sie unglaublich viele verrückte Sachen gemacht. Und das Verrückteste war, jetzt durch die Tür zu gehen.
„Hey, Logan“, sagte sie.
Er trat ein und brachte eine Welle kalter Luft mit sich. „Selber hey.“
„Dad. Dad. Dad.“ Charlie konnte vor Freude kaum an sich halten und klammerte sich an Logans Bein fest. Mit flehendem Blick schaute er zu ihm auf, wobei er mit dem in den Nacken gelegten Kopf aussah wie ein kleiner Engel, der zum Himmel schaut.
„Charlie, Charlie, Charlie.“ Logan zog seine Handschuhe aus und hob seinen Sohn hoch. „Wie geht es dir, kleiner Mann?“
„Gut, großer Mann.“
Logan strahlte ihn an und machte sich dann daran, ihm den Schneeanzug anzuziehen.
Daisy blieb im Hintergrund und wärmte sich an der gegenseitigen Zuneigung der beiden. Es war kaum zu glauben, dass sie und Logan vor nicht einmal drei Jahren rebellische Teenager gewesen waren, die alle Vorsicht in den Wind geschossen und sich ein verrücktes Wochenende lang wildem hemmungslosen Sex hingegeben hatten.
Und nun waren sie eine Familie.
Und das ist genug, dachte Daisy. Sie hatte keinen Grund, sich zu beschweren oder etwas anderes zu wünschen.
Doch ab und zu verspürte sie einen leichten Stich. Was wäre, wenn?
Sie sah ihre beste Freundin und Stiefschwester Sonnet vor sich, eine Intelligenzbestie, die sich gerade auf eine Karriere in der internationalen Wirtschaft vorbereitete, und dachte:Was, wenn ich in der Schule besser gewesen wäre? Oder sie schaute auf ihre Cousinen, Olivia und Jenny, die beide glücklich verheiratet waren, und überlegte: Was, wenn ich mich erst verliebt hätte, bevor ich ein Kind bekommen habe? Sie wusste, dass Reue ein langsames Gift war, aber manchmal schlich es sich trotzdem in ihr Herz, vor allem wenn es um ihr Liebesleben ging. Beziehungsweise den Mangel daran.
Ihr Herz hatte sie verloren, aber das bedeutete nicht, dass sie dem einfach nachgeben konnte. Die Option hatte sie an dem wilden Wochenende mit Logan aufgegeben. Trotzdem konnte sie sich nicht immer von den ganzen Was wäre wenn -Gedanken abschirmen, die sie in ihren schwachen Momenten überfielen. Und im Zentrum all dieser Überlegungen stand immer nur einer: Julian Gastineaux.
Daisy zwang sich, den Gedanken abzuschütteln, der immer dann auftauchte, sobald sie mit Logan zusammen
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