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Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Friedrichsen , Ursula Richter
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jeder auf seine Art!» lachte Friedo. «Da magst du recht haben!» sinnierte Lennart. «Der Unterschied besteht nur darin, daß du Schafe hast und ich keine!» Der alte Friedo schüttelte verwundert den Kopf. In verschiedenen Dörfern hatte er die Leute reden hören über den bärtigen, jungen Herrn Pfarrer. «Alles braucht seine Zeit, Lennart, und wir hier ganz besonders viel! Verliere nicht die Geduld mit uns. Halte durch, du wirst sehen, es lohnt sich!» Ossip brachte das köstlich duftende Brot auf den Tisch, füllte den Wein in die Becher und zündete eine Kerze an. Lennart aber stand auf, zog seinen Talar über und las die Weihnachtsgeschichte. Und was ihn noch vor wenigen Stunden fast aus der Bahn geworfen hätte, gehörte nun, im Kreise seiner neuen Freunde, bereits der Vergangenheit an.

    Ruth Schmidt-Mumm

Wie man zum Engel wird

    Wie jedes Jahr sollte auch in diesem die sechste Klasse das weihnachtliche Krippenspiel aufführen. Mitte November begann Lehrer Larssen mit den Vorbereitungen, wobei zunächst die verschiedenen Rollen mit begabten Schauspielern besetzt werden mußten.
    Thomas, der für sein Alter hoch aufgeschossen war und als Ältester von vier Geschwistern häufig ein ernstes Betragen an den Tag legte, sollte den Joseph spielen. Tinchen, die lange Zöpfe hatte und veilchenblaue Augen, wurde einstimmig zur Maria gewählt, und so ging es weiter, bis alle Rollen verteilt waren bis auf die des engherzigen Wirts, der Maria und Joseph, die beiden Obdachsuchenden, von seiner Tür weisen sollte. Es war kein Junge mehr übrig. Die beiden Schülerinnen, die ohne Rolle ausgegangen waren, zogen es vor, sich für wichtige Arbeiten hinter der Bühne zu melden.
    Nun war guter Rat teuer. Sollte man jemanden aus einer anderen Klasse bitten? Und wen? Und waren nicht bisher alle sechsten Klassen ohne solche Hilfe ausgekommen?
    Joseph, alias Thomas, hatte den rettenden Einfall. Sein kleiner Bruder würde durchaus in der Lage sein, diese unbedeutende Rolle zu übernehmen, für die ja nicht mehr zu lernen war als ein einziger Satz — nämlich im rechten Augenblick zu sagen, daß kein Zimmer frei sei.
    Lehrer Larssen stimmte zu, dem kleinen Tim eine Chance zu geben. Also erschien Thomas zur nächsten Probe mit Tim an der Hand, der keinerlei Furcht zeigte. Er hatte sich die Hände gewaschen und die Haare naß gebürstet und wollte den Wirt gerne spielen. Mit Wirten hatte er gute Erfahrungen gemacht, wenn er mit den Eltern ausgehen durfte oder wenn die Familie in den Ferien verreiste.
    Er bekam eine blaue Mütze auf den Kopf und eine Latzschürze umgebunden, was ihn als Herbergsvater kennzeichnen sollte; die Herberge selbst war, wie alle anderen Kulissen, noch nicht fertig. Tim stand also mitten auf der leeren Bühne, und es fiel ihm leicht zu sagen, nein, er habe nichts, als Joseph ihn drehbuchgetreu mit Maria an der Hand nach einem Zimmer fragte.
    Wenige Tage darauf legte Tim sich mit Masern ins Bett, und es war reines Glück, daß er zum Aufführungstag gerade noch rechtzeitig wieder auf die Beine kam.
    In der Schule herrschten Hektik und Feststimmung, als er mit seinem großen Bruder eine Stunde vor Beginn der Weihnachtsfeier erschien. Auf der Bühne hinter dem zugezogenen Vorhang blieb er überwältigt vor der Attrappe seiner Herberge stehen: sie hatte ein vorstehendes Dach, eine aufgemalte Laterne und ein Fenster, das sich aufklappen ließ. Thomas zeigte ihm, wie er auf das Klopfzeichen von Joseph die Läden aufstoßen sollte.
    Die Vorstellung begann. Joseph und Maria betraten die Bühne, wanderten schleppenden Schrittes zur Herberge und klopften an. Die Fensterläden öffneten sich und heraus schaute Tim unter seiner großen Wirtsmütze.
    «Habt Ihr ein Zimmer frei?» fragte Joseph mit müder Stimme.
    «Ja, gerne», antwortete Tim freundlich.
    Schweigen breitete sich aus im Saal und erst recht auf der Bühne. Joseph versuchte vergeblich, irgendwo zwischen den Kulissen Lehrer Larssen mit einem Hilfezeichen zu entdecken. Maria blickte auf ihre Schuhe.
    «Ich glaube, Sie lügen», entrang es sich schließlich Josephs Mund. Die Antwort aus der Herberge war ein unüberhörbares «Nein».
    Daß die Vorstellung dennoch weiterging, war Josephs Geistesgegenwart zu verdanken. Nach einer weiteren Schrecksekunde nahm er Maria an der Hand und wanderte ungeachtet des Angebotes weiter bis zum Stall.
    Hinter der Bühne waren inzwischen alle mit dem kleinen Tim beschäftigt. Lehrer Larssen hatte ihn zunächst vor dem Zorn der

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