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Weihnachtsglanz und Liebeszauber

Weihnachtsglanz und Liebeszauber

Titel: Weihnachtsglanz und Liebeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Flegel
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hatten. Die Schule zum Beispiel war für meinen kleinen Bruder und für mich ein notwendiges Übel, das uns fünfmal die Woche vom Wichtigsten abhielt: vom Leben auf unserem Reiterhof. Wir liebten unsere Pferde, und ob wir nun ausmisteten oder ausritten, machte im Grunde genommen keinen Unterschied. Beides gehörte eben zum Alltag.
    Rese waren ganz andere Dinge wichtig.
    Sie saß zwar elegant im Sattel, aber vorm Ausmisten der Boxen drückte sie sich. Neulich im Sommer hatte Giselbert sie nämlich dabei erwischt, wie sie die Mistgabel schwang. Er war ein Einzelkind, wohnte mit seinen Eltern in der schönsten Villa unserer Kleinstadt, trug nur edle Kaschmirpullis und war einer der Sorte, die meint, die Milch komme entweder von lila Kühen oder werde irgendwie chemisch in Flaschen oder Tüten produziert. Giselbert war … na ja, weltfremd eben. Pferde sind immer sauber, Pferde haben stets ein seidenglattes, glänzendes Fell, Pferde riechen gut. Dass sie mal Hunger haben und Durst, dass ihr Fell gestriegelt und die Hufe ausgekratzt werden müssen und ihre Box ausgemistet? Na so was aber auch! Giselbert war so verwöhnt, dass er vom echten Leben keine Ahnung hatte. Für mich wäre der Junge nichts; für Rese stand er ganz oben auf der Liste ihrer Bewunderer, obwohl er auch nach einem Jahr Reitunterricht noch schief und krumm im Sattel saß. Ein batteriebetriebenes Schaukelpferd wäre das Richtige für ihn. Schön blöd, was?
    Aber meine Schwester war nun mal hin und weg von ihm. Das kapierte ich nicht. Aber ich kapierte sowieso vieles nicht, was für meine Schwester lebenswichtig war. Warum brauchte sie mindestens drei Lover? Mir würde einer reichen.
    Warum föhnte sie morgens stundenlang ihre Haare, obwohl sie nach jedem Ausritt sofort wieder unter die Dusche eilte?
    Warum machte sie um jeden abgebrochenen Fingernagel ein Theater, obwohl Nägel bekanntermaßen nachwachsen?
    Warum hatte Rese etliche Lover und ich keinen einzigen?
    Eigentlich komisch, dachte ich, weshalb ich mich das auf einmal fragte. Bis jetzt waren mir Reses Freunde schnurzpiepegal gewesen.
    Ich war dreizehn, ich sprang auf Furys Rücken über jeden Graben und jeden Zaun, ritt schneller als sie, mistete ohne die Nase zu rümpfen die Boxen aus, verteilte in null Komma nichts das Stroh auf dem sauberen Boden, füllte das Netz mit Heu und die Tröge mit Wasser, striegelte und bürstete so gekonnt wie sonst keiner das Fell unserer Pferde, wurde von ihnen morgens mit liebevollem Wiehern begrüßt … Gedankenverloren schob ich den Schubkarren über den Hof … Ich war, verdammt noch mal, die allerbeste Pferdepflegerin überhaupt! Ohne mich würden mein Vater, Nick und Benno niemals über die Runden kommen. Klar, unser Reiterhof mit seinen Pferden stand für mich an allererster Stelle.
    ABER ICH HATTE KEINEN LOVER !
    Dina, eine aus meiner Klasse, hatte mal gesagt: »Ally, wenn ein Mädchen in unserem Alter keinen Lover hat, ist sie ein hoffnungsloser Fall.«
    Jedes Mädchen in meiner Klasse hatte einen Lover.
    Ich hatte keinen. Ich war ein hoffnungsloser Fall. O.K., so war es eben. Dafür liebten mich unsere Pferde.
    Weil der Misthaufen das Aushängeschild eines guten Reiterhofs ist, kippte ich den Mist vom Karren und schichtete ihn ordentlich auf. Das war harte Arbeit; dabei wurden nicht nur die Stiefel dreckig. Außerdem kam man ins Schwitzen. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn, warf die Mistgabel mit Karacho auf den Schubkarren und wollte gerade zum Stall zurück, als unsere Hunde bellend und japsend übern Hof und zum Zaun sausten.
    Am Zaun lehnte ein Junge.



2. Dezember

W ach auf, Ally!«
    Unwillig öffnete ich die Augen, blinzelte ins Dunkel und schielte auf die Leuchtziffern am Wecker. »Mensch, Rese! Es ist Sonntag und noch nicht mal sieben! Was ist los?«
    Meine Schwester schlüpfte zu mir ins Bett. »Was hab ich gestern verpasst?«
    »Nichts.« Ich gähnte und versuchte, sie aus dem Bett zu schubsen. Vergebens. Wie ein Felsbrocken lag sie neben mir.
    »Du spinnst. Nick hat gesagt, ein Neuer nimmt Reitstunden bei uns. Ein Junge. Was weißt du von ihm?«
    Ich zog das Kissen über den Kopf und stellte mich schlafend.
    »Ally! Sprich mit mir!«
    Ich schnarchte.
    Rese seufzte. »Was weißt du von dem Neuen?«, wiederholte sie direkt neben meinem Ohr.
    Normalerweise sah meine Schwester mit ihrem zarten Gesicht und den honigblonden Haaren wie ein engelhaftes Wesen aus, aber wenn sie wie jetzt gerade wütend war, blitzten ihre Augen wie die

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