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Weihnachtsmaerchen Fuer Kinder

Titel: Weihnachtsmaerchen Fuer Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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meisten Blüten alle an der Erde, die grünen Blättchen flatterten wild umher, und der Nachbarin, dem guten Röschen, ward ganz angst und bange.
    ›Kräutchen Eigensinn,‹ rief es warnend, ›lasse deine Zweige niederhängen, der Wind zerreißt dich sonst in tausend Stücke!‹
    ›Ich will mit dem Winde spielen, ich darf es tun, du hast es mir nicht zu wehren!‹ antwortete Kräutchen Eigensinn und trieb es nur noch toller. Aber – was geschah?
    Nach einer halben Stunde war das Kräutchen Eigensinn kein grüner Strauch mehr, sondern ein häßliches, kahles Reis, das aussah, als ob die Raupen es abgefressen hätten. Nur ganz unten hingen noch ein paar kleine Blättchen an dünnen Fäden und schaukelten sich hin und her.
    Nun war es mit dem Kräutchen Eigensinn aus; kein Bienchen sah es mehr an, niemand fiel es ein, sich ein Zweiglein zum Strauße zu pflücken, und die Vöglein flogen alle vorüber, als ob es gar nicht auf der Welt wäre. Es konnte nicht einmal mehr sagen: ›Ich will nicht, ich mag nicht!‹ – denn keine Seele wollte etwas von ihm.
    So verging der Sommer, und der Herbst kam, wo der Nikolaus auszieht, um sich Reiser für seine Ruten zu holen. Er hatte manchmal von der Böllsteiner Höhe herabgesehen, wie es das Kräutchen Eigensinn trieb, und jedesmal gedacht: ›Na, warte nur, weil du zu allem ›Nein!‹ sagst, sollst du mir noch die kleinen Leute ›Ja!‹ sagen lehren!‹ Als er nun mit seinem Grauchen über die Wiese zog, sah er schon von weitem das dürre Reis und rief vergnügt: ›Ha, das hat schöne, schlanke Gerten gegeben, die will ich nun zu Ruten binden, und da wird mein Kräutchen Eigensinn den Kindern bald den Eigensinn aus dem kleinen Trotzköpfchen treiben!‹
    Gesagt, getan, er schnitt die Gerten ab, lud sie dem Esel auf und sagte daheim zum Christkind: ›An den Ruten da machst du mir nichts, die binde ich einfach mit Schnur zusammen, die sind für den Ernst und nicht für den Spaß!«
    Wo nun ein unartiges Kind ist, das bei allem sagt: ›Ich will nicht, ich mag nicht!‹ – dem bringt der Nikolaus eine Rute vom Kräutchen Eigensinn, und das tanzt ihm dann solange auf dem Rücken herum, bis es nie mehr sagt: ›Ich tu's nicht!‹
    Lieber Georg und liebes Mathildchen! nehmt euch darum nur sehr in acht, daß euch der Nikolaus nicht so eine Rute vom Kräutchen Eigensinn bringt.«
    »Ich will gar nicht mehr eigensinnig sein«, sagte der Georg, und Mathildchen küßte die Tante und rief: »Nicht wahr, ich bin lieb?«
     
Sechste Erzählung
     
Die Geschichte vom Tannenbäumchen
    Tante Luise,« sagte am andern Abend Mathildchen, »was erzählst du uns denn heute für eine Geschichte? Weißt du denn noch etwas?«
    »Ja, freilich weiß ich noch etwas, hört mir nur zu!«
    »Ach, Tante,« sagte das Mathildchen wieder, »es dauert doch gar zu lange, bis das Christkind kommt, ich kann es kaum mehr aushalten und werde ganz ungeduldig.«
    »Ungeduldig!? Das mußt du dir vergehen lassen. Höre nur, wie geduldig das Tannenbäumchen war und wie es stille wartete, bis seine Zeit kam, denn die Geschichte, die ich heute erzähle, kommt in unserm Garten vor!«
    Die Kinder stützen ihre kleinen, runden Ellenbogen auf der Tante Knie, und sie begann: »Es war einmal ein schöner, großer Garten, in dem standen eine Menge Bäume, welche alle die herrlichsten Früchte trugen. Auf dem einen wuchsen Kirschen, auf dem andern Birnen, auf dem dritten Äpfel und so fort, aber bei allen gab es etwas zu naschen vom Frühjahr bis zum Herbst, und die Kinder, die in dem Garten wohnten, hatten die Bäume sehr lieb.
    Nun war es wieder einmal Frühling, und der Garten stand da in seinem schönsten Schmucke. Die Kirschbäume waren anzusehen, als wären sie mit Zucker bestreut, die Pfirsiche hatten rosenrote Blüten wie der Abendhimmel, und die Äpfelbäume waren mit weißen Röslein ganz überschüttet.
    Da war kein Strauch und kein Bäumchen, wenn auch noch so klein, welches nicht eine Blütenflocke oder ein lichtes, saftgrünes Blättchen aufzuweisen hatte; und wenn dann die liebe Sonne so drüberhin schien, war der Garten gar lieblich anzusehen. Aber mitten drinnen in all der Pracht stand ein kleiner Baum, für den schien kein Frühling gekommen zu sein, denn starr und dunkelgrün streckten seine Nadeln sich hinaus, und auch nicht die kleinste weiße oder rote Blüte war daran zu sehen.
    Das Bäumlein aber war trotz seiner Armut ganz zufrieden und beklagte sich nicht, und kam manchmal im Vorüberfliegen ein

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