Weihnachtsmaerchen Fuer Kinder
vielen Lichter zwischen dem dunklen Grün der Tannen glänzten und schimmerten. Frau Holle war ganz entzückt davon; sie nahm das Kindlein auf den Arm und trug es hinaus, ihm die Pracht zu zeigen. Da machte es die schönen Augen weit auf und lächelte holdselig; die Engelein aber sangen:
»Sei gesegnet, Christkindlein,
Denn so sollst du heißen,
Weil noch nie so hold und rein
War ein Kind zu preisen!
Wer dich sieht, wird fromm und gut,
Muß vor dir sich neigen,
Oh, so nimm in deine Hut
Kindlein, die dir gleichen!«
»Ja,« sagte Frau Holle, indem sie das Kindlein hoch emporhob zu den vielen Lichtern und den ewigen, glänzenden Sternen, »so soll es werden, und so glücklich wie ich jetzt bin, sollen fortan in dieser Nacht alle guten, braven Menschen und Kinder sein – es ist eine Weihnacht für mich und für die ganze Welt. Übers Jahr, wenn du größer bist, gehst du hinunter, wo die Menschen wohnen, bringst ihnen schöne Gaben und zündest ihnen schimmernde Kerzen an grünen Bäumen an, damit ihnen die lange Winternacht so hell und freudig werde, wie sie eben uns geworden ist.«
Da klatschten die Engelein in die Hände und riefen: »So soll es sein! Jedes Jahr wird nun den guten, braven Kindern das Christkind neu geboren werden!« Darauf gingen sie wieder alle in den schönen goldnen Saal, der Storch flog fort – und nun wißt ihr die Geschichte von der Frau Holle und dem Christkind, dessen Geburtstag wir sehr bald wieder feiern werden!
Zweite Erzählung
Die Geschichte vom Knecht Nikolaus
So war nun also das Christkindlein da und wurde von Frau Holle und den Engelein mit der größten Zärtlichkeit gepflegt. Waren sie vorher fleißig gewesen, so wurden sie es jetzt noch viel mehr. Den ganzen Tag arbeiteten sie für das liebe Kind, das mit erstaunlicher Schnelle heranwuchs, im Frühjahr bereits sprechen und laufen konnte und, als der Sommer vorbeigegangen, schon fast so groß war, wie die Mägdlein drunten im Tal, wenn sie das erstemal zum Tanz unter die Linde gehen. Die Engelein fingen Sonnen- und Mondesstrahlen, haschten die Morgennebel und die feinsten Spinnwebe, die zu finden waren. Daraus fertigten sie Christkindskleider und einen langen, faltigen Schleier, den sie mit glänzenden Tautropfen bestickten. – Je mehr das Christkind heranwuchs, um so schöner und lieblicher wurde sein Angesicht, um so süßer seine Stimme und um so holdseliger sein Lächeln.
Als es aber nun Herbst war, dachte Frau Holle ernstlich daran, wie nun die Weihnacht nicht mehr ferne sei, und daß ihr liebes Kind bald hinunter auf die Erde ziehen müsse; aber sie fürchtete sich, es so ganz allein in die kalte, dunkle Winternacht hinauszuschicken. Außerdem sollten ja auch nur die guten Kinder belohnt und die bösen bestraft werden – das Christkind war aber viel zu gut, um dies über sein Herz bringen zu können. Es blieb nichts anderes übrig, man mußte ihm einen Gefährten suchen, der es beschützen und auch den bösen Leuten ein wenig Furcht einjagen konnte.
Nachdem sich die Frau Holle dies genugsam überlegt, zog sie eines Tages wieder ihr schönes, grünes Kleid an, setzte einen Kranz von Astern auf und bestieg den goldnen Wagen mit den zwei schneeweißen Kühen. Neben ihr saß das Christkind in einem rosenroten Gewand, auf welches goldne Sterne gestickt waren, über dem Kopf trug es den feinen, langen Schleier, den eine Goldkrone festhielt. Sie fuhren den ganzen Tag herum, die Kreuz und Quere, ohne daß Frau Holle fand, was sie suchte. Endlich kamen sie gegen Abend in ein kleines, grünes Tal, durch das ein lustiges Bächlein strömte, welches am Ende des Tales eine Mühle trieb. Neben dem Bächlein saß ein Mann, der hatte langes, schwarzes Haar, einen schwarzen Bart und ein sehr braunes Gesicht. Vor ihm lag ein Haufen schlanker Reiser und Gerten, von denen er Besen band, und er mußte sehr fleißig gewesen sein, denn eine Menge fertiger Besen lag schon neben ihm.
Frau Holle hielt ihren Wagen an und sagte freundlich: »Guten Abend, lieber Mann!«
Der Mann brummte mürrisch, ohne aufzusehen: »Guten Abend!«
Frau Holle ließ sich nicht abschrecken und fuhr fort: »Wie heißt du denn, lieber Mann?«
»Nikolaus,« brummte er ebenso mürrisch als zuvor, »und ich bin auch kein lieber Mann.«
Frau Holle lachte: »Warum denn nicht, wer hat dir denn etwas getan?«
»Niemand!« knurrte er wieder, »es sollte mir auch nur einer kommen!«
»Nun, wer sagt denn, daß du kein lieber Mann bist?«
»Das
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