Weihnachtsmord auf Sandhamn ( 2 Kurzkrimis )
Buchstaben leuchteten auf dem schwarzen Hintergrund. In dürren Worten schilderte der Text, was vor wenigen Stunden passiert war.
Nora merkte, wie Tränen ihren Blick verschleierten. Alle schrecklichen Erinnerungen brachen über ihr zusammen.
»Das ist vielleicht ein Ding«, fuhr Henrik fort, ohne sie zu beachten. »Ich muss meine Eltern anrufen. Julianders Sommerhaus auf Ingarö liegt nicht weit von ihrem.«
Er verschwand in der Küche, und Nora hörte, wie er telefonierte.
Sie sank wieder zurück aufs Sofa. Sie weigerte sich zu glauben, dass es stimmte.
Kapitel 5
Kapitel 5
»Was ist bloß mit den Menschen auf dieser Insel los?«
Göran Persson, Chef der Kriminalabteilung der Polizeistation Nacka und normalerweise besser als »der Alte« bekannt, konnte seinen Ärger nicht verhehlen.
Es war halb sieben am Sonntagabend und Thomas war ans Festland zurückgekehrt. Seine jüngeren Kollegen Kalle Lidwall und Erik Blom waren ebenfalls eilig zusammengetrommelt worden. Neben ihnen saß Carina Persson, die Tochter des Alten, die in den vergangenen zwei Jahren als Bürokraft auf der Station gearbeitet hatte, während sie sich um einen Studienplatz an der Polizeihochschule bemühte. Im Herbst würde es nun endlich so weit sein.
»Erst diese verrückte Oma letztes Jahr, die wegen eines alten Hauses reihenweise Leute umbringt. Und in diesem Sommer werden irgendwelche Regattasegler auf offener See abgeknallt. Die Journalisten sind kurz vorm Durchdrehen. Habt ihr eine Vorstellung, wie viele von denen schon hier angerufen haben?«
Der Alte war hochrot im Gesicht, und der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Sein massiger Körper quoll über den Bürostuhl. In der Ferne grollte ein Gewitter, der Himmel war von graublauen Wolken bedeckt, die rasch aufgezogen waren und das sonnige Wetter abgelöst hatten.
»Noch ein Sommer, der zum Teufel geht, weil irgend so ein schießwütiger Idiot seine Finger nicht unter Kontrolle hat.«
Dein Sommer war es ja wohl kaum, der voriges Jahr zum Teufel gegangen ist, dachte Kriminalkommissarin Margit Grankvist missmutig und trank einen Schluck von dem nach Kaffeesatz schmeckenden Gebräu, das sie sich gerade aus dem Kaffeeautomaten geholt hatte.
Ihr war der verdorbene Urlaub im letzten Sommer noch frisch in Erinnerung. Sie hatte ihren Mann und ihre beiden pubertären Töchter an der Westküste allein lassen müssen, um an der Aufklärung der Morde auf Sandhamn mitzuwirken.
In diesem Jahr hatte sie, aus Schaden klug geworden, stattdessen ein Haus auf Djurö gemietet, eine drei viertel Autostunde von der Polizeistation Nacka entfernt. Dass ihre Töchter damit von der Mopedgang, die sie letztes Jahr unten in Halland kennengelernt hatten, ferngehalten wurden, hatte Margit Grankvist die Entscheidung zusätzlich erleichtert.
Nach drei Wochen Urlaub hatte sie nun eine frische Sonnenbräune, die ihre mageren Gesichtszüge ein wenig freundlicher machten. Ein Gesicht, in dem langjähriger Polizeidienst und unregelmäßige Arbeitszeiten ihre Spuren hinterlassen hatten. Die tief liegenden Augen blickten wachsam. Es war kaum das Verdienst des Alten, dass sie ihren Sommer in diesem Jahr besser geplant hatte.
»Thomas, du warst am Tatort. Was kannst du uns berichten?«, fragte der Alte.
Thomas sah von seinen Notizen auf und blickte in die Runde.
Auch er hatte Farbe bekommen, und sein Haar war an den Schläfen nahezu weißblond. Um die Augenwinkel zeigten sich hellere Runzeln in der Sonnenbräune. Er trug ein hellblaues Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und eine Jeans, der man deutlich ansah, dass das Portemonnaie seit Jahren in der Gesäßtasche deponiert wurde. Obwohl der Mord einen entspannten Tag auf See in anstrengenden Polizeidienst verwandelt hatte, sah er frisch und ausgeruht aus. Thomas streckte den Rücken und versuchte zusammenzufassen, was sich vor einigen Stunden abgespielt hatte.
Ehe sie die Swan in den Hafen manövriert und Arzt und Kriminaltechniker hinzugeholt hatten, war fast der halbe Tag vorbei gewesen. Nach einer Weile hatte man Oscar Julianders Leiche zur Obduktion und weiteren Untersuchung in die Rechtsmedizin nach Solna gebracht. Die Emerald Gin lag immer noch im Hafen von Sandhamn. Sie sollte beschlagnahmt und auf die Polizeiwerft geschleppt werden. Dort konnte man sie genauer unter die Lupe nehmen, als es im Hafen möglich war.
Thomas und Peter hatten in einem Konferenzraum des Hotels kurze vorläufige Vernehmungen der Augenzeugen durchgeführt, die sich an Bord der Emerald
Weitere Kostenlose Bücher