Weihnachtsmord auf Sandhamn ( 2 Kurzkrimis )
gepasst als zu einem grauhaarigen Verkaufsleiter in den Fünfzigern, dachte Maria. Er meinte wohl, er sähe damit jünger aus. Und charmant war er ja, das konnte sie nicht leugnen. Er trug keinen Ehering, und sie hatte auch nichts von einer festen Beziehung gehört.
»Klingt verlockend«, sagte sie lächelnd.
Die ganze versammelte Gruppe ging hinüber zu Sandhamns Värdshus, das im östlichen Teil des Hafens lag. Das gelbe Holzgebäude war nicht zu verfehlen, und als sie die Eingangstür öffneten, wehten ihnen herrliche Düfte entgegen, die an die bevorstehenden Feiertage erinnerten.
Das ganze Lokal war festlich geschmückt, mit schönen Kränzen in den Fenstern. Die brennenden Kerzen unterstrichen die Weihnachtsstimmung, und das lange »Julbord«, das mitten im Raum gedeckt worden war, ließ den Gästen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Da drängten sich alle Arten von eingelegten Heringen neben kugelrunden Hackbällchen und »Janssons Versuchung«, dem typischen Auflauf. Auf einem kleineren Tisch standen verschiedene Käsesorten bereit. Maria spürte plötzlich, wie hungrig sie war, das Frühstück lag immerhin schon eine ganze Weile zurück.
»Maria«, rief Peter, »hast du die Tischordnung dabei?«
»Natürlich.«
Sie kramte in ihrer Tasche und zog rasch einige A4-Blätter hervor. Peter hatte darauf bestanden, dass sie eine Tischordnung erstellte, damit die Leute, die sowieso immer die Mittagspause zusammen verbrachten, nicht auch hier zusammensaßen. Nach einer Weile waren alle Kollegen gemäß Marias Liste platziert.
»Lasse«, rief sie, um das Stimmengewirr zu übertönen, »du sitzt hier, neben Gun.«
Sie meinte einen Anflug von Enttäuschung auf Lasses Gesicht zu sehen, ehe er mit galantem Lächeln den Stuhl für seine Tischdame hervorzog. Die sechzigjährige Buchhalterin war wohl nicht gerade die, die er sich selbst ausgesucht hätte. Vermutlich hätte er sich lieber zu einem der hübschen Mädchen aus dem Kundendienst gesetzt, aber an einem solchen Tag konnte er ruhig auch mal zurückstecken. Außerdem war Gun unterhaltsam und schlagfertig.
Maria nahm schräg gegenüber von Gun Platz, sie hatte Adam als Tischnachbarn, einen lustigen Dreißigjährigen, der einer ihrer Handelsreisenden war und sicher ein angenehmer Gesellschafter. Das hatte sie sich gegönnt, da sie ohnehin die Tischordnung machen musste. Außerdem saß Lasse schräg gegenüber, und auf einmal war sie ein kleines bisschen aufgeregt.
Nach einer Stunde war die Lautstärke hoch und die Stimmung ausgelassen. Alle waren bester Laune, wozu sicher auch der großzügige Ausschank verschiedener Schnäpse beitrug. Der hauseigene Aquavit oder »Skärgårdssup«, wie er genannt wurde, fand begeisterten Zuspruch.
Guns Wangen waren gerötet, sie wirkte richtig aufgedreht. Gerade beugte sie sich vertraulich zu Lasse hinüber, der offenbar nichts mehr gegen seine Tischnachbarin einzuwenden hatte.
»Na komm, Gunnie«, sagte er und grinste sie an. »Prösterchen!«
»Ich sollte eigentlich nicht mehr«, wehrte sie kichernd ab, griff aber nach ihrem Glas und trank gehorsam, auch wenn sie die Hälfte übrig ließ.
»Schmeckt mit jedem Glas besser«, lachte sie.
»Wie lange bist du eigentlich schon in der Firma?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Viel zu lange. Mit achtundzwanzig hab ich angefangen, und jetzt bin ich sechzig.« Ein fast verlegenes Lächeln huschte über ihr Gesicht.
»Dann bist du ja quasi die Seele des Geschäfts«, sagte er belustigt. »Finde ich klasse. Gibt es eigentlich irgendwas in der Firma, was du nicht weißt?«
Sie kicherte wieder.
»Wahrscheinlich nicht.«
»Gut, wenn jedenfalls einer den Durchblick hat. Ich wünschte, ich hätte ihn.«
Lasse winkte eine Serviererin heran und griff nach zwei vollen Schnapsgläsern. »Heute machen wir es uns mal richtig gemütlich. Den hier musst du probieren, das ist mein Favorit. Feuerwasser. Hoch die Tassen!«
Guns Gesicht verzog sich zu einer Mischung aus Entsetzen und Entzücken, aber sie nahm das Glas und kippte den Schnaps hinunter. Rundherum wurde das Gemurmel lauter, und an einem der anderen Tische stimmte Peter ein bekanntes Trinklied an, bei dem alle mitsangen.
»Alles okay?«
Maria warf einen schrägen Blick zu Gun hinüber. Es schien ihr nicht besonders gut zu gehen. Ihr Blick war glasig und sie schwankte leicht auf ihrem Stuhl.
»Wie fühlst du dich?«, fragte Maria leise. Sie saßen seit Stunden am Tisch, und die Wärme und der Schnaps zeigten Wirkung.
»Mir
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