Weihnachtszauber 01
öfter vor, aber sie hätte sich gewünscht, dass es nicht ausgerechnet jetzt der Fall wäre.
„Kein Grund, dich zu entschuldigen“, sagte Alex. Er schenkte ihr ein schiefes Grinsen, bei dem ihr Herz zu rasen begann. „Er hat ja nicht ganz unrecht. Allerdings ...“, er packte Aloysius am Kragen, „... sollte er erst mal nüchtern werden, ehe er mir Vorwürfe macht.“
Fasziniert sah Melicent zu, wie er ihren Bruder den Flur entlang und hinaus auf den Hof zog. Sie hörte die Wasserpumpe und dann lautes Gebrüll. Es wurde untermalt von einem übellaunigen Heulen aus dem ersten Stock.
„Melicent!“, rief ihre Mutter. „Was ist denn los?“
Melicent unterdrückte ein Lächeln und lief nach oben. Sie war sich beinahe sicher, dass ihre Mutter wie durch ein Wunder genesen würde, damit sie auch ja nichts verpasste. Auf die eine oder andere Weise hatte Alex’ Ankunft sie alle in höchsten Aufruhr versetzt.
Alex schürte das Feuer im Salon und machte es sich dann in einem gemütlichen, wenn auch schon etwas verblichenen Chippendale-Sessel neben dem Kamin bequem. Es schien das einzige warme Zimmer im ganzen Haus zu sein. Die übrigen Räume waren kälter und etwa so heimelig wie eine Gruft. Ihm missfiel die Vorstellung, dass Melicent sich hier in ihrem abgetragenen, schlichten Wollkleid buchstäblich zu Tode fror. Doch es verwirrte ihn auch. Schließlich hatte er seinen Verwalter ausdrücklich angewiesen, ihr eine monatliche Zuwendung zu zahlen. Wo war das Geld geblieben?
Er dachte an Melicent in ihrer fleckigen Schürze, das Haar ungepflegt, die Miene kummervoll. Zu seiner Überraschung überlief ihn eine Welle der Zärtlichkeit. Sie hatte Besseres verdient, als sich um einen Trunkenbold von Bruder und eine tyrannische Mutter kümmern zu müssen.
Alex hatte Aloysius etwas abrupt ausgenüchtert und ihn dann nach oben geschickt, damit er sich umzog. Der junge Mann hatte leise gemurrt, sich dann aber seiner Autorität gebeugt. Offenbar war sein Schwager völlig ungezügelt und, dem prall gefüllten Geldbeutel nach zu urteilen, den er bei sich trug, nicht nur betrunken, sondern auch ein Spieler.
Alex sah sich im Salon um. Er war ebenso kahl und unfreundlich wie der Rest des Hauses, ausgestattet mit alten, zerschrammten Möbeln. Aus einer Schublade spitzten ein paar Blätter Papier. Alex zog sie heraus, hielt sie in das schwache Licht und überflog sie müßig.
„ Neue Abenteuer einer Freudendirne von Lady Loveless ...“
Lady Loveless, dachte er, sollte darauf achten, dass sie ihre provokanten Schriften etwas sorgfältiger versteckte. Nicht dass Melicent ausgesehen hätte, als verfasste sie erotische Literatur. Darauf wäre man nie gekommen. All die köstlichen Linien und Rundungen ihres Körpers waren unter dem dicken, schweren Stoff ihres Winterkleides verborgen. Zu seiner Überraschung ertappte Alex sich bei dem Wunsch, diese Rundungen erneut zu erforschen. Und dann ihr dichtes dunkles Haar.
Im Moment hatte sie es zwar zu einem unattraktiven Knoten aufgesteckt, aber im Bett würde es sich wie Seide über seine bloße Brust ergießen. Bei dem Gedanken, dass Melicent nackt in seinen Armen lag erfasste ihn Erregung. Er wandte sich dem Manuskript zu.
„Im Dämmerlicht schimmerten die Perlen milchweiß. Er zog sie über ihre schwellenden Brüste und dann zu ihrem Nabel ...“
Er hatte für Melicent zu Weihnachten auch Perlen mitgebracht. Die Vorstellung von ihr, wie sie sie trug und sonst nichts, brannte sich in sein Gedächtnis: wie die Perlen über ihre durchscheinende Haut glitten, wie ihr Atem vor Erregung schneller ging, die verzweifelten kleinen Geräusche, die sie auf dem Gipfel der Lust von sich gab ...
„ Sie hauchte ihr Einverständnis und spreizte die Beine für ihn, und er drängte ihre Schenkel noch weiter auseinander und ...“
An der Tür zum Salon war leises Scharren zu hören. Alex zuckte zusammen und stopfte die Blätter hastig in seine Rocktasche. Er versuchte sich anders hinzusetzen, damit sein körperlicher Zustand nicht so auffiel.
Melicent stand an der Tür, in einem altmodischen Abendkleid. Am liebsten hätte er es ihr vom Leib gerissen und sie auf der Stelle auf dem Teppich genommen. Lady Loveless’ provozierende Prosa hatte auf ihn anscheinend verheerende Auswirkungen. Er bemühte sich um etwas Selbstbeherrschung.
Stirnrunzelnd sah Melicent ihn an. „Hier ist es ganz schön heiß.“
Allerdings.
„Und du wirkst recht erhitzt. Hast du etwa
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