Weihnachtszauber 02
gleich darauf durchströmte sie eine Hitzewelle ob der weitaus unziemlicheren Berührung seiner Hand.
„Was tust du da?“ Sie versuchte, ihm ihren Fuß zu entziehen, doch er hielt sie fest.
„Ich möchte mich lediglich vergewissern, dass du dir nichts gebrochen hast“, sagte er in beruhigendem Ton, als wolle er ein scheuendes Pferd besänftigen. Er hatte sich schon immer gut auf Pferde verstanden, die er mit fester und zugleich liebevoller Hand führte. Das war eines der ersten Dinge, die ihr an ihm aufgefallen waren. Jeden Tag war sie damals mit ihren Schwestern im Hyde Park flaniert, in der Hoffnung, einen Blick auf ihn im Sattel erhaschen zu können.
„Tut das weh?“, fragte er und drückte vorsichtig auf ihren großen Zeh.
Abgelenkt durch alte Erinnerungen, hatte Mary ihre Verletzung fast schon vergessen.
Der heftige Stich, der sie bei seiner Berührung durchzuckte, erinnerte sie jedoch wieder daran. „Au! Ja, das tut weh. Allerdings bloß, wenn unachtsame Menschen draufdrücken.“
Er lächelte flüchtig, während er vorsichtig mit dem Daumen über ihre anderen Zehen strich. Das sanfte Streicheln löste einen ganz anderen Schmerz in ihr aus und rief eine lang unterdrückte Leidenschaft in ihr wach. Ein Gefühl, das sie längst erloschen glaubte – erstickt im Ehebett durch die verschämten, linkischen Griffe ihres Gatten unter ihr Nachthemd.
Dominick indes war es gelungen, mit nur einer zärtlichen Berührung ihres Fußes flammendes Verlangen in ihr auflodern zu lassen.
„Ich glaube nicht, dass du dir etwas gebrochen hast“, sagte er, immer noch ihren Fuß begutachtend. Ihr weißer Strumpf hob sich im Mondlicht hell gegen seinen schwarzen Frack ab. „Du solltest jedoch rasch eine kühlende Kompresse auflegen, sonst wirst du morgen wohl nicht in der Lage sein, deine hübschen Schuhe zu tragen.“
„Du kennst dich wohl in der Behandlung von Verletzungen sehr gut aus“, sagte sie und dachte an all die Duelle, die Box- und Fechtkämpfe, die er Gerüchten zufolge bei Gentleman Jackson’s ausgetragen haben sollte.
„Auf Verletzungen von Pferden mag das zutreffen, nicht jedoch auf Verletzungen von Damen der Gesellschaft, die unschuldige Steinsäulen treten.“ Er ließ ihr Bein los, erhob sich jedoch nicht, sondern beugte sich leicht zu ihr. Er war ihr so nah, sie musste nur die Hand ausstrecken, um über sein Haar zu streichen, die Züge seines markanten Gesichts zu ertasten, die winzige Narbe an seiner Schläfe zu berühren.
Fest presste sie die Hände in die Falten ihres Rockes, um der Versuchung nicht zu erliegen.
„Es ist schön, dich wiederzusehen, Mary“, sagte er. „Du siehst gut aus.“
„Du ebenfalls“, erwiderte sie. Dieser verflixte Mann sieht sogar besser als gut aus, befand sie. Er schien kaum gezeichnet von der Zeit, sie hingegen fühlte sich manchmal steinalt.
„Unsere letzte Begegnung ist viel zu lange her.“
Hatte er an sie gedacht? Zu gern hätte Mary erfahren, ob er sich manchmal gefragt hatte, wie es ihr ergangen war. Aber sie lächelte ihn nur an. „Nach meiner Hochzeit habe ich meist auf unserem Landgut gelebt. Wie ich hörte, schätzt du hingegen die Vergnügungen der Stadt und kannst dich nur selten davon losreißen.“
Um seine Mundwinkel zuckte ein schmales Lächeln. „Die Stadt bietet vielerlei Zerstreuung. Wenn ich zu lange mit meinen Gedanken allein bin und zu viel Zeit zum Grübeln habe, würde ich verrückt werden, fürchte ich.“
Von welchen Gedanken sprach er? Sie brannte darauf, mehr über seinen skandalösen Lebenswandel zu erfahren, der sich so grundlegend von ihrem beschaulichen Leben unterschied. In Derrington Hall gab es keinerlei Zerstreuung.
„Ich beneide dich.“
„Tatsächlich?“, erwiderte er. „Dazu besteht kein Grund.“
Einen Moment lang verspürte sie einen leichten Druck an ihrem Rock und ihrem Bein, genau in Höhe ihres Knies. Überrascht sah sie nach unten und entdeckte, dass er ihr Kleid zwischen seine Finger genommen und den Kopf darübergebeugt hatte, als wolle er ihr Parfüm einatmen.
Unvermittelt spürte sie eine Welle unsagbar zärtlicher Gefühle in sich aufwallen, verspürte eine qualvolle Sehnsucht. Sie erinnerte sich daran, wie sie sich einst eine gemeinsame Zukunft mit ihm ausgemalt hatte, was sie alles hatte aufgeben müssen.
Schon streckte sie die Hand aus, um seine Wange zu berühren, schreckte indes im letzten Augenblick davor zurück.
Er hatte dem törichten, romantischen Mädchen, das sie damals
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