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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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so überrascht gewesen sei, dass seine Beine ihm buchstäblich den Dienst versagt hätten und er sich auf die Bettkante habe setzen müssen. Wegen der Rückenprobleme, unter denen mein Vater manchmal litt, schliefen meine Eltern auf teuren Matratzen aus einem Material, das irgendetwas mit Astronauten zu tun hatte - und anscheinend war es tatsächlich stabil genug, um dem Gewicht eines Erwachsenen standzuhalten, ohne einen schlafenden Mann - oder auch nur einen älteren Hund, der in der Mitte des Bettes lag, zu stören. Deshalb hatte mein Vater einige Sekunden Zeit, das entspannte Gesicht des Dachdeckers zu betrachten und überrascht festzustellen, wie jung der Eindringling war. Als ich die Geschichte zum ersten Mal von meiner irritierten und angewiderten älteren Schwester hörte, hieß es, der Dachdecker sei ungefähr dreißig gewesen. Das mag aber eine Übertreibung gewesen sein; meine Mutter behauptet bis heute, er sei näher an der vierzig gewesen.
    Aber in einem Punkt sind wir uns alle einig: Sobald mein Vater sich wieder gefangen hatte, reagierte er mit der für ihn charakteristischen Voraussicht und Logik auf diese Krise. Ich würde nicht alles davon seiner Erfahrung als Anwalt zuschreiben. Er ist ein großer Anhänger von True-Crime-Stories und schaut sich in seiner knapp bemessenen Freizeit gern Krimiserien und Sendungen wie Unsolved Mysteries an. Er legte den Zettel dorthin zurück, wo er ihn gefunden hatte, stand auf und trat einen Schritt vom Bett zurück. Sein Handy hatte eine Kamera. Er nahm es aus der Tasche und machte ein Foto des schlafenden Handwerkers. Er sah das Flanellhemd des Mannes auf dem Boden liegen und benutzte es - wie er so viele Fernsehdetektive Latexhandschuhe hatte verwenden sehen -, um den Zettel meiner Mutter aufzuheben. Beide Dinge schob er hinter ihre große Eichenkommode und schlich sich dann zu seiner eigenen, wo er die kleine Pistole aufbewahrte, die er vor drei Jahren nach einem Einbruch in ein Haus ein paar Straßen weiter gekauft hatte - obwohl es sich um ein viel luxuriöseres Haus gehandelt hatte und die Besitzer zur betreffenden Zeit zum Skifahren nach Aspen gefahren waren.
    »Er hat die Pistole gekauft, damit er jedem erzählen kann, dass er sie gekauft hat«, sagte meine Mutter damals. »Er hat sie gekauft, um mich wahnsinnig zu machen.«
    Und tatsächlich lud mein Vater an jenem verschneiten Nachmittag die Waffe nicht, obwohl die Entdeckung des schlafenden Dachdeckers ihm allen Grund dazu gegeben hätte. Er sei nicht auf Rache aus gewesen, erzählte er mir, sondern habe nur die Oberhand behalten wollen.
    »Er hätte ihm einfach sagen können, dass er gehen soll«, stellte meine Mutter später fest. »Mr. Drama. Weißt du was? Wahrscheinlich hätte er sich bloß räuspern müssen.«
    Aber mein Vater nahm die Pistole, um den Dachdecker mit dem Lauf anzustupsen und zu wecken. »Machen Sie, dass Sie aus meinem Haus kommen«, sagte er ganz ruhig - zumindest behauptete er, dass er es so gesagt hätte -, mit dem entschiedenen Auftreten eines Mannes, der im Lauf seines Lebens etliche Clint-Eastwood-Filme gesehen hat. Mein Vater hat die Begabung für dramatische Auftritte eines Prozessanwalts - er kann interessant erzählen und hat ein gutes Gedächtnis für Dialoge. Doch weder meine Schwester noch ich waren je wirklich überzeugt davon, dass er bei dieser Gelegenheit tatsächlich so gelassen geblieben war. Mein Vater ist sehr leicht erregbar. Er schreit, wenn er seine Autoschlüssel verlegt. Er jammert, wenn er sich den Zeh anstößt. Aber auf jeden Fall wachte der Dachdecker sofort auf und fand das, was mein Vater wie auch immer sagte, mehr als eindeutig und die Pistole mehr als überzeugend. Er hob die Hände hoch und fragte, ob er aufstehen dürfe. Zur Überraschung meines Vaters trug der Dachdecker Jeans und einen Ledergürtel, der nicht geöffnet war. Und nun, da der Mann vor ihm stand, wirkte seine Statur auch nicht sonderlich beeindruckend. Er war einige Zentimeter kleiner als mein Vater, und obwohl seine Arme kräftig und muskulös waren, war er ein bisschen rundlich um die Taille. »Wolkenblasse Lider?«, fragte mein Vater mich später. »Wolkenblasse Lider?«
    Der Dachdecker, dessen Lider wegen seiner weit aufgerissenen Augen jetzt nicht zu sehen waren, bat um die Erlaubnis, seine Stiefel anziehen zu dürfen, wobei, meinem Vater zufolge, praktisch auf jedes Wort ein »Ah« oder »Ähem« folgte, was stark darauf hinwies, dass er nicht momentan erschrocken, sondern

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