Weine nicht, Prinzessin
auszusprechen, schaut Henk sie traurig an. »Du liebst mich nicht mehr! Ist es das, was du mir sagen willst, Prinzessin?«
Sie schlingt ihre Arme um ihn. »Nein, bitte, Henk, das darfst du nicht denken. Ich werde dich immer lieben.«
»Gut zu hören.« Er legt seine Hand auf ihre linke Brust und drückt so fest zu, dass ihr die Tränen in die Augen schießen. »Du kennst das Zeichen. Für immer mein.«
Sie nickt. »Ich liebe dich, aber ich will nach Hause zurück. Ich muss nach Hause zurück. Die Ferien sind bald zu Ende. Ich kann nicht hierbleiben. Warum gehen wir nicht beide zurück?«
»Die Polizei ist hinter mir her, schon vergessen?«
Er schaut sie eine Weile nachdenklich an, dann steht er auf und geht zu seinem Schrank. Aus einem Umschlag holt er eine DVD heraus und legt sie in den DVD-Player. Er drückt ihr die Fernbedienung in die Hand. »Ich hatte gehofft, dass es nicht nötig sein wird. Aber du willst es nicht anders! Ich muss kurz weg, aber du solltest dir das mal ansehen. Und danach reden wir weiter!«
Es ist nur ein kurzer Film, zehn Minuten vielleicht, in der Hauptrolle ist Lara zu sehen. Lara, wie sie nackt auf dem Bett liegt und sich ein Mann, den man nicht erkennen kann, über sie beugt.
Laras Augen werden ganz groß vor Entsetzen, sie kann nicht glauben, was sie sieht. Als Henk zurückkommt, sitzt Lara noch immer wie eingefroren auf dem Bett.
Er nimmt ihr die Fernbedienung aus der Hand, schaltet den DVD-Player aus und holt die DVD heraus.
Lara verfolgt jede seiner Bewegungen mit den Augen, ohne wirklich zu sehen.
»Das Video würde gleichzeitig mit dir zu Hause ankommen«, sagt er mit leiser Stimme. »Meinst du, deine Eltern würden dich mit offenen Armen empfangen? Und stell dir nur vor, auf Facebook würde man diese Bilder sehen. Wer geht denn noch bei euch Pfannkuchen essen, wenn die Leute wissen, dass der Koch dein Vater ist? Das Geschäft deiner Eltern wäre ruiniert. Überleg es dir, Prinzessin.«
Er legt ihr einen Wohnungsschlüssel und zwei Fünfzig-Euro-Scheine auf das Bett. »Geh dir was Hübsches kaufen oder kauf dir ’ne Rückfahrkarte nach Hause. Du hast die Wahl. Ich halte dich nicht fest. Niemand soll sagen, ich würde dich zwingen. Wenn du mich nicht mehr liebst, dann bist du frei zu gehen.«
»Natürlich liebe ich dich, aber …«
»Ich liebe dich mit einem ›aber‹ gibt es nicht. Entweder ganz oder gar nicht. Was hast du denn auf einmal? Es ist doch normal, mit den Freunden ins Bett zu gehen. Und was ist dabei, Männern ein wenig Spaß zu verschaffen, wenn es gut bezahlt wird? Nur Spießer und alte Leute haben was daran auszusetzen. Ich mag deine Eltern, aber ich fürchte, sie gehören eher zu den Spießern. Es tut mir leid, dass ich Schulden habe. Nicht jeder hat das Glück, in einer Familie wie deiner aufzuwachsen. Ich dachte, du hilfst mir.« Henk sitzt zusammengesunken auf dem Stuhl und legt die Hände vors Gesicht.
Lara kniet neben ihm. »Das darfst du nicht sagen. Ich lasse dich nicht im Stich … Ich liebe dich doch! Ich bleibe hier.«
Sie liebt ihn, aber sie weiß auch, dass sie gar keine andere Wahl hat. Henk wird seine Drohung wahrmachen, da ist sie ganz sicher. Denn dies ist wieder der Henk, den sie fürchtet. Wie kann sie jetzt noch nach Hause fahren? Wie soll sie die Szenen auf dem Video jemals ihren Eltern erklären?
Henk hat recht.
Das Geschäft wäre ruiniert und sie wäre schuld daran.
16
Henk hat Pfirsichduschgel besorgt. Gleich drei Flaschen. Und sie darf jeden Abend zu Pieter und Sandra zum Duschen. Aber nur, wenn sie nicht geweint hat.
»Rote Augen versauen das Geschäft, Prinzessin! Vergiss das nicht! Solange ich Schulden habe, kann ich dir kein Schloss bauen«, hat Henk gesagt und sie so lieb angelächelt, dass Lara ihm vor Glück um den Hals gefallen ist und ihn abgeküsst hat. In solchen Momenten fallen alle Zweifel, die sie in den letzten Tagen gequält haben, von ihr ab. Dann liebt sie ihn ohne jedes »aber«.
Nebenan trifft sie endlich auch Sandra wieder. Sie ist mit Pieter einige Tage auf dem Hausboot eines Bekannten gewesen, um dort dessen Freunde zu bedienen.
»Wehe, ich erwische euch bei der nächsten Verschwörung!«, sagt Pieter drohend, als er sieht, wie beim Anblick von Sandra ein Strahlen über Laras Gesicht zieht.
Sandra legt Pieter die Arme um den Hals. »Keine Sorge, Liebster. Wir haben unsere Lektion gelernt.« Sie zwinkert Lara hinter seinem Rücken zu.
»Das will ich auch hoffen!«, sagt Pieter, während er
Weitere Kostenlose Bücher