Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weine nicht, Prinzessin

Weine nicht, Prinzessin

Titel: Weine nicht, Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Philipps
Vom Netzwerk:
Sandra beiseiteschiebt.
    Unter der Dusche dreht Lara das heiße Wasser auf, so heiß, dass in wenigen Sekunden das ganze Bad eingenebelt ist. Sie reibt sich dick mit Pfirsichduschgel ein, atmet den sauberen frischen Duft und spült dann mit heißem Wasser den ganzen Dreck der letzten Tage ab. Und noch einmal und noch einmal.
    Sie hätte wohl die ganze Nacht geduscht, wenn nicht Pieter ärgerlich an die Tür geklopft hätte.
    »Einmal duschen sind fünf Minuten! Bezahlst du die Wasserrechnung?«
    Das abendliche Duschen wird zu einem Höhepunkt in Laras Leben. Den ganzen Tag über träumt sie von heißem Wasser und frischem Pfirsichduft.
    Eines Abends öffnet sich plötzlich die Tür, als Lara unter der Dusche steht. Sie zuckt zusammen.
    Aber es ist nur Sandra, die auf die Toilette geht.
    »Keine Verschwörung!«, schreit Pieter aus dem Wohnzimmer.
    »Klar doch, Liebster!«, schreit Sandra zurück und hält Lara einen Zettel hin.
    Lara wischt sich das Wasser aus den Augen.
    »Bin jeden Morgen um zehn Uhr ›bei Antje‹«, steht in großen Druckbuchstaben auf dem Zettel.
    Sandra zwinkert Lara zu und spült den Zettel in der Toilette hinunter.
    »Bei Antje« ist ein kleines Frühstückscafé einige Straßen weiter. Lara kennt es vom Vorbeilaufen, ist aber noch nie hineingegangen. Sie geht nur selten alleine irgendwohin, meist ist Henk dabei. Wenn sie nicht auf den Partys von irgendwelchen Freunden von Henk arbeiten muss, bleibt sie abends in der Wohnung, während er alleine loszieht. Wohin er geht und was er macht, weiß sie nicht. »Wichtige Geschäfte!«, sagt er und kommt erst am frühen Morgen zurück. Dann fällt er neben ihr ins Bett und schläft bis zum Mittag.
    Auch am nächsten Morgen liegt er laut schnarchend neben ihr. Lara betrachtet wie so oft sein schlafendes Gesicht, über das die schwarzen Locken wie ein dichter Schleier fallen. Behutsam schiebt sie die Haare ein wenig nach hinten, streichelt sanft mit dem Finger über seinen Mund.
    Er bewegt sich, verzieht das Gesicht, muss niesen. Aus kleinen Augen schaut er sie an. »Was machst du? Lass mich schlafen, ich bin müde.« Er zieht die Bettdecke über seine Schultern und dreht sich auf die Seite um.
    »Ich geh mal zum Supermarkt.«
    »Mach, was du willst, aber lass mich endlich in Ruhe!« Er zieht die Bettdecke über den Kopf. Er hat wieder einmal zu viel getrunken und wird die nächsten Stunden wohl wie betäubt schlafen.
    Lara schnappt ihre Jacke und ihren Wohnungsschlüssel und verschwindet, ehe er es sich noch anders überlegt. Mit etwas Glück kann sie sich jeden Morgen davonschleichen. Sie muss nur zurück sein, bevor er seinen Rausch ausgeschlafen hat.
    Lara ist glücklich, dass sie ihre Freundin wiedergefunden hat, die sie versteht, auch ohne dass sie den täglichen Horror in Worte kleiden muss.
    Sandra wartet schon auf sie. Sie sitzt an einem Tisch draußen am Wasser, eine Tasse dampfender Schokolade und einen »pannenkoek«, wie die Pfannkuchen hier heißen, vor sich. Sie erinnern Lara an das Pfannkuchenhaus und machen sie jedes Mal ein bisschen traurig.
    Wird sie jemals zurückkehren können?
    »Ich hab schon mal angefangen, ich wusste ja nicht, ob du kommen kannst«, sagt Sandra und schiebt sich ein weiteres Stück in den Mund. Der Honig tropft an beiden Seiten heraus.
    »Er ist besoffen und schläft.« Lara setzt sich neben die Freundin. Die Sonne scheint, das Leben ist schön, Lara ist glücklich wie schon lange nicht mehr.
    »Na, dann genieße es, solange es dauert. Was sagst du, wenn er aufwacht, bevor du wieder da bist?«
    Lara zuckt mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Es gibt zwei Henks. Der eine hat nichts dagegen, wenn ich morgens mal rausgehe, der andere wird mich verprügeln.«
    Die Kellnerin erscheint.
    »Willst du auch Schokolade mit Sahnehäubchen und einen pannenkoek?«, fragt Sandra.
    »Ich nehme nur ein Wasser und einen pannenkoek. Ich hab nicht so viel Geld.«
    »Brauchst du auch nicht. Ich lad dich ein. Ich bin doch froh, wenn ich nicht alleine essen muss. Warme chocolademelk met slagroom en een pannenkoek«, bestellt Sandra für Lara.
    »Und Pieter? Was wird der sagen, wenn du sein Geld für mich ausgibst?« Lara hat Angst vor Pieter, sie fürchtet seine Wutausbrüche.
    »Wieso sein Geld? Alles meins! Ehrlich verdient!« Als Lara sie verwundert anschaut, ergänzt sie: »Ich schiebe zwischendurch einen Kunden zusätzlich ein …«
    »Freiwillig?« Lara schaut die Freundin entsetzt an.
    Sandra nickt. »Jetzt schau nicht so!

Weitere Kostenlose Bücher