Weine nicht, Prinzessin
Prinzessin …
Morgen im Park!
Er ist hier!
Lara hätte vor Glück die ganze Welt umarmen können. Wenn doch schon morgen wäre!
14
»Ich treff mich nachher mit den anderen im Freibad. Wir wollen den ganzen Tag da bleiben.« Lara sitzt mit ihren Eltern beim Frühstück. Sie weiß selber nicht, warum sie nicht die Wahrheit sagt. Es ist schließlich kein Geheimnis mehr, dass sie mit Henk befreundet ist. Aber jedes Mal, wenn sie ein Treffen mit ihm erwähnt, runzelt der Vater die Stirn und die Mutter setzt ihr besorgtes Gesicht auf und erinnert sie daran, wie sich ein »anständiges« Mädchen zu verhalten habe. Darauf hat Lara heute Morgen keine Lust.
»Na, dann viel Spaß«, wünscht ihr die Mutter. »Ist Meike auch dabei?«
Lara schüttelt den Kopf. »Die ist doch in der Ferienfreizeit der Gemeinde.«
»Da hättest du auch mitfahren können. Aber du wolltest ja nicht. Schade!«
Es war Henk, der nicht wollte, dass sie mitfährt. Er ist eifersüchtig auf alles und jeden, der Laras Zeit in Anspruch nimmt.
Lara gefällt diese Eifersucht. Sie zeigt doch, wie viel sie ihm bedeutet. Außerdem kann sie sich auch nicht vorstellen, zwei Wochen von ihm getrennt zu sein.
Die Eltern jedenfalls sind froh, dass Lara etwas vorhat und sie kein schlechtes Gewissen haben müssen, weil sie wieder alleine bleibt.
Lara atmet auf, sie fühlt sich immer noch schlecht, wenn sie die Eltern belügen muss. Aber das betrifft nur die eine Lara. Es gibt zwei Laras, eine von ihnen muss lügen, um das Leben mit Henk zu schützen. Diese Lara ist inzwischen eine gute Lügnerin, weil sie Erfahrung darin hat. Sie hat gelernt zu lügen, ohne zu stottern und rot zu werden. Das schlechte Gewissen bleibt für die erste Lara. Chaos gibt es nur, wenn beide Laras durcheinandergeraten.
Kaum sind die Eltern um die Ecke gebogen, verlässt auch Lara das Haus. Sie ist spät dran. Mit dem Bus fährt sie zum Park, läuft auf den Parkplatz und bleibt enttäuscht stehen.
Kein rotes Auto, kein Henk.
Er hat nicht gewartet. Sie weiß, wie ungeduldig er ist.
Plötzlich werden ihr von hinten die Augen zugehalten. Sie riecht das vertraute Parfüm.
Henk!
Endlich!
Sie liegt in seinen Armen und schließt die Augen. Hier gehört sie hin. Alles andere zählt nicht.
Er führt sie zu einem kleinen grauen Wagen. »Steig ein!«
»Wo ist dein Auto?«
»Viel zu auffällig. Du weißt doch, warum ich Deutschland verlassen musste. Sie hat es dir doch geschrieben, diese dumme Kuh!« Bei diesen Worten schleicht sich Wut in seine Stimme.
Bestimmt hat Sandra Ärger bekommen. Lara wird ganz übel bei dem Gedanken, was Pieter oder Henk mit ihr gemacht haben könnten.
»Sandra kann nichts dafür. Es war meine Schuld. Ich hatte doch nur Sehnsucht nach dir!«
»Und ich hatte meine Gründe, warum ich untertauchen musste. Mach so was nie wieder!«
»Nie wieder!« Lara kuschelt sich erleichtert an seine Schulter. Sie wird alles tun, was er sagt. Hauptsache, er ist wieder da!
Sie verlassen die Stadt, dann biegt Henk auf die Autobahn.
Mit einem Ruck setzt sich Lara auf. »Wohin fahren wir?«
»Wohin wohl? Nach Amsterdam zurück. Ich kann nicht hierbleiben oder glaubst du, ich gehe in den Knast, nur weil du mich sehen wolltest?«
»Aber Amsterdam … ist das nicht zu weit für einen Tagesausflug? Ich muss spätestens heute um zehn zurück sein.«
Henk lacht laut. »Wieso Tagesausflug?«
»Ja, aber meine Eltern? Sie haben doch keine Ahnung, wo ich bin. Sie denken, ich bin im Freibad mit meinen Freundinnen.«
»Das ist auch besser so! Was hättest du gemacht, wenn ich nicht gekommen wäre?«
»Ich wollte mit dem Zug nach Amsterdam fahren und dich suchen.«
»Jetzt fährst du mit dem Auto dahin und suchen musst du mich auch nicht mehr. Ist doch alles bestens! Und nun sei still, Prinzessin.« Er dreht die Musik laut auf.
Lara sitzt neben ihm und weiß nicht, was sie denken soll.
So hat sie sich das nicht vorgestellt. Natürlich wollte sie nach Amsterdam fahren, aber erst, wenn sie sich irgendeine Ausrede für ihre Eltern ausgedacht hätte. Nun wissen sie gar nicht, wo sie ist. Sie wird sie anrufen und ihnen sagen, dass sie in Amsterdam ist. Weil sie Henk suchen muss. Das wird richtig Ärger geben, aber besser, als wenn sie sich Sorgen machen, weil sie einfach so verschwunden ist.
Sie nimmt ihr Handy aus der Tasche.
Henk schaut misstrauisch zu ihr herüber. »Was ist das? Wen willst du anrufen?«
»Meine Eltern. Ich sage ihnen nur, dass es mir gut geht. Dass ich dich
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