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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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an diesem Morgen. Gegen halb 11 ging Tiri in den Schuppen zurück und arbeitete dort bis um ein Uhr. Um eins rief ich ihn zum Mittagessen. Nachmittags machte er weiter.«
    »Er hat im Schuppen gearbeitet. Von Ihrem Haus aus haben Sie keinen Einblick in den Schuppen«, wandte Norma ein. »Sie können Tiri gar nicht über alle Stunden im Blick gehabt haben.«
    Das nicht, bestätigte die Lehrerin. Aber während des gesamten Vormittags sei die Säge gelaufen. Tiri lasse die Säge niemals ohne Aufsicht in Betrieb.
    »Wo stand sein Wagen?«
    Vroni Zurmühlen überlegte. »Zu der Zeit hatte er noch den BMW. Gewöhnlich stellt er das Auto im Schuppen ab. Nur wenn er Holz macht, fährt er den Wagen dahinter auf die Wiese, damit er nicht im Weg herumsteht.«
    »Also haben Sie den BMW nicht gesehen?«
    Die Wiese könne sie von der Küche aus nicht einsehen, und sie sei auch nicht hinausgegangen, erklärte die Dame und fügte ungehalten hinzu: »Warum denn auch? Ich hatte mit dem Kochen zu tun! Es gab einen Braten, und der hat mich beschäftigt. Aber Tiri war den ganzen Tag auf dem Hof!«
    Diese Aussage wollte sie vor jedem Gericht der Welt beschwören.
     

34
    Norma hatte die gewünschte Information bekommen. Aus Höflichkeit blieb sie sitzen. Vroni Zurmühlen schien den Besuch zu genießen und erzählte angeregt vom Umbau ihres Hauses, mit dem sie sich befasste, seit die Eltern gestorben waren. Norma fragte, wem das Nachbarhaus gehöre. Einem Gastwirt aus Wiesbaden, lautete die Antwort. Der Name überraschte Norma nicht. Bruno Taschenmacher habe das Haus vor Jahren gekauft und umgehend wieder veräußern wollen, sich dabei wohl von dem günstigen Kaufpreis beirren lassen, meinte die alte Dame. Aus dem guten Geschäft sei bislang nichts geworden. Die Interessenten hielten sich zurück, was ihr nur recht sein könne. Sie wünsche sich keinen anderen Nachbarn als Tiri, obwohl sie, das müsse sie zugeben, zu Beginn sehr beunruhigt war, als sie von seiner Vergangenheit erfuhr. Aber er sei sehr offen damit umgegangen.
    »Wissen Sie, wann er nach Hause kommt?«, fragte Norma.
    Seit er die neue Stelle habe, sagte die Lehrerin, mache er sich morgens früh auf den Weg. Manchmal komme er über die Mittagszeit heim.
    Bevor Norma sich verabschiedete, stellte sie eine weitere Frage. »Was ist aus der Kühltruhe geworden? Hat Tiri den Motor in Ordnung gebracht?«
    Das habe sich nicht gelohnt, meinte die Lehrerin. »Er hat sich einen Transporter geliehen und die Truhe nach Biebrich gefahren. Auf die Deponie.«
    »Wissen Sie, an welchem Tag das war?«
    »Warten Sie«, überlegte die Lehrerin. »Es war an einem Mittwoch. Mittwochs spiele ich mit meinen Schülerinnen Doppelkopf.«
    Die drei ehemaligen Schülerinnen, so erklärte sie fröhlich, seien mittlerweile selbst in Rente. Sie könne sich an das Datum erinnern, weil sie sich an diesem Tag nicht wie gewöhnlich am Nachmittag getroffen, sondern das Treffen auf den Vormittag verlegt hätten. Eine der Frauen habe Geburtstag gehabt und zur Kaffeezeit Schwiegertochter und Enkelkinder erwartet. Ihre Freundinnen seien gerade rechtzeitig eingetroffen, um Tiri beim Einladen der sperrigen Truhe zu helfen. Von seiner Vergangenheit wüssten die Damen übrigens nichts. Ein Gläschen vom Geburtstagssekt habe er freundlich abgelehnt.
    Ihr Gedächtnis arbeitete beeindruckend zuverlässig. Auch in Normas Erinnerung hatte sich dieser Tag eingeprägt. Während Tiri die Truhe fortfuhr, lud der Schrotthändler ihren Ford Fiesta auf. 20 Stunden später wurde Arthur gefunden.
    Sie verließ das Haus. Die Sonne hatte sich ihren Platz am Himmel zurückerobert. Die Pfützen schienen zu dampfen. Norma ging an Tiris Haus vorbei, in dem sich nichts rührte, und spazierte zum Schuppen hinüber. Das Tor war abgeschlossen. Sie umrundete den Holzbau. Dahinter lag die von Vroni Zurmühlen beschriebene Wiese. Was die Nachbarin zu erwähnen vergaß, war der Feldweg, der von der Wiese fort und in den Wald hineinführte: mit Schotter befestigt und mit einem PKW bequem befahrbar.
    Tiri hatte also durchaus die Gelegenheit gehabt, die Säge unbemerkt für anderthalb Stunden sich selbst zu überlassen. Eine Zeit, die ausreichte, um nach Wiesbaden zu fahren und das Weinfest zu besuchen.
    Oder um dort einen Mord zu begehen.
    Sie ließ sich Zeit auf dem Weg zurück zum Wagen.
    Vor dem Haus wurde sie erwartet. Tiri lehnte rücklings an seinem Toyota, einen Fuß gegen den Reifen gestützt. Seine unbekümmerte Haltung war gespielt.
    »Du

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