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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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spionierst also hinter mir her!«
    Frau Nachbarin hatte gepetzt. Norma wunderte das nicht.
    »Ausgerechnet du machst mir Vorwürfe? Wer hat gesagt, Bruno nicht zu kennen? Fischer nicht zu kennen?«
    Er betrachtete sie nachdenklich. Die Geste, mit der er sich die Haare aus der Stirn strich, war ihr schon so vertraut. Nach kurzem Schweigen bat er sie ins Haus, und Norma ließ sich darauf ein. Sie setzte sich wie beim ersten Besuch ans Fenster und schaute schweigend zu, wie er die Kaffeemaschine anstellte und Milch aufwärmte. Als er an den Tisch kam und sie zum Sprechen ansetzte, fuhr er dazwischen.
    Sie könne doch nicht ernsthaft annehmen, er habe den Architekten ermordet? »Von Fischer lasse ich mir mein Leben nicht zum zweiten Mal kaputt machen. Glaubst du, ich riskiere lebenslänglichen Knast? Mir sind schon zu viele Jahre verloren gegangen.«
    Er wirkte verärgert, aber nicht aggressiv. Norma war erleichtert.
    »Warum hast du mich belogen? Bruno ist dein Cousin.«
    Um ihr keinen Anlass zu solchen Verdächtigungen zu liefern, gab er zur Antwort.
    Er stand auf und nahm die Kaffeekanne aus der Maschine. »Wie kannst du mir einen Mord zutrauen!«
    Sie wartete, bis er die Becher mit Milchkaffee aufgefüllt hatte und wieder am Tisch saß. »Du bist kein unbeschriebenes Blatt, Tiri.«
    »Wegen der Sache damals? Das darfst du nicht vergleichen! Der Kerl hatte meine Modelle und Zeichnungen vernichtet. Ich war außer Kontrolle, und als er mir in die Quere kam, habe ich zugeschlagen. Du darfst mich nicht für einen kaltblütigen Killer halten. Bitte, Norma.«
    »Spielt es eine Rolle, was ich von dir halte, Tiri?«
    Seine Hände ruhten friedlich auf der Tischplatte. Er nickte bedächtig. »In der Nacht, als du mir vor das Auto gesprungen bist. Das war eigenartig.«
    Sie wartete.
    Zögernd sprach er weiter: »Es gibt etwas, dass uns beide verbindet. Obwohl du mir fremd warst, habe ich das gespürt.«
    »Hast du deswegen nach mir gesucht?«
    »Ich wollte wissen, ob ich meinem Gefühl trauen kann.«
    »Was hast du herausgefunden?«
    Wieder ließ er sich Zeit mit der Antwort. »Ich weiß, dass ich nicht gut für dich bin.«
    »Soll ich besser gehen?«
    »Wenn du nicht bleiben willst.«
    Norma wandte den Kopf zum Fenster. Draußen auf dem Weg glitzerten die Pfützen in der Mittagssonne. Auf einem Zaunpfosten rastete ein Rotkehlchen. Es wippte im Stand; ein zarter Federball. Tiri berührte ihre Wange, und der Schatten dieser Bewegung genügte, den Vogel aufzuscheuchen.
     

35
    Norma wurde wie eine gute Freundin empfangen. Franziska schien ebenso überrascht wie erfreut, sie nach wenigen Stunden wiederzusehen, und versicherte, der Besuch würde keinesfalls stören. Sie brüte über einem architektonischen Detail und sei dankbar für eine Unterbrechung. Ob Norma einen Tee wolle?
    Normas Hunger hatte sich davongestohlen. Der Durst war geblieben. Nach dem starken Kaffee bei Tiri kam ihr ein Tee gerade recht. Norma ließ sich auf der Ledercouch nieder, und Franziska richtete Teekanne und Tassen auf einem Tablett an, das sie ohne Umstände auf den Fußboden stellte.
    »Bis zu deinem Besuch vorhin«, erzählte sie freimütig, »hatte ich Tiri aus meinen Gedanken verbannt.« Sie habe einfach ausgeklammert, dass er sich seit geraumer Zeit wieder in Freiheit befinde. Jetzt sei sie aufgewühlt und könne sich kaum auf einen Wandaufbau konzentrieren.
    Norma entschuldigte sich.
    »Mach dir deswegen keine Gedanken. Was kannst du für die Gespenster meiner Vergangenheit?«
    Sie zog den Bürostuhl dichter ans Sofa heran und schenkte den Tee ein. »Hast du ihn heute getroffen?«
    Norma nickte. »Befürchtest du, er könnte an dir für irgendetwas Rache üben?«
    Franziska widersprach energisch. »Wir sind im Frieden auseinander gegangen. Er hat die Trennung akzeptiert.«
    »Entschuldige, wenn ich so persönlich werde.«
    Franziska schaute sie über die Tasse hinweg neugierig an. »Du willst wissen, ob man sich als Frau auf ihn einlassen darf? Ich kann dich beruhigen. Da ist nie etwas vorgefallen.«
    Norma sank tiefer ins Sofa hinein. »Ich möchte einfach nur verstehen, was für ein Mensch er ist. Seine Neigung zum Jähzorn …«
    Franziska unterbrach sie mit einem verblüfften Glucksen. »Tiri und jähzornig? Wie kommst du darauf? Im Gegenteil. Ich kenne keinen anderen, der sich so unter Kontrolle hat.«
    Sofort saß Norma aufrecht wie ein Stock. »Aber der Überfall geschah doch im Affekt? Tiri sagte, er habe außer sich vor Zorn

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