Weinzirl 03 - Kuhhandel
unter
intensiven Beteuerungen, Frau Weigand demnächst zum Reiten mitzunehmen – »Ich
bin da noch ganz fit, meine Liebe« –, in Eckarts in ihr Auto stieg, plätscherte
der Regen schon richtig gleichmäßig.
Sie fuhr langsam
nach Hause. Bei ihr oben auf der Bergstätte war es deutlich kälter geworden,
der wunderbare Geruch von Regen auf einst glühendem Asphalt war zu riechen. Sie
setzte sich auf die Kante der Gartenbank und hielt das Gesicht in den Regen.
Auf der Treppe unter dem Vordach saß Moebius und schüttelte angewidert seine
Pfoten. Sein Blick war deutlich: Jetzt ist Frauchen endgültig durchgeknallt,
sie sitzt freiwillig im Regen. Mümmel und Bianchi kamen auch von irgendwoher
angeschossen und gesellten sich zum Kater. Mümmel versuchte hektisch, ihr
erlesenes Pelzkleid am Rücken zu glätten, und Bianchi putzte synchron mit
Moebius die Vorderpfoten, im Wechsel links-rechts. Eine nach der anderen
verschwanden sie durch die Katzenklappe ins Haus. Mümmel wischte sich mit der
Pfote übers Ohr. Anders als sonst: langsamer. Jo wusste, dass sie sich soeben
ans Hirn getippt hatte.
Ja, sie war
verrückt, verrückt nach Kühle. Bald würden Herbststürme kommen, dann der
Schnee. Endlich würden all die furchtbaren Plastik-Gartenpavillons in den
Kellern eingemottet, und endlich würde der Grillgeruch, der monatelang wie eine
Glocke über allen Gärten gelegen hatte, verschwinden. Endlich würden Wolken
dahinjagen, endlich würde wieder Bewegung entstehen. Als sie klatschnass war,
ging sie ins Bad, duschte und legte sich ins Bett. Seit ewiger Zeit mit einem
frohen, offenen Blick nach vorn, in das, was man Zukunft nennt.
Sie saß am nächsten
Morgen am Küchentisch und wehrte Bianchis Pfote ab, die ständig versuchte, ihr
den Löffel mit dem Maracujaquark abzujagen. Die Tür klappte plötzlich auf, und
da stand Gerhard. »Wollte Bericht erstatten!«
Er bekam Kaffee und
sah sich dann einem Feuerwerk von Fragen ausgesetzt. Ja, Lichtenegger hatten
sie in München hopsgenommen. Bereits in der Maschine. Ihm würde der Prozess
gemacht werden.
Als sie Lichtenegger
abgehandelt hatten, fiel Jo was Neues ein. »Und Ostheimer? Wo war der
eigentlich in der Woche, für die er kein Alibi gehabt und über die er so
beharrlich geschwiegen hatte?«
»Ja, das glaubst du
vielleicht nicht. Er war in Wien bei einer Therapeutin, um seine Rhetorik zu
verbessern und um seine Emotionen zu schulen. Er wollte unbedingt seiner Frau
ein besserer Mann sein. Er spürte, dass die Beziehung den Berg runterging. Aber
das war ihm so peinlich, dass er das nicht eingestehen wollte.«
»Ist das süß – und
sie? Wie fand sie das?« Jo war ganz aus dem Häuschen.
»Das gefällt euch
Weibern wieder! Ich weiß nicht genau, wie sie reagiert hat, aber die beiden
sind auf jeden Fall zusammen weggefahren, ohne Hund und ohne Jagdwaffen«, sagte
Gerhard.
»Der arme Rambo. Wo
ist der denn so lange?«
»Bei Frau Weigand.«
Gerhard lachte laut heraus.
»Wie bitte, im
Altersheim?«
»Ja, sie hat wohl
mal wieder mit einer kleinen Donation … Du weißt schon!«
Nun musste auch Jo
schallend lachen. »Die Frau ist ein Hammer. Aber Ostheimer und die Mastmittel?«
»Auch das wird ein
gerichtliches Nachspiel haben, aber es scheint mir keine akute Fluchtgefahr
vorzuliegen. Also hab ich ihn fahren lassen. Er will Verantwortung übernehmen.
Schon wegen Röschen.«
»Apropos: Und was
ist nun mit Svenjas Klinik?«
»Nun, ich denke, Röschen
wird sie in Svenjas Sinne betreiben, und es würde mich nicht wundern, wenn sie
sozusagen mit Ostheimer kooperieren würde. Zwei Praxen, eine für Schulmedizin
und eine für alternative Therapien. Und wenn der hunde- und jagdlose Ausflug
gelungen ist, dann sind die beiden vielleicht wieder ein Paar, aber eins mit
zwei Wohnsitzen. Why not?«
Gerhard kam kaum
dazu, seine Tasse zum Mund zu führen, denn Jos Fragensalve ging weiter: »Und
der Ortlieb aus Lindau?«
»Verschwunden mit
unbekanntem Ziel. Da werden sich andere drum kümmern. Aber er ist wohl nur ein
Rädchen in einer Maschinerie ungeahnten Ausmaßes. Lichtenegger wird gegen ihn
aussagen, schon um einen Vorteil herauszuschinden.«
»Der ist ein
zweifacher Mörder, ein Schläger, ein Entführer, ein Erpresser! Die werden so
einem doch keine mildernden Umstände gewähren? Oder ihn zum Kronzeugen machen?«
Jo fand die Vorstellung
Weitere Kostenlose Bücher