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Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harper Ames
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befand. Eine dieser Tabletten packte er aus, legte sie sich auf die Zunge und spülte sie mit einem großen Schluck Wasser hinunter. Erst dann wagte er es, einen Blick in den Spiegel zu werfen, der über dem Waschbecken hing.
    Beim Anblick seines demolierten Gesichts stockte ihm kurz der Atem. Sein rechtes Auge war derart zugeschwollen, dass man seine Augenfarbe bestenfalls noch erraten konnte. Seine Nase war dick und wirkte schief, was in Lewin erneut den Verdacht aufkommen ließ, dass sie gebrochen sein könnte. Irgendwo hatte er mal gelesen, dass eine gebrochene Nase kaum zu spüren sei. Allerdings war er sich da nicht mehr ganz sicher. Für den Moment war er jedenfalls froh, dass seine Nase sich nicht so anfühlte wie sie aussah. Seine Unterlippe war aufgeplatzt und ebenfalls geschwollen. Das Wasser hatte das dunkle Blut nicht vollständig weggewaschen. Lewin schluckte. Dieses Mal würde es länger dauern, bis die Spuren, die Kneif auf seinem Gesicht hinterlassen hatte, wieder verschwunden waren. Mit einem Seufzen zog er das Klopapier aus der Nase und warf es in die Toilette. Dann spritzte er sich ein letztes Mal etwas von dem kalten Wasser ins Gesicht und verließ das Badezimmer.

Fünf
    Als er das Hinterzimmer betrat, stutzte er einen Augenblick. Bei seiner eiligen Flucht auf die Toilette war ihm nicht aufgefallen, dass das Zimmer beinahe vollständig abgedunkelt war. Vor den ohnehin viel zu kleinen Fenstern hingen schimmernde grüne Tücher und auch über den beiden kleinen Stehlampen entdeckte Lewin ähnliche Schals. Auf dem Tischchen vor dem Sofa brannten einige Kerzen, denen es zwar nicht gelang, den gesamten Raum zu erleuchten, deren Licht aber positive Auswirkungen auf Lewins dröhnenden Schädel hatte. Die nackte Glühbirne, die von der Decke baumelte, war ausgeschaltet.
    Auf dem alten Ledersofa saß die Nichte des Rollaschek s, deren Gesicht Lewin nun zum ersten Mal richtig erkennen konnte. Hatte dieses im Schein der Taschenlampe noch dämonisch gewirkt, so musste er diesen Eindruck nun definitiv korrigieren. Lydia schien ungefähr in seinem Alter zu sein und war dabei wesentlich hübscher, als er vermutet hatte. Lewin merkte, wie sich in seiner Magengegend etwas regte. Vor ihm saß ein Mädchen, dass er sich besser nicht hätte erträumen können. Das lange, dunkle Haar umrahmte ein schmales, zartes Gesicht mit dunkelroten Lippen. Die Haut war makellos und so hell, dass Lewin spätestens jetzt klar war, dass das Mädchen nicht von hier sein konnte. Mit einer solchen Haut würde sie hier nicht überleben. Dafür war die Sonne zu erbarmungslos. In Weiß trug man dunkle Haut. Ledern und unempfindlich. Wie ein alter Rucksack.
    Das Einzige, was Lewin an der Erscheinung des Mädchens störte, war ihre Nase. Sie schien zu lang für das zierliche Gesicht, aber das war ein Fehler, der die Unbekannte auf ihn nur noch anziehender wirken ließ. Er spürte, wie seine Handflächen wärmer zu werden begannen.
    Abgesehen von den Haaren und dem Gesicht hätte das Mädchen im Übrigen sein bisher unbekannter Zwilling sein können. Genau wie Lewin trug sie ein dunkles Shirt und ausgewaschene Jeans. Die Turnschuhe, die Lewin schon im dunklen Laden so bekannt vorgekommen waren, waren dieselben, in denen auch seine Füße steckten. Ihre schienen noch älter zu sein als seine eigenen.
    Lewins Blick fiel auf Lydias Hände, in denen sie langsam ein Päckchen Zigaretten drehte. Es überraschte ihn kaum noch, dass es dieselbe Marke war, die er selbst rauchte.
    Mit einem Lächeln deutete Lydia auf einen der beiden Sessel, die gegenüber vom Sofa standen. Lewin ließ sich schwer auf das weiche Polster fallen. Er wurde müde.
    Aus dem Kassettenrecorder neben dem Sofa drang leise Musik. Lewin erkannte eine dunkle, vibrierende Stimme, die er aber keinem bestimmten Sänger zuordnen konnte. Wenn das Mädchen ihm nun noch eine ihrer Zigaretten anbieten würde, dann könnte dieser Vormittag , trotz der Schmerzen und entgegen aller Erwartungen, vielleicht doch noch ganz angenehm werden.
    Sobald Lewin diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, hörte das Mädchen auf, die Schachtel zwischen ihren Fingern zu drehen, öffnete den Deckel und streckte ihm die Packung entgegen. Lewin schluckte, beugte sich nach vorn und griff mit zitternden Fingern zu. Als er eine Zigarette aus der Schachtel zog, streifte er unabsichtlich die Finger des Mädchens und durch seine Hand wanderte ein Kribbeln. Dieses Kribbeln breitete sich über seinen gesamten Arm aus

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