Weiß wie der Tod
dir das lieber ist.«
»Irgendwie schon und irgendwie … ich weiß nicht.«
»Du traust mir nicht. Stimmt’s?«
»Jein.«
»Hör mal, ich könnte dein Vater sein.«
»Eben.«
»Was, eben? «
»Na ja, es ist schon etwas ungewöhnlich, dass sich ein Mann Mitte dreißig mit einer Sechzehnjährigen über solche Sachen unterhält. Dann wolltest du auch noch Nacktfotos. Schon etwas seltsam. Findest du nicht?«
»Ich bin sexuell völlig normal und ausgeglichen, wenn du das meinst. Außerdem waren das keine richtigen Nacktfotos. Du hattest ja noch alles an. Am Strand oder in der Sauna sehe ich mehr.«
»Was interessiert dich dann an mir?«
»Der Mensch, der hinter Sternenstaub steht.«
»Da steckt nicht viel dahinter. Du wirst enttäuscht sein.«
»Untertreib nicht. Wenn ich mir die anderen Profile anschaue, dann ragst du wie ein Komet heraus.«
»Kometen verblassen schnell.«
»Nicht alle. Einige kommen immer wieder aus den Tiefen des Alls. Sie waren nie weg, sondern sind immer da. Sie ziehen ihre Bahnen nur in anderen Galaxien. Du bist so einer. Hell leuchtend durch die Nächte des grenzenlosen Raums.«
»Ein Poet, schwärm. Du weißt, wie man Frauen bequatscht.«
»Ich bin nur ehrlich.«
»Hm … okay. Wie wär’s mit morgen?«
»Gern. Irgendwo an einem öffentlichen Ort, wenn es dich beruhigt.«
»Abgemacht. Wie erkenne ich dich?«
»Keine Sorge. Ich finde dich.«
46
Luansi Benguela döste im Sessel, auf den Ohren den Kopfhörer, aus dem noch immer das Programm von Radio Africa erklang.
»Wach auf«, sagte Alexej Naumov und schüttelte ihn an der Schulter. »Ich hab ihn.«
Benguela öffnete langsam die Augen. »Ich schlafe nicht, ich meditiere. Wen hast du?«
»Polykarp natürlich.«
»Lass sehen.« Er stand auf und ging zum Computer.
Naumov deutete auf den Monitor. Das Bild eines bärtigen Mannes mit ungekämmten Haaren war zu sehen, das nur wenig über sein Alter aussagte. Benguela verglich es mit der Aufnahme aus der Gerichtsmedizin. Über dem Bild stand der User-Name Gipfelstürmer. »Wie kommst du darauf, dass das Polykarp ist? Ich kann keine Ähnlichkeit erkennen.«
»Aber das Programm. Die Vergleichswerte stimmen bis auf einundneunzig Prozent überein. Abstand der Nasenspitze zu den Augen, Position der Augen und so weiter. Passt alles.«
»Aber da steht Gipfelstürmer. Wie heißt er denn nun richtig?«
»Keine Ahnung. Er verwendet einen Alias.«
Benguela war wenig begeistert. »Nun gut, dann wissen wir zumindest, wo wir ihn zu suchen haben. Wird der Anbieter seinen wirklichen Namen preisgeben?«
»Wahrscheinlich nicht, und wenn, dann nur nach monatelangen Streitigkeiten. Aber vielleicht gibt es einen anderen Weg.«
»Ich liebe es, wenn du das sagst.«
Naumov scrollte das Profil Polykarps am Monitor nach unten. Seine sogenannten Friends – andere Spaceweb-Mitglieder, die ihm freundschaftlich verbunden waren – tauchten auf. Sie erschienen mit Bild und Kommentar.
»Diese Leute könnten ihn aber kennen«, sagte er. »Wenn du die Kommentare liest, dann wird klar, dass ihn ein paar Leute getroffen haben müssen. Besonders die zwei.« Er rief deren Profile auf den Schirm. » Achttausender und K2 nennen sie sich.«
»Auch wieder nur Aliase.«
»Ja, aber sie leben noch und haben eine E-Mail-Adresse angegeben. Das heißt, wir können sie anschreiben und sie bitten, sich mit uns in Verbindung zu setzen.«
»Sehr gut.«
»Das ist aber noch nicht alles.«
»Ich bin gespannt.«
»Du fragst dich sicherlich, wie ich Polykarp gefunden habe.«
»Eigentlich nicht. Hauptsache, du hast ihn aus diesem Sammelsurium herausgefischt, sofern er es wirklich ist.«
»Ich war ziemlich genervt, als die ersten Vergleiche nichts gebracht haben. Daher habe ich mich mit unserem zweiten Mann, Jochen Landau, beschäftigt.«
»Stimmt, den hatte ich völlig vergessen. Hat er auch ein Profil?«
»Genau, und er war nicht schwer zu finden. Sein bestes Sonntagsfoto hat er reingestellt. Und jetzt rate mal, wer zu seinen Friends gehört?«
»Polykarp.«
»Exakt. Er hatte sich in Landaus Profil mit einem anderen Foto verewigt. Ich bin dem nachgegangen und habe in dessen Profil weitere nichtöffentliche Fotos gefunden, die den Vergleich erst ermöglichten.«
»Wie bist du an sie rangekommen?«
»Ich musste mich als Mitglied anmelden, dann hatte ich Zugriff.«
»Das heißt, Landau und Polykarp kannten sich.«
»Ja, und sie haben sich sogar als Freunde bezeichnet. Wenn das kein Zufall ist.«
»Hatten sie
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